„Das Mädchen will ja auch mal was von der Welt sehen“, nickt Oma Lotte.
„Denk mal dran, wie es dir letztes Jahr ging. Du wolltest auch mal weg von zu Hause.“
„Zu Hause, ja.“
Seine Kiefermuskeln spannen sich an, was ich nicht deuten kann.
„Wie lange seid ihr beiden denn schon ein Paar?“, fragt die Oma weiter.
„Ach, wissen Sie …“, fange ich an, sehe aber im Augenwinkel, dass Alexander kurz den Kopf schüttelt und lasse ihn fortfahren. Gespannt auf seine Antwort.
„Eine Woche, Oma, ist noch ganz frisch.“
„Och“, freut sich die Oma, „da musst du sie aber gern haben, wenn du sie mir schon vorstellst. Manchmal merkt man sofort, ob es passt. War bei meinem ersten Mann auch so, bei Alexanders Großvater hat es länger gedauert. Aber die Tewaags sind ausdauernd, das sag ich dir. Die geben nicht so schnell auf.“
„Scheint mir auch so.“
Ich sehe zu meinem neuen Freund, den das keineswegs peinlich berührt. Bewundernswert!
„So, Oma, jetzt entführe ich dir meine Freundin, wir wollen das schöne Wetter noch für einen Spaziergang nutzen.“
Oma Lotte steht auf und kommt zu mir, während ihr Enkel flink den Tisch abräumt und das Geschirr in die Spülmaschine räumt.
„Das ist ja so schön, dich kennen zu lernen. Sind so viele Mädchen im letzten Jahr in seine Wohnung geschlichen, die ich nie richtig gesehen habe. Das muss ja nicht sein. Ich habe ihm gesagt, dass ihm das auf Dauer nur Kummer macht, sich immer wieder mit neuen Mädchen einzulassen …“
„Ist ja gut, Oma.“
Alexander hat die letzten Worte gehört und drückt die Oma kurz. „Ich habe mir deine Worte zu Herzen genommen.“
„Das weiß ich doch, mein Junge. Dann telefoniere ich gleich mit deiner Mama und deiner Tante und wir sehen uns heute Abend.“
Ich verabschiede mich herzlich. Die kleine Oma habe ich richtig ins Herz geschlossen, sie erinnert mich an meine eigene, die schon zehn Jahre tot ist. Lottes Enkel greift einen Weidenkorb auf dem eine zusammengerollte Sofadecke liegt und verfrachtet diesen in den Kofferraum. Dann fahren wir in die Altstadt, über die Flussbrücke und zu einem kleinen Parkplatz, den ich gar nicht kannte. Er ist von Büschen umsäumt und von der Straße aus gar nicht zu sehen. Die Parknischen gehören wohl zu der Wohnsiedlung, aber nur vier der zwölf Parklücken sind für die Anwohner reserviert.
„Ich will dir ein schönes Plätzchen am Flussufer zeigen, das ich beim Joggen entdeckt habe. Hoffentlich ist es noch nicht belegt.“ Alexander holt den Korb aus dem Kofferraum und schließt das Auto ab. Er geht Joggen? Na egal.
„Heute sind unsere Chancen wahrscheinlich gut. Nachdem es drei Tage geregnet hat, werden zwar viele Leute spazieren gehen, aber die wenigsten picknicken heute. Und um ehrlich zu sein, Alexander“, der Name kommt mir zum ersten Mal über die Lippen, „habe ich so viel gegessen, dass ich nichts mehr herunterbekommen werde.“
Er grinst. „Schauen wir mal. Alexander, so, so. Gefällt dir also besser als Kitt.“
„Ich habe dich noch nie mit Kitt angesprochen. Finde den Spitznamen ziemlich albern. So‘ne typische Thomas-Idee. Ich hieß mal zwei Jahre lang Pitti-Platsch, weil er meinte, ich würde watscheln wie eine Ente!“
Das bringt ihn heftig zum Lachen. „Gut, Kompromiss: Alex.“
Darauf kann ich mich einlassen: „Alex.“
Ich nehme seine ausgestreckte Hand und wir gehen wie ein echtes Pärchen den Fahrradweg entlang.
Eine Viertelstunde wandern wir vor uns hin, weichen Fahrradfahrern und apportierenden Hunden aus. Hier am Fluss nehmen es die wenigsten Hundebesitzer mit der Leinenpflicht ernst. Schließlich biegt Alexander in einen Weg ein, den ich bisher noch nie bemerkt habe. Dabei gehe ich immer mal wieder mit Rike und ihrem Collie Franka hier spazieren. Wir entfernen uns ein ganzes Stück vom Fluss. Hier wachsen wilde Erdbeeren, die noch nicht reif sind und Waldmeister. Ein herrlicher Geruch. Die Bäume sind stark vermoost und nur wenig Sonne schimmert durch die Kronen hindurch. Für einen Moment denke ich, wenn er mich entführen wollte, würde mich niemals jemand finden. „Er hat schon einiges angestellt“, höre ich Rikes Worte. Doch ich fühle mich unglaublich wohl in seiner Nähe. Er breitet die Sofadecke auf dem Klee aus und streckt sich lang darauf aus. Auf seine Geste lasse ich mich nicht lange bitten. Ich ziehe den Blazer aus und lege mich neben ihn. Auch die allmählich kneifenden Ballerinas streife ich ab. Mit dem Zeigefinger streife ich seine glatte Wange:
„Und ich dachte, heute würden wir den Punkt: ‚Hast du schon einen Mann mit Drei-Tage-Bart geküsst?‘ abhaken.“
Wir küssen uns lange und hingebungsvoll, bevor er antwortet.
„Unmöglich, dann hätte Oma mich nicht mitgenommen.“
„Willst du etwa behaupten, dein alter Bart sei erst drei Wochen alt gewesen? Wirklich? Das ist ja ein heftiger Bartwuchs.“
Alexander zeigt mir sein Profil und hebt das Kinn: „Wenn du genau hinsiehst, kannst du den Stoppeln beim Wachsen zusehen.“
Ich muss kichern, was ihn zu freuen scheint.
„Heute haken wir etwas anderes ab …“, flüstert er geheimnisvoll und küsst mich wieder. Langsam knöpft er meine Bluse auf und legt Tines trägerlosen weißen BH frei. Ich verspanne mich. ‚Nicht anfassen‘, piepst eine Stimme in meinem Kopf ganz leise, aber bestimmt. Bevor sie lauter werden kann, hebt er seine Hand von meiner Brust und küsst meinen Hals, massiert meinen Nacken und saugt schließlich an meinem Ohrläppchen. Es ist wie verhext, mir ist schwindlig, die Stimme verschwindet und ich grabe meine Finger in seine Nackenhaare. Minute um Minute vergeht so, bis ich plötzlich einen Windhauch auf meiner Haut fühle. Meine Brüste sind nackt und die Nippel recken sich vorwitzig in die Höhe. Entgeistert schnappe ich nach Luft.
„Wenn nun jemand kommt?“
„Es kommt niemand“, beruhigt mich Alex sanft, als ich den Stoff eilig zusammenraffen will.
„Nicht, lass! Lass die Sonne deine Brust streicheln.“
Er ist von mir weggerückt und sieht mich nur an. Mein wirres Haar und die offene Bluse.
„Hat die Sonne schon mal deine wunderbaren Brüste gesehen?“
Ich schüttele den Kopf und atme tief durch. Natürlich habe ich mich schon mal rasch hinter den Büschen am Stausee umgezogen, aber niemals, niemals habe ich mich nackt in die Sonne gelegt. Sein Blick liegt forschend auf mir, als erwarte er, dass ich diese Mutprobe nicht bestehen kann. Das spornt mich an. Ich recke das Kinn vor und ziehe die Bluse komplett aus. Mein Busen ist klein und fest und ich weiß nicht, ob er ihm gefällt, aber ich weiß, dass ihm meine Entschlossenheit imponiert.
„Und jetzt?“
„Jetzt genieße die letzten Frühlingstage.“
Er legt sich zurück und verschränkt die Arme hinter dem Kopf. Ich tue es ihm nach.
„Und du?“
„Ich könnte mein Glied raushängen lassen, aber ich glaube, das sieht lächerlich aus und nicht wild und sexy wie bei dir.“
Wild und sexy? Na dann.
„Erzähl mir lieber, wohin es mit uns gehen soll …“
„Darüber mache ich mir keine Gedanken. Ich genieße einfach deine bockige Art, deine spitze Zunge und dein helles Lachen. Und wie ich gerade bemerkt hab‘, bin ich auch absolut scharf auf deine Titten. Bisher hat mich noch nichts an dir enttäuscht.“
Wir schweigen eine Weile und sehen in den Himmel. Die Sonne streichelt meine Wangen, den Hals und die Schultern, die Brüste und den Bauch. Noch immer prickeln meine Lippen von seiner Berührung und ich fühle mich zufrieden und entspannt. So hatte ich mich vor zwei Wochen im Schwimmbad fühlen wollen, aber es war mir nicht gelungen, loszulassen, die Kontrolle abzugeben.
„Warum lässt du dich auf mich ein?“ Er rollt sich auf einen Ellenbogen und sieht auf mein Gesicht hinunter.
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