Göttin im Sommer und wallfahrtete dorthin, um an
ihrer Quelle zu beten und ihr Opfer darzubringen. Der
Name dieser Göttin hat sich noch in den böhmischen
Sagen beinahe unverändert erhalten. In ihnen erscheint
sie als die weiße gütige Jungfrau Lida, die im
Brunnen wohnt und nur in mondhellen Nächten hervorkommt,
um ihren Erlöser zu suchen. Noch immer
wallfahrtet man zu ihrem Brunnen, und bittet um Heilung
für die Kranken oder um Aufschluß über die
Zukunft. Insbesondere befragen sie Liebende, wie
bald man ihnen den Brautkranz winden werde.
Eine andere jungfräuliche Göttin der Böhmen war
die Göttin Děvana, die Tochter des Donnergottes
Perun und der Letnice. Der alte böhmische Glossator
Wacehrad vergleicht sie mit der Diana und die heutigen
Wenden kennen noch heute eine Waldgöttin, ein
schönes junges weibliches Wesen, welches mit einem
Geschosse versehen in den Wäldern umherstreift und
von ihnen Dziwica genannt wird. Die schönsten Jagdhunde
bilden ihre Begleitung und schrecken nicht nur
das Wild, sondern auch die Menschen, die sich um
die Mittagszeit im Walde befinden. Doch soll sie
auch in mondhellen Nächten das Geschäft der Jagd
betreiben. Auf diese Jagdgöttin bezieht sich wol die
Sage von der heidnischen Jungfrau zu Glatz, die
unten aus Prätorius mitgetheilt ist, so wie die Sage
von der Jägerin Scharka in Böhmen. Hanuš deutet die
Děvana als die Göttin des Lichtes. Im Winter ist das
Licht in trübe Wolken gehüllt, die Göttin Děvana ist
in dem Wolkenberge verbannt und harrt dort auf den
Erlöser, der sie im Frühlinge befreien soll. Daraus
sind die Sagen von den weißen Jungfrauen entstanden,
die im Berge wohnen und sammt den Schätzen,
die sie hüten, ihrer Erlösung harren, wie die Herzogin
Libussa im Felsen bei Kauřim. Hieher gehört auch die
Sage von der Jungfrau auf der Ringelkoppe und ihrem
Hemde, bei dessen Vollendung der jüngste Tag einbricht.
Jungfrau Lida.
(Panna Lida.)
Unweit von Zbirow liegt mitten in einem Walde unter
einer uralten Eiche die Quelle der Jungfrau Lida. An
der Eiche hängt ein Bild, worauf die Jungfrau Lida in
weißen Kleidern dargestellt ist. Unweit davon ist das
Kirchlein zur heil. Dobrotiva (Clementia).
An dieser Quelle soll vor uralter Zeit die Frau Lida,
auch die weiße, gütige (dobrotivá) Frau, mit ihren
Mägden lange Jahre hindurch gesiedelt haben. Das
Volk aus der Umgegend, arm oder reich, kam zu ihr
und erflehte von ihr mancherlei Gutes und erholte sich
Rathes. Kranke wuschen sich mit dem Wasser der
Quelle und wurden gesund. Christliche Priester sollen
sie aber später in den Brunnen gebannt haben und nun
kommt sie zuweilen aus demselben hervor und bittet
die Leute, sie zu erlösen. Ein Priester aus dem Kloster
Clementia, sagt man, soll der Glückliche sein, der die
Erlösung vollbringen wird. Bei ihren Lebzeiten gieng
sie einmal durch diesen Wald. Da kam ein Ritter zu
ihr und fragte sie, ob sie ihn liebe, sonst müsse er sie
tödten. Sie sagte: Ja. Da kam ein anderer Ritter und
fragte sie ebenfalls, ob sie ihn liebe. Die Jungfrau
aber sagte: Wie kann ich dich lieben, wenn ich schon
einen andern liebe. Da drohte er ihr mit dem Tode. In
der Angst sagte sie auch dem zweiten, daß sie ihn
liebe. Da nahmen sie die beiden Ritter und rissen sie
entzwei und theilten sich redlich in die beiden Hälften.
Noch bis auf den heutigen Tag hängt an jener
Eiche ein Bild, worauf diese Begebenheit dargestellt
ist.
Aus der ganzen Umgegend wallfahrten die Leute
nach dem Brunnen der panna Lida. Wenn die Pilger
von Zbirow auf den heiligen Berg nach Přibram wallfahrten,
halten sie sich stets beim Brunnen der weißen
gütigen Jungfrau Lida auf, verrichten daselbst ein
Gebet und waschen sich mit dem Wasser Augen,
Hände und Füße. Auch schnitzt man aus grünen
Zweigen Kreuze und läßt sie in den Brunnen fallen.
Bleibt das Kreuz oben schwimmen, so bedeutet es,
daß man in demselben Jahre am Leben bleibt, sinkt
das Kreuz zu Boden, so ist das ein Zeichen, daß man
in diesem Jahre stirbt. Jünglinge und Jungfrauen winden
auch Kränzchen und loßen, ob sie im selben Jahre
noch heirathen werden. Man schöpft auch das Wasser,
um kranke Menschen oder krankes Vieh damit zu
waschen und zu heilen. Diese Lida oder weiße Frau
soll in den Wäldern und Feldern um Zbirow als
Nachtgespenst die Leute, welche sich verspätet haben
oder im Freien herumschwärmen, nach Hause treiben.
(Maria Krafnetter aus Přibram, vergl. Krolmus,
Staročesk. pověst. II. 561.)
Die weiße Frau von Waldek.
1.
Ein herrschaftlicher Knecht pflegte nach Todtenmaut
um Holzkohlen zu fahren, und wie er bei Waldek vorüberfährt,
erscheint ihm am Wege die weiße Frau. Er
fragt sie: Wer bist du? Sie antwortet: »Die weiße
Frau.« Woher? »Von Waldek.« Was verlangst du?
»Daß du mich erlösest.« Da fieng der Bursch sich zu
fürchten an. Als dies die weiße Frau sah, sprach sie
zu ihm: »Fürchte dich nicht« und gab ihm ein Geldstück
in die Hand und verschwand. In der Folge zeigte
sie sich ihm immer wieder, unterredete sich mit ihm
und wenn sie ihm nicht erschien, ließ sie ihm ein
Geldstück am Brunnen der Lida liegen. Als sie ihm
zum letztenmal erschien, bat sie ihn dringend sich
nicht zu fürchten, und um Mitternacht an den Brunnen
der Lida oder nach Waldek zu kommen; sie würde
ihm dankbar sein und reichliche Schätze verleihen. Er
aber schlug es ihr ab. Sie aber bat ihn nur noch dringender,
sie zu erlösen. Erst als er ihr es zum drittenmale
abgeschlagen hatte, erwiederte sie: »So muß ich
noch länger verwünscht sein. Mich wird Niemand erlösen,
als ein Priester aus dem Kloster der heiligen
Jungfrau Clementia und der wird rothhaarig sein.«
Hierauf verschwand sie unter Weinen vor seinen
Augen.
2.
Die weiße Frau pflegte ihre Kleider selbst zu waschen
und zu trocknen. Einmal nahm ein Schafhirte bei
Waldek ihr das weiße Kleid, das sie sich zum Trocknen
aufgehängt hatte; sie aber raubte dem Hirten zwei
Schafe und behielt sie bei sich. Als nun der Hirt weinend
nach Waldek kam und die Schafe suchte, erschien
sie ihm wieder und sprach: Jüngling, du erhältst
deine Schafe nicht früher zurück, als bis du mir
das Kleid zurückgegeben hast. Der Schafhirte lief
nach Hause, holte das Kleid und legte es an denselben
Ort, wo er es genommen hatte. Hierauf fand er seine
Schafe wieder. (Krolmus, Staročesk. pověst. II, 161.)
Der Brunnen der Jungfrau Lida bei Podmokl.
An den Gränzen der Pürglitzer und Zbirower Herrschaft
unter dem Berge Lipa ist gleichfalls ein Brunnen,
der Lida genannt wird. Auch zu diesem Brunnen
wallfahrten die Leute aus der Umgebung von Podmokl
bei Tag und bei Nacht, um sich dort Heilung zu
holen oder über ihre Zukunft zu loßen. Die Kranken
waschen ihre Glieder mit dem Wasser des Brunnens
und hängen das Linnen, das sie dabei benützt, an
einem Baume daneben auf. Dann verfertigen sie ein
Kreuz aus Ebereschenholz und werfen es in den Brunnen,
um zu erfahren, ob sie an dieser Krankheit sterben
werden. Einst soll vom Zbirower Schlosse oder
vom Sweteckaer Berge eine Ente bis in diesen Brunnen
geschwommen sein.
Nicht weit von dem Brunnen bei der Mühle stand
eine Linde mit einem Muttergottesbilde. Bei dieser
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