Und sie taten es tatsächlich: Sie fuhren mit der ganzen Familie, sowie den Freunden nach England und speisten im Ritz. Blieben dort sogar noch für ein langes Wochenende. Was lag da ferner, als sich alte Schlösser, auch in Schottland, anzusehen?
Und ohne, dass sie es eigentlich vorhatten, fanden die Van de Ströhms ein altes Schloss, in das sie sich von Anfang an verliebten... Wie der Zufall es wollte, stand das Schloss zum Verkauf und die Van de Ströhms entschieden kurzerhand nach Schottland, in dem das wunderschöne alte Schloss lag, umzuziehen. Sehr zum Leidwesen der Freunde aus Deutschland, die dort zurückblieben.
So kam es, dass sich Tobias auf den Weg zum Keller machte, während seine Familie am Einziehen war. Da er nicht allzu viel helfen konnte, und auch nicht wollte, zog er es vor, das große Schloss ein bisschen näher anzusehen. Sein Zimmer, das hatte er sich bereits ausgesucht, alles andere konnten nun seine Eltern und Schwestern machen. Denn deswegen hatte ein Bruder doch Schwestern, bei Jana und Alexander war das doch auch so, oder etwa nicht?
»Was mach ich denn jetzt nur? Geh ich runter oder gehe ich in die große Parkanlage?«, sagte Tobias zu sich. Er wusste nicht, ob er sich tatsächlich in diesen großen modrigen Gewölbekeller traute. Wer weiß, womöglich gab es da unten Ratten, und denen wollte er eigentlich nicht begegnen.
- Emilie, ich hole Emilie, dann bin ich nicht so alleine -, dachte der Junge und schloss die Kellertür wieder hinter sich. Somit konnte er die Geräusche nicht mehr hören. Leises Seufzen dran durch die langen und dunklen Kellerräume. Es hörte sich an, als würde der Keller weinen. Leise, fast so, als sollte es niemand sonst hören.
Es dauerte nicht lange, dann war Tobias wieder zurück. Er hatte sich eine schwarze Windjacke und Gummistiefel angezogen. Neben ihm lief Emilie, die kleine Hündin. Erneut öffnete Tobias die Kellertür. Dieses Mal fand der auch sofort den Lichtschalter. Emilie fiepte, drehte sich um und wollte zurücklaufen, aber Tobias rief sie zurück: »Nichts da, Emilie, wir beide gehen jetzt mal da runter und sehen uns an, was es da unten alles gibt. Wer weiß, vielleicht hat das Schloss ja auch Geister. Immerhin sind wir in Schottland, von dort sind schon viele Geister, Gespenster und Ungeheuer gekommen, zumindest im Fernsehen. Stell Dich nicht so an, Emilie, Du bist doch der Hund von uns beiden, also musst Du auch mutig sein, oder etwa nicht?« Damit zog er Emilie an ihrem Halsband und der champagnerfarbene Hund lief notgedrungen mit Tobias die, vom Zahn der Zeit, ausgetretenen Kellerstufen hinunter. Als Tobias merkte, dass es dem kleinen Hund schwer fiel die hohen Steintreppen zu laufen, nahm er ihn kurzerhand auf den Arm und trug Emilie hinunter.
Als sie unten ankamen, hatte Tobias plötzlich das Gefühl nicht mehr alleine im Keller zu sein. Doch so sehr er sich auch umsah, er konnte nichts außer einer Unmenge an Gewölbegängen erkennen. »Dann bleibt uns nichts anderes übrig als mal einfach drauf loszulaufen. Was meinst Du, Emilie? Ist mir aber auch egal. Wir beide gehen jetzt mal sehen, was es hier unten zu finden gibt.«
Er ließ Emilie wieder zu Boden und dann lief er los. Emilie folgte ihm nur widerwillig, das bezeugte sie ihm auch mit ständigem Knurren.
Irgendwann war Tobias durch so viele Gänge gelaufen, dass er schon gar nicht mehr wusste, wie er zurückkommen konnte. Gerade als er wieder zurück wollte, hörte er ein Seufzen. »Kellerseufzen? Hast Du schon mal davon gehört, Emilie, dass Wände und Keller seufzen können?« Er sah seinen Hund an, aber Emilie knurrte nur.
»Ach, schade, dass wir nicht bei – Peter Schmutz – und in – Philosophia – sind, dann könntest Du mir jetzt wenigstens antworten. Aber was soll´s, irgendwie müssen wir ja zurückfinden.« redete er mit seinem Hund. Gerade als er sich umdrehen wollte, hörte er das Seufzen erneut. Tobias blieb stehen. Er horchte. Neugierde womöglich einem Geist zu begegnen. Langsam versuchte er auf das Geräusch zuzugehen. Er hatte keine Ahnung, ob er das Richtige tat, noch nach was er suchen sollte. Seine Füße bewegten sich so langsam, dass er fast nur im Zeitlupentempo von der Stelle kam.
Tobias erschrak. Etwas hatte seine Füße gestreift. Verängstigt sah er sich um. Er konnte gerade noch den Schwanz einer Ratte erkennen, die hinter einem Tunnelbogen verschwunden war.
»Wenn die schon so frech ist und mir über meine neuen Treter rennt, dann gehen wir der mal hinterher. Wer weiß, die weiß vielleicht wie wir hier wieder rauskommen. Los, Emilie, leg mal einen Zahn zu. Denk dir einfach, du wärst ein Windhund, dann geht das schon besser. Los, Emilie, stell dich nicht so an.«
Aber egal was Tobias auch sagte, Emilie war kein bisschen mehr angetan, von dem was sie hier unten tun sollte. Da sie ein Hund war, blieb ihr allerdings nichts anderes übrig als Tobias zu folgen, denn alleine wollte sie hier unten auch nicht bleiben.
Tobias lief immer schneller, so dass Emilies kurze Beine ihm fast nicht mehr folgen konnten. Als Tobias bemerkte, dass Emilie nicht nachkam, rannte er wieder zu ihr zurück, hob sie hoch, um erneut wieder loszurennen. Dann endlich hatte er den Tunnelgang erreicht, von dem er glaubte, dass in diesem die Ratte verschwunden war. Tobias blieb stehen und sah hinein. Auch, wenn hier das Kellerlicht ebenfalls schwach leuchtete, sehen konnte Tobias deswegen dennoch nicht sehr viel. Egal wohin er sah, die Ratte schien verschwunden. Der Junge drehte sich um, ließ seinen Hund wieder auf den Boden und sagte: »Emilie, wir versuchen den Weg zurück zu finden. Jetzt kannst Du mal zeigen was für ein guter Spürhund Du bist. So, jetzt geh mal voraus und ich lauf Dir nach. Und wenn Du den Weg nicht findest, dann verspreche ich Dir, dass Du heute kein Abendessen bekommen wirst. Merk Dir das.« dabei dachte er – und ich bekomme dann auch kein Nachtessen –. Bei diesem Gedanken bemerkte er wie hungrig er bereits war. Tobias hatte keine Ahnung wie lange er bereits in diesem muffigen Kellergewölbe war, aber eins wusste er, um dieses ganz zu inspizieren, dazu würde er viele Tage brauchen. Und vor allem musste er sich beim nächsten Mal Markierungsmarken mitbringen, damit er wieder zurückfinden würde.
Emilie, die ganz stolz war, endlich mal zeigen zu können, was für ein guter Hund in ihr steckte, hatte den Ausgang schneller gefunden, als Tobias geglaubt hätte. Dabei hatte sie sich nicht ein einziges Mal verlaufen.
Als Tobias die Kellertreppe sehen konnte, atmete er auf.
– Gerettet – , dachte er und zu Emilie sagte er: »Hab
ich´s doch gewusst, dass ich mich auf Dich verlassen kann. Komm her, Emilie, ich trag Dich die Treppen hoch.«
Als wenn Emilie den Jungen verstanden hätte, kläffte sie freudig. Dummerweise übertönte sie durch ihr Kläffen das Kellerseufzen, das sich ganz in ihrer Nähe befand.
Die Kellertür quietschte beim Öffnen und ließ sich auch sehr schwer öffnen, aber Tobias war ein starker Junge und so hatte er nach einigen Mühen die Tür offen.
Hätte sich Tobias umgesehen, oder auf Emilie reagiert, die plötzlich jämmerlich winselte, dann wäre ihm aufgefallen, dass er nicht allein den Keller verließ...
Ein fast nicht sichtbarer Schatten folgte Tobias und seinem Hund..., hinauf zum ersten Stockwerk, hinein in dessen Zimmer...
Kapitel 3: Ein gutes altes Schloss braucht nun mal sein Gespenst
»Tobi, na, was machst Du?« Tobias´ Mutter öffnete, nach kurzem Anklopfen, die Tür zu Tobias´ Zimmer, und streckte ihren Kopf herein.
»Komm doch rein, Mama. Was stehst Du da und siehst mich an, als wenn Du ein Hausierer wärst und Dich nicht herein traust? Oder willst Du mir `was verkaufen?« Tobias lief zu seiner Mutter, öffente die Tür weit und zog sie in sein Zimmer.
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