Bernhard Domschcke - Zwanzig Monate in Kriegsgefangenschaft

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"Beraube einen Menschen seiner Freiheit, entziehe ihm das Vergnügen der selbstgewählten Gesellschaft, drücke ihn hinab auf die unterste Stufe der Armut, damit ihm seine eigene Erscheinung widerwärtig werde und er seine Augen verwünsche, die ihm sein Bild und das der übrigen Gestalten seiner Bettelmannswelt vorführen, kette die Zeit an, damit der Tag zur Woche und die Woche zum Jahre werde, lass seinen Körper hungern und seinen Geist dürsten und du gibst ihm eine Hölle, schlimmer als das Gehirn eines Gottesgelehrten sie erfinden kann."
In den Jahren nach dem Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs (1861 – 1865) greifen zahlreiche Veteranen in Nord und Süd zur Feder, um ihre Geschichte niederzuschreiben. So unterschiedlich ihre individuellen Beweggründe hierfür sein mögen, ein Grundbedürfnis ist bei nahezu sämtlichen Kriegserinnerungen erkennbar: Der Leser soll wissen, dass die «patriotische Pflicht» erfüllt und die «Mannesehre» gewahrt wurde. In diesen Geschichtsinszenierungen ist den Geschehnissen abseits des ruhmreichen Schlachtfeldes und der Kameraderie des Feldlagers bestenfalls eine flüchtige Erwähnung vergönnt. Nur wenige Veteranen bekennen sich zu den demütigenden und «ehrlosen» Aspekten ihrer Kriegserlebnisse, was ihre schriftlichen Zeugnisse zu umso wertvolleren Quellen macht.
Einer dieser Männer ist der deutschstämmige Bernhard Domschcke. Geboren im Jahre 1827 in Freiberg, Sachsen, genießt er eine vorzügliche Schulbildung in Dresden und Leipzig. Der junge Bildungsbürger ist ein leidenschaftlicher Verfechter der Demokratie und nimmt aktiv an den Barrikadenkämpfen des Dresdner Maiaufstandes 1849 teil. Nach dem Scheitern der Deutschen Revolution flieht Domschcke in die Vereinigten Staaten, wo er sich einen Namen als glühender Gegner der Sklaverei und wortgewaltiger Journalist macht. Im Jahr 1862 meldet er sich freiwillig zum Kriegsdienst und dient als Offizier in der 26th Wisconsin Infantry. Als sein Regiment am 1.

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Bernhard Domschcke

Zwanzig Monate in Kriegsgefangenschaft

Erlebnisse eines deutschstämmigen Unionsoffiziers in konföderierten Gefängnissen

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Inhaltsverzeichnis Titel Bernhard Domschcke Zwanzig Monate in - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Bernhard Domschcke Zwanzig Monate in Kriegsgefangenschaft Erlebnisse eines deutschstämmigen Unionsoffiziers in konföderierten Gefängnissen Dieses ebook wurde erstellt bei

Vorwort des Herausgebers

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

Kapitel IV

Kapitel V

Kapitel VI

Kapitel VII

Kapitel VIII

Kapitel IX

Kapitel X

Kapitel XI

Kapitel XII

Kapitel XIII

Kapitel XIV

Anhang

Liste der am 9. Februar 1864 durch den Tunnel aus dem Libby-Gefängnis entflohenen Offiziere

"Belle Island"

Verzeichnis der deutschen Offiziere, die sich in der Zeit vom 1. Mai 1863 bis 1. März 1865 in den Gefängnissen von Richmond, Danville, Macon, Savannah, Charleston und Columbia befanden.

Dix-Hill-Abkommen

Vorschriften und Statuten der konföderierten Militärgefängnisse

Medizinisches Gutachten der U.S.-Sanitätskommission über die Lebensbedingungen der Kriegsgefangenen in den konföderierten Gefangenenlagern (Juli 1864)

Zeugenaussagen für das medizinische Gutachten der U.S.-Sanitätskommission zwecks Beweisaufnahme durch die Kommission bezüglich der Behandlung der gefangenen Unionssoldaten durch die Rebellen.

Impressum neobooks

Vorwort des Herausgebers

"Beraube einen Menschen seiner Freiheit, entziehe ihm das Vergnügen der selbstgewählten Gesellschaft, drücke ihn hinab auf die unterste Stufe der Armut, damit ihm seine eigene Erscheinung widerwärtig werde und er seine Augen verwünsche, die ihm sein Bild und das der übrigen Gestalten seiner Bettelmannswelt vorführen, kette die Zeit an, damit der Tag zur Woche und die Woche zum Jahre werde, lass seinen Körper hungern und seinen Geist dürsten und du gibst ihm eine Hölle, schlimmer als das Gehirn eines Gottesgelehrten sie erfinden kann."

Bernhard Domschcke

In den Jahren nach dem Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs (1861 - 1865) greifen zahlreiche Veteranen in Nord und Süd zur Feder, um ihre Geschichte niederzuschreiben. Ihre Motivationen sind mannigfaltig und reichen von stolzer Verewigung der eigenen Taten und trotziger Rechtfertigung der "Verlorenen Sache" bis hin zur Vergangenheitsbewältigung mittels Niederschrift der eigenen Erlebnisse und Taten. So unterschiedlich die individuellen Beweggründe jedoch sein mögen, ein Grundbedürfnis ist bei nahezu sämtlichen Kriegserinnerungen erkennbar: Der Leser soll wissen, dass die "patriotische Pflicht" erfüllt und die "Mannesehre" gewahrt wurde. Durch die Verknüpfung des eigenen Namens mit den berühmten Generälen und großen Schlachten fällt deren Glanz auf den (mehr oder minder) einfachen Soldaten zurück und adelt dessen bescheidenen Beitrag zum Kriege. In diesen Geschichtsinszenierungen ist den Geschehnissen abseits des ruhmreichen Schlachtfeldes und der Kameraderie des Feldlagers bestenfalls eine flüchtige Erwähnung vergönnt. Nur wenige Veteranen bekennen sich zu den demütigenden und "ehrlosen" Aspekten ihrer Kriegserlebnisse, was ihre schriftlichen Zeugnisse zu umso wertvolleren Quellen macht.

Einer dieser Männer ist der deutschstämmige Bernhard Domschcke. Geboren im Jahre 1827 in Freiberg, Sachsen, genießt er eine vorzügliche Schulbildung in Dresden und Leipzig. Der junge Bildungsbürger ist ein leidenschaftlicher Verfechter der Demokratie und nimmt aktiv an den Barrikadenkämpfen des Dresdner Maiaufstandes 1849 teil. Nach dem Scheitern der Deutschen Revolution flieht Domschcke, wie so viele seiner Gesinnungsgenossen, in die Vereinigten Staaten, wo er bereits kurz nach seiner Ankunft seinen wachen Geist und seine rhetorische Begabung in den Dienst diverser New Yorker Zeitungen stellt. 1854, im Gründungsjahr der Republikanischen Partei, verschlägt es Domschcke nach Wisconsin, wo er die erste republikanische Zeitung des Staates gründet und sich rasch einen Namen als glühender Gegner der Sklaverei und wortgewaltiger Journalist macht. Im Jahr 1862 stellt seine deutschsprachige Zeitung "Milwaukee Herold" ihr Erscheinen ein und Domschcke meldet sich mit der gesamten Redaktion freiwillig zum Kriegsdienst. Aufgrund seiner Bildung und seines gesellschaftlichen Status wird Domschcke zum 2nd Lieutenant von Kompanie G der 26th Wisconsin Infantry ernannt und rasch zum 1st Lieutenant und Captain von Kompanie H befördert. Als sein Regiment am 1. Juli 1863 bei der Schlacht von Gettysburg nördlich des Städtchens von den angreifenden Konföderierten zerschlagen wird und dabei fast 50% seiner Männer verliert, gerät er in Kriegsgefangenschaft.

Hier beginnt für Domschcke eine Zeit des Leidens, die ihn für den Rest seines Lebens prägt. Monatelang ist er mit seinen Leidensgenossen in dem berüchtigten Libby-Gefängnis in Richmond eingepfercht, bevor er in Gefangenenlager in Danville, Macon, Savannah, Charleston und Columbia verlegt wird. Die anfänglichen Unannehmlichkeiten des Gefängnislebens verschlimmern sich rasch zu einem mörderischen Alltag aus quälendem Hunger, grassierenden Krankheiten und gleichgültiger Grausamkeit des Wachpersonals. Dabei bleibt Domschcke durchweg ein scharfer Beobachter seiner Umgebung und seiner Mitgefangenen, die ihren täglichen Überlebenskampf auf verschiedenste Arten bestreiten.

Als er im März 1865 schließlich ausgetauscht wird, mag Domschcke geahnt haben, dass seine ruinierte Gesundheit ihm kein langes Leben mehr gewähren würde, denn er beginnt unverzüglich mit der Niederschrift seiner noch frischen Erinnerungen. Freunde und Bekannte bemerken mehrfach, dass Domschcke seinen Überzeugungen zwar treu geblieben ist, sein inneres Feuer jedoch erloschen scheint. Nach seiner Heimkehr stellt sich keine Besserung seines Zustandes ein, doch trotz seiner zerfallenden Gesundheit nimmt er seine journalistische Tätigkeit wieder auf, bevor ihn die Spätfolgen seiner Gefangenschaft schließlich ans Siechbett fesseln. Bernhard Domschcke stirbt am 5. Mai 1869 im Alter von 43 Jahren.

Domschckes faszinierende Einblicke in einen vergleichsweise selten durch Primärquellen dokumentierten Aspekt des Krieges werden ergänzt durch einen umfangreichen Anhang, der zahlreiche Facetten des Lebens in konföderierten Gefangenenlagern beleuchtet und dabei hilft, die Erlebnisse des Autors in einen breiteren Kontext einzuordnen.

Bernhard Domschckes zeitgenössischer Sprachstil wurde weitestgehend gewahrt und nur dann behutsam an die modernen Gepflogenheiten angepasst, wenn dies für das Verständnis des heutigen Lesers angeraten schien. Fehlerhafte Schreibweisen von Namen wurden stillschweigend korrigiert.

Florian Dexheimer

Kapitel I

-

Von Virginia nach Pennsylvania – Die Schlacht bei Gettysburg – Die Gefangennahme

Es war am 12. Juni 1863, als das XI. Armeecorps sein Lager in Stafford County in Nord-Virginia abbrach und sich zum Marsche rüstete. Nach der Rückkehr von der unglücklichen Schlacht bei Chancellorsville wurden jenem Corps Lagerstätten in der Nähe von Brooke's Station zwischen Aquia Creek und Falmouth angewiesen, welche es bis zum Abmarsche an eben genanntem Tage innehatte. Unter den glühenden Strahlen einer Sommermittagssonne verließen wir die öde, steppenhafte Gegend und am Abend erreichten wir Hartwood Church, eine aus wenigen Häusern bestehende Ortschaft. Der Zweck unseres Marsches war uns nur insoweit bekannt, als wir wussten, dass General Robert E. Lee mit seinen Rebellenscharen in Bewegung war. Wo wir mit ihm in Konflikt geraten würden, war der Gegenstand vielfacher Mutmaßungen. Manche glaubten, unsere Armee werde sich in die Verschanzungen von Washington zurückziehen, um die Bundeshauptstadt gegen den heranstürmenden Feind zu verteidigen; Andere träumten von einer dritten Schlacht auf den Leichenfeldern am Bull Run; wieder Andere erwarteten ein Zusammentreffen am Shenandoah River.

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