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Ferien mit Greta, Jupp und den Geistern
Verena Prym
mit Illustrationen von Yannick Weinert
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Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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© 2020 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR
Mühlstraße 10, 88085 Langenargen
Telefon: 08382/9090344
Alle Rechte vorbehalten. Taschenbuchausgabe erschienen 2018.
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.
Cover und Illustrationen: Yannick Weinert
Lektorat: Redaktions- und Literaturbüro MTM
ISBN: 978-3-86196-780-4 - Taschenbuch
ISBN: 978-3-96074-188-6 - E-Book
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Feriensorgen
Postkarte
Das Rätsel von Paris
Spielaufstellung
Nachrichten
Spione
Ferienbeginn
Geisterpacken
Sicherheitskontrolle
Paris
Grand Hotel
Der blaue Salon
Stummhirns Wohnung
Eiffelturm
Alte Freunde
Die Suche
Regoro
Der dunkle Gang
Der Pattapalast
Der Eiffelturm
Bei den Großeltern
Rückflug
Erster Schultag
Die Geistermacher
Buchtipp
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Greta ist mittlerweile neun Jahre alt. Sie hat eine Mama, einen Papa, eine kleine Schwester namens Annie und ein eigenes Zimmer oben unter dem Dach.
Der Hof, auf dem sie mit ihrer Familie lebt, liegt am Rande eines hübschen Dorfes und ist über hundert Jahre alt. Schon ihr Großvater ist hier aufgewachsen. Er ist gesäumt von einem großen Garten, der zu den Feldern hin mit hohen Kastanienbäumen abschließt. Seitlich ans Haus angrenzend liegt der Stall, wo die Kuh Mulle und die beiden Katzen Peter und Pan leben und Papas Trecker samt Anhänger für die Kirschenernte steht.
Alles wäre in bester Ordnung - stünden nicht die Sommerferien kurz bevor ...
Bis vor einigen Wochen noch hatte Greta die Ferien kaum abwarten können. Ihr Urlaubsplan hängt neben Mamas Einkaufsliste an der Küchentafel.
- letzter Schultag: Oma Henriette und Opa Franz holen mich ab
- Papa fährt uns zum Bahnhof
- 13:07 Uhr ICE zur Nordsee
- 17 Uhr Fähre zur Insel Juist
- Koffer auf die Kutsche (hoffentlich ist Pony Kalle noch da!)
- zum Hotel Zur glücklichen Möwe
- hoffentlich wieder Zimmer Nr. 43 (da kann man vom Balkon aus sehen, ob gerade Ebbe oder Flut ist)
- Muscheln sammeln
- Wellenhüpfen
- Eis essen
Es ist ein guter Plan. Und doch möchte Greta ihn gerade am liebsten zerreißen. Sie schmeißt ihren Schulranzen in die Küchenecke.
Mama fragt, ob sie Hunger hat. Greta sagt „Nein“ und schleicht die Treppen hinauf in ihr Zimmer. Sie öffnet das Fenster und lässt sich seufzend aufs Bett fallen.
Lassen sich Sommerferien eigentlich verhindern? Wegzaubern oder überspringen? Sie verschränkt die Arme hinter ihrem Kopf und blickt nach oben zum Dachgiebel. Was werden die Geister machen, wenn sie wegfährt? Werden sie noch da sein, wenn sie zurückkommt?
Tagsüber schlafen die Geister. Doch nachts kommen sie heraus und machen Schabernack, fürchterlichen lauten Schabernack. Sie trommeln auf die Dachziegel und singen Geisterlieder. Sie raufen und rutschen johlend die Dachrinnen herunter – direkt an ihrem Bett vorbei.
Was hatte sie für Angst gehabt, als sie die Geister vor einigen Monaten zu ersten Mal gehört hatte! Die Geister lärmten entsetzlich!
Aber ihre Eltern wollten ihr nicht glauben und auch die Klassenkameraden und die Lehrerin Frau Gruber meinten, sie erzähle Lügengeschichten.
Jupp aber glaubte ihr sofort. Er war neu in der Klasse und sehr lustig. Nur wenn es um den blauen Eimer ging, den er immer bei sich trug, verstand er keinen Spaß. Da tat er sehr geheimnisvoll und ließ niemanden hineinsehen.
Aber passierte es doch: Sie waren allein auf dem Gang in der Schule und Jupp verriet ihr das Geheimnis. Im Eimer schlief ein Babygeist! Ein echter Babygeist! Er schlief in einem Nest aus Heu und sah so süß und friedlich aus. Jupp hatte ihn wimmernd in der Hecke neben der Bäckerei gefunden und mitgenommen. Ein frecher Rabe hatte schon gelauert.
So begann die abenteuerliche Zeit, in der sie und die Geister beste Freunde wurden. Sie suchten und fanden die Familie des Babygeistes: Es waren ausgerechnet Gretas Dachgeister, zu denen der kleine Lollo gehörte!
Ihr nächtliches Gejohle klingt für Greta inzwischen wie eine Gutenachtgeschichte. Und das Tollste ist: Jeden Nachmittag kommen die Geister sie besuchen.
So auch heute. Greta hört schon ihre Stimmen und blickt zum Fenster. Die Sonne versinkt gerade tiefrot hinter den fernen Hügeln. Das leise Säuseln der Geister wird lauter. Ein Lächeln huscht über Gretas Gesicht und sie setzt sich auf. Dann schweben sie auch schon über den Fenstersims: neun schneeweiße Gestalten von klein bis groß.
Greta begrüßt alle beim Namen: Den Geisterchef Patta Gorpa, Onkel Kuttru, der seinen kleinen Sohn Lollo fest an der Hand hält, dann ihren besten Geisterfreund Urrrmph, gefolgt von Schrabbo, Piupiu, Mimi, Josse und natürlich Schlaubi, der Polizistengeist, der immer alles besser weiß. Sie umschweben Greta und streichen über ihr Gesicht, ihre Arme und das braune Haar. Sie zeigen auf ihr T-Shirt und wollen auch so eins haben. Dann sinken sie aufs Bett und sehen sie aus runden dunklen Augen an.
„Wie war es in der Schule?“, fragen sie.
„Langweilig“, grummelt Greta.
Urrrmph berührt ihre Hand. „Aber bald sind doch schon ... na, wie heißt das noch einmal? Diese komische lange Pause …“
„Ferien“, seufzt Greta und steht auf. Sie geht rüber zur Kommode, zieht die oberste Schublade auf und holt die Schatulle hervor. Es ist eine hübsche Holzschatulle, die Opa ihr geschenkt hat. Sie ist mit dunkelblauem Samt ausgekleidet und mit geschnitzten Mustern verziert.
Dann geht sie zum Bett zurück und klappt den Deckel auf. Die Geister werden unruhig. Sie können es wieder mal kaum abwarten.
Greta greift in die Schatulle und legt jedem einen Brocken Kandiszucker auf die Zunge.
„Litschko“, murmeln sie. Litschko ist Geisti und bedeutet danke.
Greta kann nur ein paar Worte Geisti sprechen. Geister hingegen sprechen perfekt Menschi.
„Botto“, erwidert sie lächelnd. Botto heißt bitte. Das hat sie schnell gelernt.
Schmatzgeräusche erfüllen das Zimmer.
„Und, schmeckt der Kandiszucker?“, fragt Greta. „Es ist eine neue Sorte.“
„Seeehrrr gut“, versichern die Geister.
Greta nickt, doch beruhigt ist sie nicht. Sie atmet ein. Nun würde sie den Geistern von der Reise erzählen müssen. In drei Tagen ging es schließlich los. Und ihre Sorgen um diese Ferien wurden immer größer. Was, wenn die Geister enttäuscht reagieren und dann wegfliegen würden? Auf ein neues Dach … unter dem ein Kind lebt, das niemals wegfährt ...
Die Sache ist nämlich die: Geister gehen nicht zur Schule. Sie haben keine Ferien. Alles, was sie verstehen möchten, bringen sie sich selbst bei. Das Leben ist ihre Schule und es ist eine gute Schule. Sie beherrschen tolle Sachen und sprechen viele Sprachen.
Aber Ferien? Die gibt es für sie nicht.
„Wo soll ich nur anfangen?“, seufzt Greta und sinkt neben Urrrmph aufs Bett.
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