»Äh, ich kann auch Nacktschnecken von der Haustür abwimmeln und Vertreter vom Salat fernhalten!«
Der Alte schaute noch ein letztes Mal über den Gartenzaun. Vielleicht war die Anschaffung eines Beleidigungs-Homunkulus doch keine sooo üble Idee gewesen …
7Die Rasse der Giftzwerge entstand aus der unheiligen Verbindung der Schlangengöttin Zaphira mit dem Gnom Geyli Suffbold.
8Kampfdackel waren etwas größer und robuster als gewöhnliche Rauhaardackel. Sie hielten sich ihren Artgenossen gegenüber für überlegen, da sie ihren Besitzern als Reittier dienen konnten und ihnen im Krieg gegen alle Nicht-Giftzwerge treu zur Seite standen, während die meisten anderen Dackel nur ihre Zeit verschwendeten, indem sie freudig im Gras herumtollten, sich gegenseitig am Hinterteil beschnupperten und viel Spaß hatten. Aber umgekehrt hielten sich die Dackel gegenüber den Kampfdackeln ebenfalls für überlegen – und zwar aus genau denselben Gründen. (Der Tierforscher Douglas Adams würde vermutlich anmerken, dass sich Kampfdackel zu Dackel verhalten wie Menschen zu Delphinen …)
9Der Müllhaufen bestand aus einem abgewetzten Kampfdackelzaumzeug, leeren Hundefutterdosen, mehreren leeren Fläschchen des bei Giftzwergen beliebten Schuppenpflegemittels »Head & Shoulders & Body«, einem alten Giftzahnschärfer sowie mehreren abgelaufenen Gutscheinen von KFC.
10Es war ein alter Kaugummi, aber das wussten weder Heidi noch der Beleidigungs-Homunkulus.
»Bist 900 Jahre, wirst aussehen du nicht gut.«
Lady Galadriel
Nachdem die Kinder noch ein Pergament mit letzten Pflegehinweisen und eine Garantiekarte an Frau Käseviel übergeben hatten, erhielten sie als Entlohnung einen Goldbeutel und jeder von ihnen bekam ein gekochtes Ei als Wegzehrung. Es war bereits spät am Nachmittag und Heidi wusste nicht, ob sie es bis zur Abenddämmerung zum Großvater schaffen würde. Frau Käseviel schlug vor, dass die beiden Kinder bei Hogros Großmutter übernachten könnten, wenn sie sich beeilten, dann würden sie ihre (etwas näher gelegene) Hexenhütte gerade noch rechtzeitig erreichen. Außerdem sei dieser Bereich des Waldes wesentlich sicherer, da sich Hogros Großmütterchen bereits vor Jahren um die Unholde in ihrer Waldhälfte gekümmert hatte.
»Hoppele hurtig zur Großmutter, Hogro!«, forderte Frau Käseviel den freundlichen Halbling auf.
Um seiner Zustimmung Ausdruck zu verleihen, sagte Hogro: »Hogro.«
Die beiden Kinder gingen also zügig den Waldweg zurück und benutzten dabei die Abzweigung, die zu Hogros Großmutter führte. Heidi war sehr gespannt auf ihre erste Begegnung mit der Kräuterhexe. Während ihr Großvater von den Dorfbewohnern sowohl respektiert als auch gefürchtet wurde, war die alte Blogunde eine Person, mit der man nach Möglichkeit keinen näheren Kontakt haben wollte. Manche behaupteten, sie sei die Geliebte des Dämonengottes Mbhkpdbs 11. Andere vermuteten, dass sie nur eine gute Freundin von ihm sei. Vielleicht war sie auch seine Schwester in Hobbitgestalt. Dann gab es noch diejenigen, die vermuteten, dass sie der Dämonengott Mbhkpdbs persönlich sei! Es gab aber auch Leute, die sie für eine alte Halblingsfrau hielten, die sich nur nach Aufmerksamkeit sehnte und keinerlei magische Fähigkeiten besaß 12. Bei den Hobbits in der Gegend war sie sehr geachtet, aber die Menschen achteten sie nur aus einem Grund: Wenn es darum ging, ungeliebten Personen mit Magie zu schaden, dann war sie die erste Wahl. (Ihre Preise waren etwas besser als die von Weeno dem Mächtigen, aber dafür verlangte sie nach jedem vollzogenen Schadzauber ein Stück von der Seele ihres jeweiligen Kunden.)
Die Kinder liefen und liefen und Heidi wunderte sich über die Stille in diesem Teil des Waldes. Kein einziger Vogel zwitscherte, kein Insekt zirpte, kein Waldtier, nicht einmal ein Eichhörnchen war zu sehen! Schließlich erreichten sie die Hütte der Großmutter.
Dabei handelte es sich um ein kleines, halb verfallenes Holzhaus innerhalb einer mittelgroßen Waldlichtung, man könnte meinen, dass die Hütte aus einem Loch aus dem Boden entsprungen sei. Hogro klopfte – so wie er es gewohnt war – an der runden Vordertür.
Nun hörte man eine kräftige Stimme: »Bist du das, Hogro?« – »Hogro!«
Hogro trat ein und ging direkt in die Wohnstube, Heidi folgte ihm und schaute sich um. An den Wänden hingen Gemälde von – so wie Heidi annahm – den Verwandten und Vorfahren der alten Hobbitin. Die Holzmöbel und das ganze Ambiente machten einen sehr angenehmen Eindruck. Es roch weder nach Moder, noch war es feucht oder schimmlig. Ja, dies war ein Hobbithexenhaus, und das heißt, es war sehr komfortabel.
In einer Ecke sah sie die Großmutter von Hogro in ihrem Rollstuhl, die mit ihrem Messer auf einem Stück Holz herumschnitzte.
Heidi kam auf die alte Frau zu und begrüßte sie freundlich mit den Worten: »Guten Tag, Großmutter, jetzt komme ich zu dir; hast du gedacht, es wäre lang, bis ich komme?«
Langsam schaute die Großmutter zu der Kleinen herüber und reichte ihr ihre faltige Hand, die nur geringfügig größer als die des Mädchens war. Heidi nahm nach der Begrüßung unaufgefordert auf einem nahegelegenen Hocker Platz. Hogro stand vor einer Vitrine und beobachtete sein Spiegelbild in dem Glas.
»Bist du das Kind vom W-W-Winf-Wan-Weeno, dem Mächtigen, bist du die Heidi?«, entgegnete die Alte und befestigte ein Stück Stoff an einer Holzfigur.
»Ja, ja«, bestätigte die Kleine, »jetzt gerade bin ich mit dem Hogro hierhergekommen.« – »Hogro!«
»Weiß Weeno, wo du bist, Kind?«, frug die Alte und bedeckte sicherheitshalber eine der Holzfiguren auf dem Tisch mit einem Tuch.
»Ja, er hat gesagt, dass er mich mit einem Ordnungs -Fluch belegt hat, damit ich mich nicht im Wald verlaufen tue«, antwortete Heidi.
»Ah, du meinst wohl › Ortungs -Fluch‹. Ja, das ist eine feine Sache.«
Nun bemerkte Heidi viele weitere kleine Holzfiguren auf dem Tisch der Großmutter. Sie alle waren kunstvoll bemalt, etwa so groß wie eine Handfläche, die meisten trugen sogar Puppenkleidung. Ein paar von ihnen sahen aus wie Leute, die sie aus dem Dorf kannte.
»Wer hätte freilich glauben können, dass so etwas möglich sei? Kind, ich dachte, du würdest keine drei Wochen bei dem Alten leben«, sprach sie, während sie einer kleinen Holzfigur, die man für einen extrem geschrumpften Herrn Käseviel halten könnte, sehr langsam eine Nadel in den rechten Fuß stach. Ihre kalten Augen fixierten das kleine Objekt in ihrer Hand, sie versenkte die Nadel tief in den winzigen Holzkörper, legte die Figur beiseite und wandte sich wieder dem Mädchen zu.
Sie musterte Heidi von oben bis unten.
»Du bist so fein gegliedert, wie deine Mutter, die gute Adelholde«, sprach die Großmutter; gleichzeitig band sie zwei ihrer kleinen Holzfiguren mit einem rosafarbenen Wollfaden aneinander. Dann klebte sie eine angefeuchtete Rosenblüte an den Oberkörper der weiblichen Figur und band beide Figuren fester zusammen. Eine Figur erinnerte Heidi an Myrcella Cannavale, der über alle Maßen arroganten Dorfschönheit. Die andere sah wie Hogro aus.
»… aber du hast die schwarzen Augen und das krause Haar wie dein Vater.«
Heidi konnte nicht antworten, lächelte aber freundlich, als sie das hörte. Diese faszinierenden Figuren zogen sie in ihren Bann (zum Glück taten sie es nur metaphorisch) und sie musste sie anstarren. Hogro starrte gebannt einen Holzlöffel an.
Die Großmutter hielt eine kleine Figur, die wie ein Dörfler aussah, über dessen Kopf aber ein winziger Kopfkissenbezug mit winzigen Augenlöchern gezogen worden war, über eine durchschnittlich große Kerzenflamme. Leider konnte Heidi noch nicht lesen, andernfalls wüsste sie, dass der Slogan »ERMORDET ALLE NICHTMENSCHEN!!!!!« auf einer kleinen Fahne stand, welche die Figur in seiner kleinen Hand hielt. Die Großmutter hielt sie so lange über der Kerze, bis sie gänzlich mit Ruß bedeckt war, schaute zu Heidi herüber und bemerkte: »Du scheinst ein freundliches Mädchen mit einem guten Herzen zu sein. Erzähl der Großmutter doch mal, was du heute mit dem Hogro so alles erlebt hast?«
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