Mit Ns Briefen hat es eine auffallende, aber doch erwähnenswerte Bewandtnis: Sie sind alles andere als kommunikativ. N kam - beispielsweise nur! - in seltensten Fällen auf das zurück, was ihm brieflich mitgeteilt worden war: Es gab für ihn und mit ihm so gut wie keine brieflich geführten Dialoge . Er erkundigte sich in seltensten Fällen nach dem Ergehen und Befinden des Adressaten und sprach in aller Ausschließlichkeit fast nur von sich. In jedem Brief geriet er in einen neu ansetzenden Monolog, besonders in ein Sich-Ausbreiten über seine Leiden und kam dann erst dazu, von sich mitzuteilen, wie er - entsprechend der ihn gerade erfüllenden Stimmung! - gesehen werden wollte , - was nicht immer identisch sein musste mit dem, wie er sich selber sah! Vieles dabei war auf Effekte erpicht, was seine Briefe sehr intensiv, leidenschaftsvoll und engagiert erscheinen lässt. Er nahm alles sehr persönlich, sehr unmittelbar, sehr undistanziert - auch aus dem Grund, weil er über kaum etwas, das er mitteilte, auf abwägende Weise wirklich nachgedacht hatte: Vor allem galt alles Geschriebene im jeweiligen Moment für die Ewigkeit. Er teilte mit, was für ihn selbstverständlich war und woneben es nichts anderes gab und - seiner fortwährend ausschließenden Natur nach! - auch nichts geben sollte .
Er liebte es, brieflich ins Vertrauen zu ziehen, „unter uns“ etwas mitzuteilen, in Kumpanei, - besonders wenn er etwas ihn Bewegendes früh, lange bevor es im „Werk“ auftauchen würde, in einhellig vorausgesetztem Einverständnis verriet und Seelentiefen öffnete, - auch wenn er mit dem jeweiligen Adressaten sonst nicht viel „gemein“ hatte. In den Briefen ging sein Ich viel leichter und auch viel früher „mit ihm durch“ als er das Gleiche in seinen „Werken“ zu zeigen wagte, da er doch immer in Sorge um sein überschätztes „öffentliches Ansehen“ war und folglich offiziell die Zügel seines Wünschens straffer hielt, - was im Hintergrund auf ein - allerding immer ohnmächtigeres! - immerhin aber noch funktionsfähiges „schlechtes Gewissen“ verwies. Dieser Umstand lässt Zitate aus seinen Briefen besondere Bedeutung gewinnen, auch wenn N Veröffentlichungen aus seinen Briefen sehr übel genommen hätte, obgleich er selber erhaltene Briefe bedenkenlos weiterreichte, - was durch sein Zweierleimaß-Verständnis entschuldigt war, - auch wenn er schrieb: Aus meinen Briefen etwas abdrucken [also „den Anderen“ zur Kenntnis zu geben, was ja immer außerhalb der von ihm gesetzten und beabsichtigten Effekte geschehen musste!] rechne ich zu den großen Vergehungen. Das tut mir so weh, wie wenig Anderes - es ist der gröbste Vertrauens-Missbrauch. 14.3.79-
Doch wieso? Was wäre ein ausreichender Grund für diese empört schamhafte Empfindlichkeit? Von Einem just, der sich je nach Bedarf ansonsten doch in allerlei schriftlichen Ungeniertheiten gefiel und suhlte? Was beabsichtigte N mit diesem Tabu und „Verbot“? - In erster Linie war es seine Angst vor Kritik an seinem mühsam zurechtgelegten und vor sich selbst sorgsam „begründeten“ und als notwendig gerechtfertigt erscheinendem Sein - und aller Wahrscheinlichkeit nach! - dürfte der Grund zumeist auch in Ns ausgeprägtem Verlangen nach immer exklusiv ausfallender Vertraulichkeit und Verborgenheit seiner unüberschätzbaren Unvergleichlichkeit gelegen haben: Seinem „nicht gestört werden wollenden Bedürfnis“ nach einem ihm gefällig scheinenden Bild von sich selbst - gegenüber der Welt! - das er gewahrt und respektiert wissen und dieses mittels Zensur - dem Veröffentlichungsverbot nämlich! - auch durchsetzen wollte! - Zusätzlich war damit natürlich die Angst verbunden, dass ein kritischer Kopf ihm „auf die Schliche“ und hinter seine Masken , hinter die Täuschungen und Manipulationen, die Effekte und Zurechtbiegungen kam, die er in der Praxis nicht scheute!
Die von dem Extrem-Egomanen N immerhin doch empfundene , nicht unerhebliche Spannung zwischen dem, was er mit berechnender und berechneter Wirkung zur Kenntnis seiner zumeist eigentlich gar nicht akzeptierten Leser als Wahrheit über sich dargestellt sehen wollte , brauchte gegenüber dem, was er daneben aus peinlichen Gründen verborgen hielt, aber doch als für sich wesentlich erachtete, ab und an ein Ventil: Nämlich aus dem - auch seinem Herzen ab und an unvermeidbaren - Bedürfnis heraus in seiner nicht sonderlich glücklich erscheinenden Lebenspraxis und dieser nachgeben zu können, einfach mal unverstellt, „vertraulich“, verständnisvoll, Zuwendung und Nähe erwartend, Gelegenheit zu haben, sich ehrlich - eben „unter uns“, wie er das oft und als Auszeichnung gemeint, nannte - aussprechen zu können. Was aber in tieferem Sinn nicht unbedingt der Rolle entsprechen musste, die er darstellen wollte und deren Legende das gewidmet war, was er seine „ Philosophie “ nannte.
Um das Schicksal, „unter dem er angetreten“ und um das „Gesetz“, welches das seine war und für gewöhnlich von ihm als unüberbietbar große Auszeichnung, als seine „Aufgabe“, - mit der Folge „für diese erwählt zu sein“ - empfunden wurde, war N, so, wie er veranlagt war, gewiss nicht zu beneiden! Niemand kann als Denker gelten wollen , bloß weil er sich danach sehnt einer zu sein ! „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“ Matth.7.16, so heißt es von uralt geschätzten Weisheiten her, welche - weil es solche waren ! - Aufnahme in die Bibel gefunden haben! - und speziell diese daraus dürfte N nicht unbekannt geblieben sein! - selbstverständlich mit dem unmittelbar davor enthaltenen „Seht euch vor, vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, innwendig aber sind sie reißende Wölfe“ Matth.7.15, - wie N selbst einer war ! - denn sein Lebensproblem war weit älter als der warnende biblische Spruch, hatte doch auch Er für den Heilsbringer, als der er gelten wollte, entschieden zu viel wölfisch Selbstsüchtiges zu verbergen! - Deshalb galt der Spruch auch für ihn . Der Wille allein ist keine Leistung , die zu irgendetwas berechtigen würde! - Eben diese, eine eigentliche , auf etwas außerhalb seiner selbst gerichtete Leistung, war bei N ausgeblieben: Es liegt von ihm zwar viel „Gedacht-Aussehendes“ vor - zumeist allerdings nur „ Gefühltes “, was Er sogleich auch für Gedachtes hielt! - aber nichts davon waren Ideen, die die Menschen oder die Menschheit gar, wirklich - ausgehend vom Wissensstand seiner Zeit! - hätten fördern können; - wie sich zeigen wird.
Von dem heute als gültig anzusehenden, 4-dimensionalen „physikalischen Weltbild“ eines sich immer weiter und zudem auch schneller ausdehnenden Raum-Zeit-Kontinuums, dessen physikalische Gesetzmäßigkeit derzeit mit Albert Einsteins Formel E = mc² symbolhaft und in seiner Gesamtheit zufriedenstellend umschrieben werden kann, konnte N keinerlei Ahnung haben. Er war - in übereilter Unkenntnis der wahren Verhältnisse vor allem von seinen Bewunderern zum angeblich „größten Denker aller Zeiten“ erklärt! - zu einer gedanklichen Leistung im Ausmaß des realitätsorientierten Durchblickes, wie Albert Einstein einen solchen mit seinen Veröffentlichungen 1905 zur speziellen und 1915 zur allgemeinen Relativitätstheorie bewies - wegen dem zwingenden Realitätsbezug darin! - seiner gesamten Veranlagung nach auf Meilen entfernt nicht fähig!
Der über alle Zeiten hinweg zu den bedeutendsten Vertretern seines Faches zählende theoretische Physiker Albert Einstein, 1879-1955, begründete zu Beginn des 20. Jahrhunderts das physikalische Weltbild auf vollkommen neue Weise. Aufgrund seiner Vorgaben ist das Alter des Universums, innerhalb von dessen „Horizont“ sich unsere Welt und unser Sein befindet, ziemlich konkret und wissenschaftlich begründet auf zuvor undenkbare, ungefähr 13,7 Milliarden Jahre zu bestimmen, - was weit jenseits von dem liegt, was bis dahin die kirchliche, sich an Bibel-Aussagen klammernde Macht zu erlauben gedacht hatte und ebenso weit von dem, was N sich für seine angebliche „Lehre“ aus einer Folge von ewig wiederkehrenden Ewigkeiten auszudenken gewagt haben könnte, wenn er überhaupt in dieser Angelegenheit so konkret und wirklichkeitsnah hätte werden können, sich auf die Angabe von Jahren einzulassen.
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