„Kannst du mir nicht die Adresse deines Schönheitschirurgen geben? Ich bin ganz verzweifelt… Das kannst du nicht verstehen?... Aber hallo! Du bist 10 Jahre jünger und siehst noch sehr attraktiv aus. Ich mit meinen 64 Jahren finde mich entsetzlich, wenn ich mich im Spiegel ansehe… Nein, ich übertreibe nicht. Die Falten haben derartig zugenommen. Auch der Busen ist viel zu schlaff geworden. Sicherlich der Grund, warum ich Georg total gleichgültig geworden bin… Das glaubst du nicht? Er ist so oft wie möglich nicht zu Hause…Eine andere Frau? Komisch, das glaub ich nicht… Übrigens ist er nicht der einzige, dem ich egal bin. Meinst du etwa, auf der Karibikinsel hätte sich irgendein Mann mal nach mir umgedreht...Du fragst, warum Georg mich überhaupt geheiratet hat? Ich war wirklich hübsch früher, und er steht auf schönen Frauen. Zu Anfang waren wir auch ein Super-Paar… Du hast Recht. Das ist schon sehr lange her. Aber ich sage dir, wenn ich wieder hübscher aussehe, wird sich alles ändern. Ich kann ihm ja sonst nichts bieten.“ Daraufhin drang ein heftiges Schluchzen an sein Ohr.
Tief verunsichert und übernächtigt tritt er an den Frühstückstisch, an dem Yvonne schon Platz genommen hat. Er schaut aufmerksam in ihr Gesicht, sieht ihr Make-up und das breite Goldcollier um ihren Hals jetzt mit anderen Augen. Vielleicht ist es nicht nur ihre Luxussucht, sondern der angestrengte Versuch, die Anzeichen ihres Alters zu verbergen, fällt ihm jetzt ein. Das Knallrot ihrer Seidenbluse kommt ihm wie ein Hilferuf vor. Doch das gerade entstandene Mitgefühl hält sich nicht lange, sondern bald schaut er wieder auf sie wie auf eine lästige Fremde. Seine Vorbehalte haben sich schon seit Jahrzehnten in sein Bewusstsein gestanzt, sodass schon sehr viel geschehen müsste, bis sie sich auflösen.
Er schneidet sich ein Brötchen auf, lässt sich die Butter, die Marmelade und den Lachs reichen und zögert nicht, nach ein paar Floskeln über die jüngsten politischen Skandale sie wie vorbereitet anzulügen. Er müsse noch einmal in die Staaten, um ein Geschäft zu Ende zu bringen. „Das passt ja prima, ich wollte sowieso ein paar Wochen nach Ibiza, Du weißt doch, wie sehr ich das Mittelmeer liebe. Hast doch nichts dagegen?“ überspielt sie ihre kleine Enttäuschung, denn eigentlich hatte sie gehofft, er würde ein paar Tage länger in Hamburg bleiben.
„Natürlich nicht. Wenn es dir Spaß macht…“entgegnet er fast mit gelangweiltem Ton.
Als er seine Sachen packt, ist er nicht recht bei der Sache, und auf dem Weg zum Flughafen macht er um ein Haar einen Unfall. Erst im zweiten Flieger kurz vor der Landung im Mittelwesten der USA versucht er sich wieder zur Ordnung zu rufen. Er versucht höflich auf die übergewichtige Frau neben seinem Sitz beim Aussteigen zu warten. Irgendwann wird auch sie das Aufstehen geschafft haben. Ein Griff zum Handgepäck und dann trottet er hinter den anderen Passagieren dem Ausgang zu. Endlich wieder frische Luft. Auf dem Weg zum Flughafengebäude schaut er kurz zum Himmel hoch. Nicht ein Stern ist in der tief schwarzen Nacht heute zu sehen. Ein Gewitter ist im Anzug. Erste Blitze erleuchten die Nacht. Georg beeilt sich, bevor der Regen auf ihn niederprasseln wird. Wieder die lange Prozedur beim Immigrationsschalter und dann an den Gepäckbändern. In der Nacht scheint alles noch viel länger zu dauern. Zum Glück erwischt er danach ein Taxi, das ihn zum Hotel bringt. Sogar auf dem kurzen Weg zum Hoteleingang wird er noch ganz durchnässt. Er muss zweimal klingeln, bevor ein verschlafener Nachtportier ihm schließlich öffnet. Hoffentlich ist dieser unschöne Empfang nicht ein böses Omen, fragt er sich auf dem Weg zu seinem Zimmer.
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