Ian McGanix
Mord für Anfänger
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Inhaltsverzeichnis
Titel Ian McGanix Mord für Anfänger Dieses ebook wurde erstellt bei
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Epilog
Impressum neobooks
Der Tag neigte sich seinem Ende entgegen, während Sophia vor dem Fernseher saß.
"Herzlich willkommen zu Ihren Lokalnachrichten. Wie immer haben wir heute für Sie ..." Sophia nutze das Einleitungs-Blabla des Sprechers, um ihr Glas aufzufüllen.
"Es gibt Neues im Fall van Hoortem ...", leitete der Sprecher mit bedeutungsschwerer Miene ein.
Seit Wochen berichteten diverse Sender und Zeitungen über den als Kinderschänder entlarvten Maic van Hoortem. Sein Doppelleben hatte er jahrelang vor seiner Frau geheim halten können. Sie wusste nichts davon, dass er wahllos Kinder verschleppt und verkauft hatte. Den Berichten zufolge hatte er Kleinkinder zur Adoption anbieten lassen und Teenager an Bordelle im Ausland verkauft – alle Altersklassen sind ihm zum Opfer gefallen. Darüber hinaus hatte er sich offensichtlich auch selbst an diversen Kindern vergriffen.
Nun aber würde man ihm den Prozess machen. Sophia, die selbst keine Kinder hatte, fand dass Maic van Hoortem mindestens für den Rest seines Lebens hinter Gitter gehörte.
Ihre beste Freundin Emma hingegen hatte härtere Strafen im Kopf.
"Na, mit dem sollte man das machen, was er den armen Kindern angetan hat! Oder ihm gleich sein bestes Stück abschneiden. Und zwar ohne Betäubung."
Emmas Worte hallten Sophia just in diesem Moment durch den Kopf, als der Sprecher verkündete: "... muss die Verhandlung aufgrund eines Verfahrensfehlers verschoben werden. Bis zum nächsten Verhandlungstermin wird Herr van Hoortem ..."
Sophia saß wie gelähmt vor dem Fernsehgerät. Vertagt – und dann kam er bis zum nächsten Verhandlungstermin auch noch frei. Das gab es doch nicht! Da hatte jemand über Jahre hinweg arme, unschuldige Kinder gekidnappt, verschleppt und verkauft und was sonst noch immer mit ihnen angestellt. Sophia wollte sich die weiteren Gräueltaten lieber nicht vorstellen. Und dann setzte man so einen Menschen einfach so auf freien Fuß.
"Frank!", rief sie ihren Mann.
"Fraaaaank!"
Immer noch keine Reaktion.
Wo steckte der Kerl denn nun wieder. Da gab es mal was wirklich Wichtiges und dann war er nicht da.
"Frank!", rief sie nun mit Nachdruck.
"Jaaaa", kam seine gelangweilte Stimme aus der Küche.
Himmel! Da war der Kerl direkt nebenan in der Küche und reagierte nicht einmal während sie sich hier die Kehle aus dem Hals schrie.
"Van Hoortem ist frei!"
Zu Sophias Verwunderung hatte sich ihr Mann sehr für den Fall van Hoortem interessiert. Auch er hatte ihn als pervers beschimpft und hatte, zu Sophias größter Überraschung, Emmas Meinung geteilt.
"Wenn du mich fragst, gehört so einer nicht hinter Gitter, um ein Leben bei freier Kost und Logis zu führen. Dem sollte man ganz andere Aufmerksamkeiten zuteil werden lassen", hatte er getönt. Und jetzt, da sie ihrem Mann dringend mitteilen wollte, dass eben dieser Mann, dem man ganz andere Aufmerksamkeiten zuteil werden lassen sollte , frei kam, stellte sich ihr Göttergatte in der Küche taub. "Was?!", kam es durch die Wand. "Maic van Hoortem wurde freigelassen!" Sophia rollte die Augen. Himmel, konnte er nicht einfach ins Wohnzimmer kommen. Immer diese Schreierei. Ihre Aufmerksamkeit richtete sich gerade wieder auf die Nachrichten als das Telefon klingelte. Sophia stieß einen Laut des Missfallens aus. Immer wenn man mal seine Ruhe haben will, hörte sie sich in Gedanken sagen. "Fraaaank! Telefon!", rief sie ihrem Mann durch die Wand zu. Sollte er doch gehen, schließlich hatte sie den ganzen Tag geputzt, gewaschen, gekocht und sich, ganz zu ihrem Missfallen, um den Garten gekümmert. "Geh du!", brüllte er ihr von der Küche aus zu. Dem Telefon war es offensichtlich egal. Es klingelte in schöner Regelmäßigkeit in einem ohrenbetäubenden Ton. "Ich sehe Nachrichten. Jetzt geh schon an das Telefon!" Für Sophia war das Thema damit beendet. Das Klingeln endete und Franks Stimme tönte gedämpft durch die Tür. "Tieffeld" "Hast du das eben gesehen?", dröhnte es aus dem Hörer. "Es ist doch nicht zu glauben. So eine Schweinerei. Also, wenn du mich fragst, dann gibt es keine Gerechtigkeit. Ich hoffe ja nur, dass den ein Irrer abknallt. Verdient hat der Dreckskerl das allemal. Was ist denn? Du sagst ja gar nichts." "Emma?", kam es fragend von Frank. "Mensch Frank! Du hättest auch gleich sagen können, dass du es bist. Los mach schon, gib mir endlich Sophia!" Frank nahm den Hörer vom Ohr und brülle in Richtung Wohnzimmer. "Sophia! Emma!", dann fuhr er, den Hörer ans Ohr haltend, fort, "Sie kommt gleich." "Verdammt, Frank! So hätte ich Sophia auch rufen können. Dazu hätte ich ja nicht mal ein Telefon gebraucht. Es muss schließlich nicht gleich der ganze Ort wissen, dass ich mit Sophia sprechen will." "Ja, ja ...", kam es gelangweilt von Frank, während er den Hörer neben das Telefon legte. "Emma?" Sophia sah Frank nach, als er in die Küche verschwand. "Hast du das gesehen? Hast du das eben gesehen? Ich kann es einfach nicht fassen. Dass man so etwas frei rumlaufen lassen kann? Ich fasse es einfach nicht. Kein Wunder, dass jeder macht, was er will! Wenn das unsere Rechtsstaatlichkeit ist. Pah! Das ist ja lachhaft." "Da sagst du was. Aber er ist ja nur bis zum nächsten Prozesstermin raus. Und wenn der Prozess weiter geht ..." "Ach Sophia! Jetzt sei doch nicht dumm. Der Mann ist auf freiem Fuß. Jetzt können doch alle Eltern wieder um ihre Kinder bangen. Wer weiß, was der sich jetzt ausdenkt. Du kennst das doch aus den Krimis. Da ahnt man nichts Schlimmes und dann ... Oh man, mir wird schon ganz anders." "Jetzt beruhig dich wieder. Hier kommt er doch nicht her", versuchte Sophia ihre Freundin zu beruhigen. "Ach! Was – bitteschön – macht dich denn da so sicher? So einer muss doch immer wieder neue Gebiete erschließen, in denen er auf Kinderjagd gehen kann. Das ist wie bei den Eroberern. Die haben die Indianer in Amerika auch Stück für Stück ... oh ... ich mag mir das gar nicht vorstellen." "Dann tu es auch nicht. Außerdem ist Amerikas Eroberung überhaupt nicht mit den Gräueltaten eines Kinderhändlers zu vergleichen." "Schänder! Kinderschänder! Sophia. Man kann das, was der Mann getan hat, ruhig beim Namen nennen. In den Nachrichten beten sie das ja auch immer alles so emotionslos runter. Pah! Da sollte mal einer auf den Tisch hauen und Tacheles reden. Dann wüssten auch mal alle, was für ein Dreckskerl der ist." Emma hatte den Fall in allen Sendungen und Zeitungen verfolgt und sich regelmäßig über die Berichterstattung beschwert. "Was gibt's denn sonst Neues?", versuchte Sophia das Gespräch auf ein anderes Thema zu bringen. "Ach, Tom will unsere alte Jauchegrube abreißen. Wofür das gut sein soll, weiß ich auch nicht. Aber der muss ja, auch immer was zum Abreißen und aufbauen haben. Unser Elias ist schon völlig genervt. Der befürchtet schon, dass er seinem Vater helfen muss.“ Emma lachte. „Ich habe Tom ja gleich gesagt, dass er sich das aus dem Kopf schlagen kann. Stell dir vor: Da hat er mir doch seelenruhig erzählt, dass er die Grube abreißen will, und guckt mich so auffordernd an! Ne, ne, mein lieber Mann, habe ich da gesagt. Du brauchst dir gar nicht erst überlegen, dass deine brave Frau da Hand anlegt.
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