1 ...7 8 9 11 12 13 ...22 Da es auf Haiti nicht immer gigantisch viel Platz gibt, was natürlich auch für die Voodootempel in Afrika gilt, ich mich hier aber speziell auf Haiti fokussieren will, gibt es manchmal noch einen speziellen Schrein, einen eigenständigen Tempel, der für den Schutzpatron der jeweiligen Gemeinschaft, also für einen speziellen Loa/Iwa, eingerichtet ist. Hier können natürlich auch andere Vodun / Loas / Iwas verehrt werden, da sie auf der einen Seite eine klassische Familie sind, auf der anderen Seite sich aber auch manchmal streiten, dann aber auch wieder sehr gerne zusammenarbeiten. So ist hier im speziellen die Vodun / Loa / Iwa Erzulie / Ezili zu nennen, die eben nicht nur für Schutz, sondern auch für Liebe und Glückseligkeit steht. Wenn dann die eigene magische Arbeit, genauso wie die Arbeit für die Gemeinschaft, den gesamten Alltag einnimmt, ist es logisch, dass auch hier Wohnräume sich anschließen, wo die jeweiligen Leitungen, egal ob es jetzt eine Mambo, ein Houngan/Oungan, oder eben ein Bokor/Bocor/Bòkò/Azeto, bzw. eine Caplata ist, lebt und wohnt.
Wenn die Möglichkeit besteht, eine energetische und gleichzeitig materielle Abgrenzung zu erschaffen, die sich auf den magischen Raum, auf dem Voodootempel bezieht, dann wird meistens so gebaut, dass ein „heiliger Baum“, ein „Baum-Ruhealtar“ (ein Arbres-Reposoirs) existiert, der hier eben den Eingang bzw. die Grenze bzw. den Ausgang definiert. Da es manchmal aber auch wichtig ist, dass Initianten die Möglichkeit haben sich zurückzuziehen, existieren in manchen Voodootempeln hier sogenannte „ Djévo“. Doch alles ist hier immer auf engsten Raum, da man eben keine opulenten Tempelanlagen erwarten darf. So sind auch die rituellen Gegenstände hier vorhanden, und diese können auch wieder sehr mannigfach sein, egal ob es sich um eine Trommel, also um eine Tamboulas, eine Rassel, also um eine Ason/Asson, oder um andere rituelle Gegenstände handelt, die zum Teil auch wieder auf die verschiedenen Vodun / Loas / Iwas gemünzt sind. So können Fruchtbarkeitssymbole, aber auch ein Gehstock / Spazierstock, für Papa Legba existieren, Schlangen, Schlangenhäute für Damballa / Damballah / Dambala / Dambalah, ein schwarzes Kreuz für Baron Samedi, aber auch eine Eisenstange, genauso wie ein Kohlebecken für Heviossô / Hebiosso / Kheviossô / Xêvioso / Xêbioso / Shango / Changó / Xangô / Sango. Da aber auch das Element Wasser eine wichtige Rolle spielt, können hier auch entsprechende Behälter existieren, die dann wieder für Agwé / Goue / Agoueh / Agive / Agbe / Agwe / Hustehen. Eine Dekoration von verschiedenen Steinen, aber auch Tierschädeln, Schlangenhäuten, Fellen oder anderen Tierhäuten ist hier natürlich auch absolut denkbar, genauso wie Federn oder vollkommen hergerichtete, ausgestopfte Tiere, die eben als Opferung eine Verwendung fanden.
Doch der Hauptraum, der Hauptplatz, der eigentliche Hounfour, der auch ein Hinterhof, eine Einfahrt oder ein Garten sein kann, ist hier natürlich auch der Brennpunkt der Gemeinde, sodass man sich hier zu den verschiedenen Ritualen und Arbeitstreffen trifft, wobei manchmal hier auch die Bezeichnung der „Kinder des Hauses“ gewählt wird, die als Pititt-Cayebezeichnet werden, um zu zeigen, dass hier eine spezielle Verehrung der eigenen Ahnen, der eigenen verstorbenen Verwandten, der Geister vollzogen wird, wobei sich die Anhänger, die Kinder, unter der Aufsicht, unter der Obhut, aber auch unter der Autorität des Houngan/Oungan bzw. der Mambo befinden. Doch auch die Bezeichnung „ Hounsi / Ounsi“ ist zu nennen, eine Bezeichnung, die auf die klassischen Mitglieder fällt, die sich verpflichtet haben, den Vodun / Loas / Iwas zu dienen, also aktiv in der Voodoogemeinschaft zu sein. Da Voodoo auf Haiti anders gesehen wird, als manche magische Gemeinschaften in Deutschland, wo man für ein paar Monate Mitglied ist, da es cool und toll ist, dann auf einmal erkennt, dass man hier wirklich Arbeit investieren muss, und zwar Arbeit in Bezug auf Selbstevolution, Selbsterkenntnis und Selbstanalyse, dann auch sofort die Flucht nach vorne antritt, und die Gemeinschaft wieder verlässt, kann man hier sagen, dass die Hounsi / Ounsi wirklich eine lebenslange Mitgliedschaft besitzen und diese auch definitiv anstreben und verfolgen. Es sind eben die rituellen Helfer der Mambo bzw. des Houngan/Oungan. Dass in den jeweiligen Ritualen und Zeremonien viel geleistet werden muss, sollte klar sein, genauso, dass viel vorbereitet werden muss, sodass die Hounsi / Ounsi hier wirklich wichtig sind. Es geht darum, dass die Tieropfer vorbereitet werden, es geht darum, dass der Hounfour vorbereitet wird, und dass die Gemeinschaft empfangen werden kann. Doch natürlich können die Hounsi / Ounsi auch magische Arbeiten ausführen, da sie auf der einen Seite wie Gesellen zu sehen sind, während die Mambo bzw. der Houngan/Oungan als Meister deklariert ist. Doch man muss für verschiedene magische Arbeiten nicht immer einen Meister verwenden, denn manchmal sind die Gesellen genauso gut wie die Meister.
Wenn es um die verschiedenen Rhythmen geht, um die Gesänge, dann ist auch hier wieder eine spezifische Bezeichnung zu wählen, und zwar der „ Hungenikon“. Dies ist letztlich auch wieder ein Hounsi / Ounsi, der aber speziell für den Gesang verantwortlich ist, und hier auch die Leitung besitzt. Da es in den Ritualen sehr stark auf Rhythmen, Schwingungen, Klänge und Gesang ankommt, ist der Hungenikon eine wichtige und zentrale Person. Wenn der Gesang nicht stimmt, wenn der Rhythmus nicht stimmt, kann das gesamte Ritual schief gehen, da eben die Gruppen Energie sich nicht aufbaut.
Man kann es sich so vorstellen, dass man ein Konzert besucht, und der Sänger einfach nicht singen kann, dass Orchester einfach nicht spielen kann, man sich dann aber unbedingt einen schönen Abend machen will, was dann nicht funktionieren wird. Eine weitere Unterstützung finden die Hounsi / Ounsi beim „Quartiermeister“ des Tempels, dem „ Hungenikon-la-Place“, den man auch als „Generalkommandant des Ortes/Platzes“ betiteln kann, und der eben für die Versorgung verantwortlich ist, sodass die Teilnehmer der Veranstaltung auch entsprechend bewirtet werden, gegebenenfalls Unterkünfte besitzen, sodass das gesamte Drumherum des Rituals glatt läuft. Auch dies ist absolut essenziell, obwohl man hier den Titel „Hausmeister“ auch verwenden kann, der dann aber in Deutschland wieder viele Assoziationen mit sich bringt, sodass der Begriff Quartiermeister doch etwas besser ist. Der Quartiermeister ist für die Überwachung der Opferung zuständig, da diese letztlich auch vorbereitet und organisiert werden müssen, was wiederum bedeutet, dass der Quartiermeister eben auch zu den Hounsi / Ounsi zählt. Da magische Gemeinschaften manchmal sehr komplex sind, und hier auch Aufgaben eines Sekretärs zuweilen vonnöten sind, sodass auch hier eben Organisationen betrieben werden, wann was vollzogen wird, wer wann welche Initiationen erhält, ist hier auch „der Vertraute“, der „ Le Confiance“, der natürlich auch wieder ein Hounsi / Ounsi ist, separat zu nennen. Es geht hier wirklich um Verwaltungsfunktionen, die man eben in einem klassischen Sekretariat umsetzen kann. Natürlich darf man sich ein Voodoosekretariat nicht so vorstellen, wie zum Beispiel bei den Freimaurern. Es ist doch etwas anders. Anders sind auch wieder weitere Bezeichnung, Bezeichnungen, die sich eben auf das afrikanische Voodoo beziehen, denn die bis jetzt aufgeführten Begriffe wie Pititt-Caye, Hounsi / Ounsi, Hungenikon, Hungenikon-la-Place und Le Confiance beziehen sich primär auf das haitianische Voodoo. Gut, der Begriff Hounsi / Ounsi ist in beiden Voodookreisen vorhanden und auch identisch, wobei im afrikanischen Voodoo manchmal auch mit dem Begriff Hounsi / Ounsi primär die Tänzer benannt sind, die in diesem Fall auch weiße Kleidung tragen. Ja, einverstanden, Unterschiede wird es immer geben, Unterschiede in den Arbeiten, die in den Voodootempel ausgeführt und organisiert werden, und Unterschiede in den besonderen Stellungen und Titeln / Bezeichnungen der Tänzer und Sänger. Doch auch die Leitung der Dramaturgie, der Musikstücke, des ganzen dramaturgischen Schauspiels, obliegt einem besonderen Amt inne. Man kann sagen, dass hier eine Dirigentenfunktion ausgeführt wird, wodurch dann natürlich auch der Ablauf entsprechend organisiert wird. Dies ist sinnig, dies ist passend, dies ist typisch für ein rituelles Arbeiten.
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