Jens Petersen
"Die Stunde des Jaguars"
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Inhaltsverzeichnis
Titel Jens Petersen "Die Stunde des Jaguars" Dieses ebook wurde erstellt bei
Die Stunde des Jaguars
Der Obsidianspiegel
Der Auftrag
Beginn der Regenzeit
Die Ehre des Revolutionshelden
Aguardientowskis Komplizen
Give them something to do
Der tausendjährige Schlaf
Fiesta in Gringotenango
Vogel man sieht ihn nicht
El Dorado
Nuestra Señora y sus Milagros
Der große Zauberer
Das Ende der großen Traurigkeit
Der Schweiß der Sonne und die Tränen des Mondes
Verschwundene Inka
Ein ungewöhnliches Forschungsobjekt
Allegria, Allegria
Die Undankbarkeit des Volkes
Geschenke der Erde
Die Incamiables
Die Stunde des Jaguars
Die große Versammlung
Das Vermächtnis von Pachuchi’ut
Impressum neobooks
Die Stunde des
Jens Petersen
Die Stunde des Jaguars
Roman
Diese Geschichte ist ein Roman. Das bedeutet, die durchgehende Handlung und die Hauptakteure sind frei erfunden. Anders ist es mit der Beschreibung von Orten und deren Eigenheiten oder mit historischen Persönlichkeiten, heißen die nun Netzahualcojotl, Rios Montt, Francisco de Orellana oder Tupac Amaro, oder mit rätselhaften Phänomenen wie El Dorado oder Manoa, der Stadt der Amazonen. Das betrifft auch die weniger bekannten Drogen wie Xomil Xihuite, Piulero oder Ayahuasca. Alle diese Schilderungen kann der Leser getrost für verbürgt nehmen. Auch wenn inzwischen angefallene Veränderungen manches überholt haben mögen. Aufregend, buntschillernd und chaotisch, wie Lateinamerika nun einmal ist, so gebiert sich auch dieser Roman. Historisches ist gelegentlich eingefügt, weil manche Ereignisse erst dadurch besser verständlich werden. Wer nach umfassender
Erklärung sucht, für den kann das Vorliegende nur eine Anregung sein.
1. Birds don´t talk - Sonoyta
2. Der Obsidianspiegel - Teotihuacan
3. Der Auftrag - Mexico
4. Beginn der Regenzeit - San Miguel
5. Die Ehre des Revolutionshelden - San Blas
6. Aguardientowskis Komplizen - Oaxaca
7. Give them something to do - Rio Usomacinta
8. Der tausendjährige Schlaf - Tikal
9. Fiesta in Gringotenango - Panajachel
10. Vogel man sieht ihn nicht - Am Krater des San Pedro
11. El Dorado - Cartagena
12. Nuestra Señora y sus Milagros - Baños Tungurahua
13. Der große Zauberer - Macas
14. Das Ende der großen Traurigkeit - Altiplano
15. Der Schweiß der Sonne und die Tränen des Mondes - Cuzco
16. Verschwundene Inka - Huilcabamba
17. Ungewöhnliche Forschung - Tingo Maria
18. Alegria, Alegria - Tiahuanaco
19. Die Undankbarkeit des Volkes - San Bernhardino
20. Geschenke der Erde - Pantanal, Sete Quedas, Iguassu, Amazonien
21. Die Incamiables - Manoa
22. Die Stunde des Jaguars - Rio Napo
23. Die große Versammlung - Catemaco
24. Das Vermächtnis von Pachuchi ‘ut - Lago Atitlan
Einer dieser Orte war es, deren Trostlosigkeit frösteln lässt und die panische Vorstellung erzeugt, hier hängen zu bleiben. Hinzu kam die Müdigkeit nach einer durchfahrenen Nacht. Ausgerechnet hier saßen sie jetzt fest, waren gezwungen zu warten auf das Eintreffen der Polizei. Und wer weiß, wie lange es dann noch dauern wird. Einzig den Grenzern schien das ganz recht zu sein. Ihre Arbeit abgewickelt, hatten sie sich zur Kaffeepause in ihr Büro zurückgezogen.
Der Bus war längst in einer Staubwolke wieder verschwunden. Den wenigen ausgestiegenen Passagieren blieb nichts anderes übrig, als sich auf einem der schäbigen, auf Reihen von Eisenträgern montierten Plastiksessel niederzulassen. Die abgebrochenen scharfen Kanten versuchte man zu meiden, und mit den Füßen schob man die leeren Plastikbecher, zerknüllten Reste alter Zeitungen und anderen Müll beiseite.
Das fahle Licht eines noch nicht vollends angekommenen Tages ließ draußen ebenes, vegetationsloses Land erkennen. Wenn der Wind hin und wieder die Tür aufstieß, brachte er neben einem kalten Luftzug allerlei Sand herein. An den nackten Wänden hing nur eine Tafel mit den Zeiten der Anschlüsse nach Santa Ana, Hermosillo, Puerto Peñasco und über Mexicali nach Tijuana. Verheißungen einer hoffnungsvolleren Welt.
Passiert sein musste es, als alle wie gebannt auf den kleinen Jungen und den Vogel schauten. Verzweifelt versuchte Billy den alten Papagei zum Reden zu animieren. Der Ruf als ein Wunder an Sprachgewandtheit und Attraktion dieser Grenzstation hatte sich weit hinein auf der anderen Seite der Grenze verbreitet. Aber heute saß der berühmte Papagei stumm auf seiner Stange, schaute indigniert wie ein betagter Butler hocherhobenen Schnabels über den Jungen hinweg.
Endlich ließ er sich herbei, um kurz und kategorisch zu krächzen: „Birds don´t talk!“ Nur um gleich darauf hinter die hereinragende Mauer zu flattern. Freudig hüpfte Billy hinterher. Dann ging alles ganz schnell. Billy quäkte in schrillsten Tönen und in vollster Lautstärke. Der Papagei stob davon in die Höhe, unentwegt vulgäre Schimpfworte von sich gebend. Mistress Blinton, Billies Mutter, schoss um die Ecke, ebenfalls in lautes Geschrei ausbrechend. Einer der mexikanischen Grenzbeamten eilte herbei und gab seine Flüche dazu. Kein Wunder, er wäre fast über Mistress Blinton gestolpert, die ihrerseits schon über die am Boden liegende Leiche gefallen war.
Comisario Cuevas passte so gar nicht in das Klischee des desinteressierten, korrupten Latino-Polizisten. Er war diszipliniert, ehrgeizig und stolz. Er liebte sein Land und hasste Korruption, weil er wusste, dass diese es krank machte. Erwischte er einen seiner Leute dabei, so ließ er ihn seine Verachtung spüren, was hieß, eine Versetzung auf den unerfreulichsten Job.
„Pass auf“,
stupste mit seinem Ellenbogen Mantega den Neuen in die Seite.
„Jetzt wo er sich in der Mitte aufgebaut hat, wird er gleich sagen: Mein Name ist Comisario Cuevas. Ich muss jeden von…“
„Mein Name ist Comisario Cuevas. Ich muss jeden von ihnen einzeln verhören.
Während dieser Zeit kann niemand das Gebäude verlassen.“
Dann machte er eine längere Pause.
„So fängt er immer an, der raffinierte Hund. Während wir hier neben dem Ausgang Wache stehen müssen, kann er in Seelenruhe alle beobachten. Das macht die meisten ziemlich nervös.“
Die Gesichter verrieten Cuevas schon einiges, auch die Haltung, aber mehr noch die Reaktionen. Manche wirkten eingeschüchtert, andere verlegen, wieder andere trotzig oder aufbegehrend. Er ließ sich Zeit. Offenen Widerspruch gab es diesmal keinen. Nun gut, dann zur Sache, erst einmal zu dem Opfer.
Die Papiere in seiner Jackentasche erlaubten es, den Toten schnell zu identifizieren. Ein gewisser Felipe Gonzalves aus Mexico-Stadt. Wie telefonische Nachfrage dort ergab, unbescholten und in keiner Weise bekannt. Er war Anthropologe an der Universität von Mexico, Forschungsgebiet: Die Lacandonen, ein Indianerstamm im Urwald von Chiapas, unweit der Grenze mit Guatemala. Einige Zeit hatte er als Gastdozent an der University of California in Santa Barbara verbracht. Wo man ihn mit dem Spitznamen „Speedy Gonzales“ neckte. Es half nichts, dass er nicht müde wurde zu korrigieren: „Gonzalves, nicht Gonzales!“ Sonst war er ein stiller, etwas schüchterner Typ, hatte keine Freunde, keine Schulden, keine Liebschaften. Ein blütenreines Leben als ein etwas introvertierter Wissenschaftler. Kein Motiv war zu erkennen, warum irgendwer ihn ermorden wollte. Als Todesursache war eigentlich nur eine winzige Stichwunde oberhalb der rechten Schulter in die Halsschlagader zu erkennen, vermutlich eine Injektion. Alles Weitere würde das Labor klären.
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