Und kummts omal zum Abfahrn
und wer i dann begrabn,
so spannts mer meine Rappen ein
und führts mi übern Grabn.
Dann lasstses aber laufen!
führts mi im Trab hinaus!
i bitt mers aus, nur nit im Schritt!
nehmts meinetwegen die Kreizung mit!
Am Grab, auf einem langen Tisch, standen Bier- und Schnapsflaschen, Krüge und Gläser, lagen auf Küchenbrettern gebratene Fleischstücke und aufgeschnittenes Weißbrot. "Langt kräftig zu", sagte Hanna. Die Leute aßen und tranken, wir mussten lachen, als der ungewöhnlich breite Sarg nicht in das schmale Erdloch versinken wollte. Einer rief: "Da muss man dran drehen. Stimmt doch, Nanga Parbat!" Ein paar Männer legten die schwarzen Anzugjacken ab, krempelten sich die Ärmel der weißen Hemden hoch und schaufelten das Grab breiter.
... Sein Blut war so luftig und so leicht wie der Wind ...
Den ganzen Tag über kamen und gingen Leute, und es war wie an den Sonntagvormittagen bei den Liebschels: Es wurden Geschäfte abgeschlossen und von Gott und der Welt geredet.
Das alles war schon erstaunlich. Aber am stärksten beeindruckte mich Hanna Liebschels Verhalten, nicht nur bei der Beerdigung, auch in der folgenden Zeit. Ich hatte angenommen, ohne Kurt fehlte ihr der Halt, er sei ihr das Rückgrat gewesen. Ich meinte, ihr Lachen sei eigentlich sein Lachen. Ich habe mich gründlich getäuscht. Hanna Liebschel ist durch Nanga Parbats Tod nicht zusammengebrochen. Ihr Gesicht war bleich am Tag der Beerdigung, mit dunklen Rändern unter den Augen; aber sie trug ein buntes Kleid, bewegte sich unter den Leuten und sprach mit ihnen über alles Mögliche. Ihre Augen blickten traurig, aber nicht beunruhigt.
Am darauffolgenden Sonntagvormittag besuchte ich sie. In Liebschels Wohnzimmer herrschte nicht mehr das bunte Treiben, wie man es sich von einem orientalischen Markt vorstellt. Ein paar Getreue waren gekommen; aber der rechte Schwung wollte sich weder in der Geschäftstätigkeit noch im Gespräch einstellen. Sie gingen bald wieder, irgendeinen Vorwand als Entschuldigung vorbringend. "Geht schon in Ordnung", sagte Hanna. "Kommt, wenn es euch danach ist. Ihr wisst, wie Kurt darüber gedacht hat."
Was war eigentlich passiert? Weißt Du, wovor ich die größte Angst habe: vor der Erschlaffung, der Gleichgültigkeit.
Und Hanna geht an die Arbeit. Beim Ausmisten der Kaninchenställe singt sie auf weanerisch , dem das Sächsische und vor allem ein ganz eigener Ton die Melancholie nimmt: "Schau der den Blitz dort am Himmel an, ihm gehört der Augenblick. Um zu verlöschn, schlogt der wo ein, groad a so machts das Glück." Wenn ich Hanna begegne, schäme ich mich meines Verlustes an Heiterkeit, und ich sehne mich nach den Sonntagvormittagen bei Liebschels, als könnte ich Dich nur dort wiederfinden.
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