„Ich will dich nicht töten, Faith und auch nicht verletzen. Geh mit mir und du hast deinen Frieden gefunden.“
Sie blickte in sein Gesicht. Die Kapuze verhüllte fast alles. Sie blickte in graue blutunterlaufene Augen und er schien viele Narben im Gesicht und am Kopf zu haben. Wer so aussah, konnte nichts Gutes im Sinn haben, dachte sie. Faith nahm ihre letzte Kraft zusammen und rammte ihm das Schwert in die Brust. Erschrocken und von Schmerz gepeinigt stolperte er von ihr herunter und versuchte sich das Schwert aus dem Leib zu ziehen. Faith ging zu Chris und half ihm auf die Beine. Shirley und Marcel gesellten sich dazu. Die Gefahr schien gebannt, denn ihr Angreifer war damit beschäftigt sich von seinem Schwert zu befreien. Chris nahm sein Schwert auf und steckte es ein. Marcel hatte als Erstes seine Sprache wieder gefunden.
„Wer war das?“
Erschöpft und müde vom Kampf antwortete Chris: „Das war Hunter.“
„Und sollen wir ihm nicht nachsetzen und ihn töten?“
„Nein“, entgegnete Chris. „Das wäre zu gefährlich. Wir sind zu sehr geschwächt. Ich bringe Euch zu meinem Anwesen, dort seid ihr in Sicherheit und dann können wir neue Kräfte tanken.“
Shirley stützte die vom Kampf geschwächte Faith. „Das war unglaublich. Du warst so schnell und kräftig, Faith. Du trainierst doch nicht etwa heimlich?“
„Ich … Ich weiß nicht.“ Der nachlassende Adrenalinpegel ließ sie wieder klar denken. Ihr wurde bewusst, dass sie ihre Eltern nie wieder sehen würde. „Meine Eltern waren unschuldig“, stammelte sie unter Tränen. „Warum mussten sie sterben?“
Darauf hatte Chris keine Antwort. „Ich weiß es nicht Faith. Ich werde alles Notwendige für die Beerdigung deiner Eltern veranlassen. Wenn du möchtest, kannst du bei mir bleiben, solange du willst.“
„Sehr gerne, Chris. Ich danke Ihnen. Sie haben so viel für mich getan. Ich wünschte … Ich wünschte, ich hätte meine Eltern retten können. Ich …“
Faith verließen die Kräfte. Ihr wurde schwarz vor Augen und sie brach zusammen. Chris und Shirley fingen ihren Sturz ab und trugen sie in den Jeep, wo sie die ohnmächtige Faith auf die Rückbank legten. Chris startete den Motor und fuhr die Freunde zu seinem Anwesen, am Rand der Stadt.
Mittlerweile war es Hunter gelungen das Schwert aus seinem Leib zu ziehen. Er stöhnte von Schmerz gepeinigt, doch hatte es ihn kaum geschwächt. Sein Ziel lag im Elternhaus von Faith. Dort sammelte er seine zwei Gehilfinnen ein und gemeinsam begaben sie sich in ihr Versteck in den Katakomben unter der Stadt. Sie waren verärgert und sauer über ihre Niederlage und darüber, dass sie Faith nicht bekommen hatten.
„Dieser blöde Chris hat alles verdorben“, fluchte die Blonde. „Wir hatten sie schon fast. Ein Glück haben die Wurfsterne und Pfeile mich nur an der Kleidung getroffen. Sonst wäre ich jetzt mit Silber durchflutet gewesen und tot.“
Hunter war selbst verärgert und Vorwürfe seiner Mitstreiter gingen ihm auf die Nerven. „Sei still, Vulpina. Es war doch eure eigene Schuld. Ihr hättet einfach nur Faith‘ Freunde ausschalten müssen. Nein, stattdessen probierst du mit Manuela das Schlafzimmer der Millers aus.“
„Ist doch gut, Hunter“, warf Manuela ein. „Du hast es aber auch nicht fertiggebracht das Balg und Chris auszuschalten.“
„Chris zu besiegen, wäre kein Problem gewesen. Nur die kleine Faith hat ihre Kräfte entdeckt und das macht sie verdammt gefährlich. Es ist für uns nicht leichter geworden, sie von unserer Sache zu überzeugen.“
Ein lautes Telefonklingeln unterbrach die Stille.
„Es klingelt“, brummte Vulpina genervt.
Hunter antwortete ebenso genervt: „Ich habe es gehört.“ Er schlurfte zum Schrank, auf dem das Telefon stand und nahm den Hörer ab.
„Ja!“
Der Anrufer schien sehr wütend und vom Ausgang des Auftrags enttäuscht zu sein. Hunter versuchte ihn zu beruhigen.
„Selbstverständlich habe ich das Ziel unserer Sache nicht vergessen. Ich versichere Ihnen, dass wir alles in unserer Machtstehende tun werden, um Faith auf unsere Seite zu ziehen.“
Wieder ein paar Worte des Anrufers.
„Wir werden ein wenig Geduld haben müssen, aber ich werde unseren Teil der Abmachung erfüllen.“
Das Gespräch endete.
„War das unser Auftraggeber?“, fragte Manuela mit gespielter Freundlichkeit.
„Oh ja. Und er ist sehr wütend auf Chris.“ Hunter lachte lauthals auf.
Am nächsten Morgen in einem Anwesen am Rand der Stadt. Im Schlafzimmer im Dachgeschoss des Hauses. Nach einer langen traumlosen Nacht, wachte Faith auf. Marcel und Shirley saßen an ihrem Bett und freuten sich über das Erwachen ihrer Freundin.
„Guten Morgen, du Langschläferin.“, begrüßte sie Shirley.
Faith rieb sich müde die Augen. „Guten Morgen. Wie spät ist es?“
„11 Uhr.“
Faith schüttelte den Kopf. „Hab ich so lange geschlafen. Fast 12 Stunden. Das ist heftig.“ Sie blickte sich um. „Ist das das Haus von Mr. Bane?“
Marcel nickte. „Jepp. Das ist es. Wie geht es dir, Faith? Du weißt, wenn du mit jemanden reden möchtest, wir helfen dir und sind für dich da.“
„Genau“, warf Shirley ein.
Faith richtete sich auf und Shirley nahm ihre Freundin in den Arm. Es tat Faith gut, dass ihre Freunde sie in dieser schweren Zeit nicht alleine ließen.
An der Zimmertür klopfte es.
„Ja, bitte. Herein“, sagte Faith.
Chris betrat das Zimmer. „Wie geht es dir? Alles in Ordnung mit dir? Ich meine, es ist klar, dass nicht alles in Ordnung ist, aber …“
„Es ist schon gut, Chris. Mir geht es ganz gut. Ich bin nur müde und einfach unendlich traurig, dass meine Eltern nicht mehr leben.“ Sie schluchzte und Shirley reichte ihr ein Papiertaschentuch.
Chris blickte die Freunde von Faith an. „Lasst ihr mich einen Moment alleine mit Faith reden? Es ist sehr wichtig.“
„Na klar“, sagte Marcel. „Bis dann, Faith.“
„Wir sehen uns“, verabschiedete sich Shirley.
Chris wartete bis die Beiden das Zimmer verlassen hatten.
„Ich nehme an, du hast eine Menge Fragen, Faith. Ich werde sie dir alle so gut wie möglich beantworten.“
„Eigentlich nur eine, Mr. Bane. Warum sind dieser Hunter und sein Gefolge so wild darauf, mich zu verfolgen?“
Chris blickte sie ernst an. „Das ist schwierig. Ich muss dazu sehr weit zurück in deine Vergangenheit gehen, Faith. Bist du bereit darüber zu erfahren?“
Faith nickte und Chris erzählte ihr, die Geschichte ihres Lebens. Er erzählte ihr, dass ihre eigentlichen Eltern Andrew und Mona van Helsing hießen. Andrew war ein direkter Nachfahre des niederländischen Okkultisten Dr. Abraham van Helsing. Sie und ihr Ehemann bekämpften das Böse auf dieser Welt, zum Beispiel solche Gestalten, wie Hunter. Bei einer dieser Aktionen kam Andrew ums Leben und Chris kümmerte sich um die schwangere Witwe. Es kam wie es kommen musste, die beiden verliebten sich und heirateten kurze Zeit später. Ein paar Wochen später kam Faith auf die Welt. Dann kam der schwarze Freitag 1987, wo Hunter mit seinen Schergen, die komplette Sippschaft der van Helsings auslöschte. Als Chris seine tote Frau fand, gab er Faith zur Adoption in die USA frei. Er hoffte, dass wenn er sie nicht finden konnte, würde Hunter sie auch nicht ausmachen können. Vor einem halben Jahr machte sich Chris dann doch auf die Suche und obwohl er nur den Vornamen Faith‘ kannte, fand er sie und hatte seitdem ein Auge auf seine Tochter. Doch auch Hunter hatte auf geheimnisvolle Weise Wind von dem Verbleib der letzten Nachfahrin Abraham van Helsing bekommen und so kam es zu dem brutalen Mord an den Millers. Als Chris geendet hatte, blickte er Faith an.
„Alles in Ordnung?“
„Ich danke dir Vater.“
Sie umarmte ihn. „Ich verspreche dir, auch wenn du nicht mein leiblicher Vater bist, dass ich als Letzte der van Helsings mein Erbe antrete und das Böse bis zum Letzten bekämpfen werde.“
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