(2)Gute Organisation vermeidet praxisintern Stress, Ärger, Frustration und Demotivation.
(3)Mit einem funktionierenden Gefüge lässt sich die Arbeitsproduktivität deutlich verbessern: Praxisteams erledigen mehr Aufgaben in höherer Qualität, ohne hierfür einen größeren Arbeitsaufwand betreiben zu müssen. Auch die Häufigkeit von Flüchtigkeitsfehler nimmt deutlich ab.
(4)Patienten sind aufgrund der so entstehenden Reibungslosigkeit deutlich zufriedener, zudem ist ihre Versorgung insgesamt besser als in Organisations-defizitären Praxen.
(5)Eine gut funktionierende Organisation ist in Konkurrenzsituationen ein entscheidender Wettbewerbsvorteil, da sie sich schnell herumspricht und für eine intensive Patientenbindung bzw. einen starken Patientenzulauf sorgt.
(6)Und nicht zuletzt profitiert das Praxisergebnis von einem Organisations-Feintuning: Arztpraxen, in denen die Strukturen und Prozesse professionell analysiert und umfassend optimiert wurden, haben in Relation zu vergleichbaren Praxen, die auf diese Prozesse verzichten, ein im Durchschnitt 25% besseres Betriebsergebnis.
1.2 Organisationsmängel in Arztpraxen: Unvermeidliches systemimmanentes Massen-Phänomen oder menschliches Versagen?
Ob es um die Länge der Wartezeit geht, die Schnelligkeit, einen Termin bei Fachärzten zu erhalten oder um den steigenden Arbeitsdruck von Praxisteams: kein Thema wird im Hinblick auf Arztpraxen so intensiv diskutiert wie die Praxisorganisation. So vehement diesbezüglich die Forderungen von Patienten nach Verlässlichkeit und Kalkulierbarkeit gestellt werden, so eindeutig sind für Praxisteams die sie entschuldigenden Gründe wie zunehmende Bürokratisierung oder zu hohe Ansprüche der Patienten. Hinzu kommt der Verweis darauf, dass Organisations-Probleme in fast allen Praxen auftreten und sie damit eine Art unvermeidliches systemimmanentes Massen-Phänomen darstellen. Diese Denkhaltung führt dazu, dass auch fortwährender Patientenkritik an der Organisation keine besondere Bedeutung zugemessen wird. Die Konsequenz ist gleichzeitig aber auch, dass die praxisinterne Stressbelastung und ihre negativen Konsequenzen wie Ärger und Konflikte bis zum Burn-out fortbestehen.
Organisations-Defizite kommen i. d. R. aus dem Praxis-InnerenEine Meta-Analyse von mehreren hundert Valetudo Check-up „Praxisorganisation“-Untersuchungen widmete sich der Beantwortung der Frage, was Betriebe mit funktionierender Organisation von anderen unterscheidet. Das Resultat: unzureichende Organisation beruht zum größten Teil auf falschen praxisindividuellen Steuerungskonzepten. Dabei können äußere Einflüsse wie z. B. die steigenden Dokumentationspflichten ausgeschlossen werden, da sie für alle Betriebe verbindlich sind und Praxisteams mit effizienten Abläufen diese aktiv berücksichtigen statt die Organisation unverändert zu lassen.
1.3 Der Organisations-Status quo deutscher Arztpraxen
In Arztpraxen werden gegenwärtig – über alle Fachgruppen und Praxisformen bzw. –größen betrachtet – durchschnittlich nur 46,8% der für eine reibungslos funktionierende Praxisorganisation notwendigen Regelungen und Instrumente eingesetzt. Die hieraus resultierende Patientenzufriedenheit erfüllt lediglich 58,3% der Anforderungen und Wünsche. Und selbst in Betrieben, in denen die Teams akut keine Beeinträchtigung ihrer Arbeit verspüren, existieren häufig organisatorische Risikofaktoren, die mittel- bis langfristig zu Problemen führen. Etwa 60% der Gründe, die Patienten an Arztpraxen kritisieren, beziehen sich auf organisatorische Probleme, 80% der Anlässe, die praxisintern Hektik, Stress und Ärger verursachen, beruhen auf organisatorischen Defiziten.
Nach Aufbau und Ablauf differenzierenInteressant ist, dass sich die Defizite in Praxisbetrieben - unter dem Aspekt der Aufbau- und Ablauforganisation untersucht - durchaus unterschiedlich verteilen: - 39% der Arztpraxen mit Defiziten zeigen deutliche Schwächen in beiden Bereichen, - bei 37% sind hauptsächlich die Abläufe defizitär und bei den übrigen - 24% stehen Fehler im Aufbau im Vordergrund. Die Defizit-Strategien
Praxen, die zur letztgenannten Gruppe gehören, sind daran erkennbar, dass die Medizinischen Fachangestellten Routinen entwickelt haben, die ihnen ein „Überleben“ im Arbeitsalltag sichern. So funktioniert die Organisation in den Grundzügen, ist aber weit von einem Optimum entfernt. Zudem stören immer wieder Kompetenzstreitigkeiten und Konflikte die Pseudo-Balance.
Betriebe mit einem Ablauf-Defizit improvisieren ihren Arbeitsalltag, ein Arbeitsfluss kann aber nicht entstehen, da häufige Doppelarbeiten, Flüchtigkeitsfehler oder das Vergessen von Tätigkeiten für Störungen sorgen. In diesen Praxen ist die Patienten-Unzufriedenheit besonders groß.
Fallen beide Probleme zusammen, resultiert hieraus ein tägliches Chaos, an das sich jedoch alle Beteiligten im Lauf der Zeit gewöhnt haben, einschließlich der Patienten. Die Arbeitsproduktivität derartiger Praxen ist jedoch um mehr als die Hälfte geringer als in Best Practice-organisierten Teams.
Dennoch haben erst 32% aller Ärzte bislang eine Organisationsanalyse durchgeführt. Mediziner, die sich hingegen mit dem Thema „Organisation“ systematisch beschäftigen, stoßen im Mittel auf 18 Verbesserungsmöglichkeiten für Strukturen und Abläufe. Als direkte Folgen steigen - -neben der eigenen Entlastung - die Zufriedenheit und die Weiterempfehlungsbereitschaft der Patienten.
1.4 Das „Geheimnis“ guter Organisation
Landläufig wird in Arztkreisen davon ausgegangen, dass Kollegen, deren Praxisorganisation vorbildlich funktioniert, diesen Zustand kostenintensiv mit Hilfe von Beratern, Coaches und Seminaren erreicht haben. Doch das ist eine Fehleinschätzung: die Erfolge der Organisations-Best Practitioner beruhen auf einem simplen, mit „Bordmitteln“ realisierbarem Ansatz: sie kümmern sich systematisch im Team um die Organisation und sehen die Optimierung als Prozess. Das bedeutet im Detail:
(1)systematisch: der Arbeitsalltag wird nicht - wie meist üblich - als gegeben akzeptiert, sondern grundsätzlich in allen Details im Hinblick auf ihre Eignung überprüft (2)im Team: alle Mitarbeiterinnen und Ärzte
besitzen den Willen und die Bereitschaft zu Veränderungen,
sind in die Überprüfung einbezogen und
tauschen regelmäßig ihre Eindrücke, Erfahrungen und Anregungen vorbehaltlos aus.
(3)prozessbezogen: die Organisationsentwicklung erfolgt im Wissen, dass
nicht einmalige Veränderungen zu besseren Strukturen und Abläufen führen, sondern ein kontinuierliches Monitoring notwendig ist und dass
auch Veränderungen stets in ihrer Eignung zu überprüfen sind.
Und noch ein Aspekt ist wichtig: eine reibungslos funktionierende Organisation wird nicht durch einige größere Umstellungen bei Abläufen und Strukturen erreicht, sondern durch eine Vielzahl kleinerer Veränderungen. Es existiert also keine „große Lösung“, die auf einen Schlag zu einer Optimierung führt, sondern es ist notwendig, die Details des Praxismanagements zu überprüfen und anzupassen.
Werden die Anregungen der Patienten und die praxisinternen Erfahrungen bzw. Ideen konsequent erhoben und umgesetzt, lässt sich innerhalb eines Dreivierteljahres ohne Unterstützung von außen und ohne große Beeinträchtigung der täglichen Praxisarbeit ein an die Praxisbelange adaptiertes, voll funktionsfähiges Organisationssystem implementieren.
2 Analyse der Praxisorganisation
Um mit geringstmöglichen Aufwand einen maximalen Verbesserungs-Effekt erzielen zu können, ist es zunächst notwendig, eine systematische und umfassende Erhebung des Organisations-Istzustandes durchzuführen. Die folgenden Ausführungen zeigen, welche Aspekte hierbei zu berücksichtigen sind. Hilfreich kann auch unterstützend eine Benchmarking-Ferndiagnose der Organisation sein..
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