Achja, die Heiratsanzeigen an den Schirmen. Viele Männer finden heute schon keine Frau mehr.
Vom Ende des Bund ist Pudong glatt noch schöner anzusehen. Von hier ist der Oriental Pearl Tower in voller Pracht zu betrachten und welche Farbspiele sich hier ereignen. Die einzelnen Kugeln des Fernsehturms leuchten und blinken. Einfach der Wahnsinn. Gelegentlich kommt auch ein Boot vorbei, welches auch in wunderschöne Lichter gehüllt sind.
Am nördlichen Ende des Bund angekommen, verabschieden sich unsere Eric, Jack und Bob von uns. Bevor sie uns verlassen zeigen sie uns noch wie es zur nächsten U-Bahn geht. Sie bieten uns an, dass wir uns jederzeit wieder melden können, wenn wir Übersetzer oder Stadtführer brauchen.
Gut im Hotel angekommen freue ich mich erst einmal auf eine schöne kalte Dusche. Und dann werde ich nur noch ins Bett fallen.
So war zumindest der Plan. Denn kurz nachdem ich aus der Dusche gestiegen bin, klopft es an meiner Tür. 23:30 Uhr. Wer will denn um diese Zeit noch was von mir? Michael steht vor meiner Tür: „Eine Bekannte meiner Schwester hat mir gerade geschrieben, dass sie noch unterwegs sind. Hast du Lust mitzugehen?“
Party in Shanghai ? Will ich auf jeden Fall auch mal machen.
„Ja klar. Gerne. Ich mache mich schnell fertig. Passt in 20 Minuten unten in der Lobby?“
„Wunderbar. Dann bis gleich.“
Also mache ich mich doch noch einmal fertig. Schnell mein Kleid übergeworfen, dann habe ich das wenigstens auch nicht umsonst mitgenommen.
Kurze Zeit später stehe ich in fertig in der Lobby. Michael kommt auch kurz darauf. Andreas will nicht mit, der will sich lieber schon hinlegen. Also ziehen Michael und ich alleine los. Ein Taxi ist gleich hergewunken und da um 12 Uhr nachts nicht mehr viel los ist auf den Straßen, sind wir wieder schnell im Zentrum angekommen. Die rasante und fast selbstmörderische Fahrweise der Taxifahrer spielt dabei auch eine nicht ganz unwesentliche Rolle.
Die Bar befindet sich in einem kleinen Gässchen, das ich so wahrscheinlich nie betreten hätte. Um ehrlich zu sein, sieht es doch ein bisschen unseriös aus. Aber Michael scheint sich sicher zu sein, dass wir hier richtig sind.
In der Bar selbst sind fast nur Europäer zu finden. Und wenn Chinesen zu sehen sind, dann sind es Chinesinnen, die sich einen reichen Europäer angeln wollen. Am Anfang sehen Michael und ich uns das Spektakel mal ein bisschen an, bis er dann den Anruf von dieser Vanessa bekommt, der Bekannten seiner Schwester. Danach kommt eine kleine zierliche Frau mit kurzem Haar auf uns zu. Der erste Eindruck ist sehr sympathisch. Sie begrüßt uns und nimmt uns direkt mit zu ihren Bekannten, von denen wir auch ganz freundlich empfangen werden. Es befinden sich auch ein paar Deutsche unter den Leuten. Eine von ihnen, ihr Name ist Alexandra, arbeitet ebenfalls bei der gleichen Firma wie wir. Sie hat auch ein duales Studium gemacht, allerdings ist das schon viele Jahre vor uns gewesen und sie hat BWL studiert. Sie erzählt uns, dass sie das letzte Jahr in Singapur gearbeitet hat und jetzt wahrscheinlich für die nächsten drei Jahre hier in Shanghai bleiben wird. Die kommt ja rum. Einerseits beneidenswert, andererseits wäre ich dafür wohl noch nicht bereit. Überhaupt sind hier alle so um die dreißig und arbeiten hier schon länger. Michael und ich sind also mit Anfang 20 mit Abstand die Jüngsten. In der kleinen Bar verbringen wir eine gute Stunde, bis wir uns dann in einen Club namens „Appartement“ aufmachen. Freier Eintritt für Ladies ist doch schon mal eine gute Sache und hier wird auch genau meine Musik gespielt. Hier lässt es sich aushalten. Und auch hier ist wieder sehr auffällig, dass an fast jedem weißen Mann mindestens eine Chinesin hängt. Ich will nicht sagen, dass das für alle gilt, aber vielen sieht man schon an, dass sie es nur auf einen reichen Mann abgesehen haben. Zugegeben, wir verdienen in Deutschland schon mehr als die meisten Chinesen hier. Aber es ist trotzdem krass wie nötig es manche haben.
Wir feiern ausgelassen bis kurz vor 4 Uhr.
Die Heimfahrt erweist sich als schwierig, weil der Taxifahrer einfach keine Ahnung hat, wo er hin muss. Obwohl wir ihm eine Visitenkarte von unserem Hotel zeigen, auf dem die Adresse auch auf Chinesisch steht, verfährt er sich einige Male. Während der Taxifahrt unterhalten sich Michael und ich darüber, ob es für uns in Frage kommen würde, für längere Zeit ins Ausland zu gehen.
„Im Moment kann ich es mir noch nicht vorstellen für mehrere Jahre in verschiedenen Ländern zu arbeiten“, gebe ich zu. „Aber wer weiß was sich später ergibt.“
„Das kommt halt auch darauf an, ob die Familie mitspielt“, meint Michael.
Um kurz vor 5 Uhr hat es der Taxifahrer endlich zu unserer Unterkunft geschafft. Wenige Minuten später liege ich dann auch im Bett. War schon ein langer, aber auch sehr schöner Tag mit so vielen neue Eindrücken.
Sonntag - 7. Juli
Trotz meinem späten (bzw. frühen) Zubettgehen, bin ich um kurz nach 10 Uhr schon wieder wach. Nachdem das mit der Weißwäsche waschen gestern so gut geklappt hat, kümmere ich mich deshalb um meine Buntwäsche. Kurz nachdem meine Wäsche fertig geworden und schon zum Trocknen aufgehängt ist, kommen die Jungs vorbei und fragen mich, wann wir das mit ihrer Wäsche erledigen können.
„Wenn wir heute noch unseren Ausflug nach Pudong machen wollen, sollten wir uns darum besser heute Abend erst kümmern. Ich denke, wir sollten schön langsam los.“
Kurzerhand wird mein Rucksack mit ausreichend Getränken und meinem Reiseführer gepackt. Beim Verlassen unserer Appartments fragt mich Andreas „Und du weißt auch wohin wir müssen?“
„Ja klar. Die Linie 9 bringt uns direkt nach Pudong . Und wenn wir bei der letzten Haltestelle aussteigen, dann könnten wir noch einen Abstecher zum Century Park machen.“
Dabei handelt es sich um den größten der innerstädtischen Parks in Shanghai , in dem sich Flüsse und Seen befinden, welche künstlich angelegt wurden. Es kostet zwar Eintritt, aber wir entscheiden uns trotzdem dafür reinzugehen, denn was sind umgerechnet schon 1,50 €. Aber trotzdem bin ich überrascht, dass wir überhaupt Eintritt bezahlen müssen, nur um in einen Park zu dürfen. Bei uns in Deutschland nicht vorstellbar. Trotz Eintritt scheint der Park einiges an Anklang zu finden, endlich mal ein Platz, an dem man ein wenig „Frischluft“ abbekommt und an dem nicht so viele Leute unterwegs sind. Außerdem ist es hier möglich Sport zu treiben, wie Inliner zu fahren oder zu joggen. Ein großer See liegt mitten im Park. Als wir uns kurz ans Ufer setzen, kommt eine Familie mit Kind zu uns. Es dauert eine Weile bis wir verstehen, dass das kleine Mädchen ein Foto mit uns Ausländern haben möchte. Im ersten Moment sind wir zwar ein wenig verdutzt, aber natürlich machen wir das gern. Einerseits komme ich mir komisch vor, andererseits finde ich es auch lustig, dass wir wohl eine kleine Attraktion sind. Diese Familie ist zwar die einzige, die uns offensiv anspricht wegen einem Foto, aber wir merken, dass auch andere Fotos von uns machen. In wie vielen Fotoalben wir jetzt wohl landen werden …?
Nachdem wir den See einmal umrundet haben machen wir uns Richtung „ Flaschenöffner “ auf. Kurz diskutieren wir, ob wir mit der Metro fahren sollen oder zu Fuß gehen.
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