Es gibt dazu das bekannte gleichnamige Buch von Frank Farrelly. Interessant ist: Er war Sozialarbeiter und arbeitete mit Carl Rogers, dem Vater der „non-direktiven Therapie“ in der gleichen Klinik in kritischem und wohlwollendem Dialog.
Der Helfer ist hier nicht nur (im Sinn der non-direktiven Haltung) ein ebener Spiegel des Klienten, ein Zerrspiegel, indem er übertrieben, vergrößert Widersprüche reflektiert, doch ohne zu lenken.
In den folgenden Text habe ich paradoxe und provokative Interventionen eingebaut:
Es geht jetzt um ein ernstes Thema: Den Humor.
Es scheint, sogar Gott hat Humor. Nur solche, die sich für göttlicher als Gott halten, haben manchmal keinen.
Was jetzt kommt, ist paradox... Bitte lesen Sie hier nicht weiter. Es stimmt einfach nicht, was hier steht. Und was ab jetzt kommt, verstehen Sie auch nicht. Natürlich lesen Sie jetzt weiter. Und erst recht.
Die paradoxe Intervention fordert das Gegenteil heraus. Der Helfer sagt etwas "Falsches", sogar etwas "Verrücktes". Der Klient widerspricht. Besonders wenn er einer ist, der immer sofort widerspricht, so wie Sie. Nicht? Schon wieder widersprochen.
Macht nichts. Paradoxe Interventionen nutzen ja den Widerspruch konstruktiv. Wenn der Ratgeber etwas völlig Verkehrtes sagt, widerspricht der Klient und sagt dabei aus Versehen selbst das, was hilft. Manche Therapie wirkt so, zumindest bei manchen, aber nie bei Ihnen. Ihre Widerspruchsneigung ist unbezwingbar.
Eine paradoxe Frage ist: "Was können Sie tun, damit Ihr Symptom schlimmer wird?"
Es gibt unfreiwillige paradoxe Interventionen: Jemand wurde wegen eines Gefühlsausbruchs in eine Klinik verfrachtet. Dort sah er einiges... und wollte gleich wieder weg. Von da an ging es ihm besser... Ein heilsames Erschrecken macht uns manchmal bereit für die Suche nach einer Lösung.
Allerdings befürchte ich, dass Sie für so was schon viel zu alt sind? Oder noch zu jung?
Wir alle wenden bewusst oder unbewusst paradoxes Reden an. Hast Du einmal zu jemand gesagt "Ja ja..."- und was hast Du dabei gemeint?
Wenn ein Therapeut eine Therapie abbricht oder eine längere Pause empfiehlt, dann ist das auch manchmal eine paradoxe Intervention. Es schickt Sie zu Ihrer Verantwortung zurück, aus der Kind-Rolle in das Erwachsensein. Manchmal sind dadurch "Wunder" geschehen.
Die paradoxe Intervention führt zum Ernst der Sache. Der "Ist-Zustand" wird als Karrikatur durch einen prägnanten Satz drastisch deutlich gemacht.
Ein Beispiel aus meiner Muttersohn- Abteilung: "Sag mal zu Deiner Mama: Ich bin der bessere Mann für dich!" Kann er dann so weitermachen wie bisher?
Scriptanalyse und Story-telling
Viele Menschen haben als Kind ein Lieblingsmärchen, eine Lieblingsgeschichte, ein Buch das sie bewegt, eine Filmfigur oder eine Gestalt aus der Bibel, deren Leben sie fasziniert.
Es scheint dass diese Figur etwas aussagt über einen Grundplan, den jeder Mensch für sein Leben hat. Wenn wir einen Klienten nach dieser Geschichte fragen, erfahren wir etwas über den innersten Grundgedanken seines Lebens.
Die Scriptanalyse wurde durch Eric Berne begründet.
Manchmal gelingt es, für den Klienten das Märchen zu entlarven (falls es eine Lüge enthält) und umzudichten, so dass sein Leben lebenswerter wird.
Ich selbst lese gerne heilsame Geschichten und schreibe auch selbst welche – und am hilfreichsten sind sie, wenn sie uns über das enge „Gut – und -Böse“ -Denken hinausführen. Das Glück beginnt jenseits von Gut und Böse. Im praktischen Teil dieses Buches sind viele solche Beispielgeschichten.
Manche therapeutisch wirksame Märchen oder Phantasiegeschichten haben schon ein Leben viel mehr verändert als es rationale Erklärungen könnten. Man denke auch an große Lehrer und Meister der Menschheit wie die Propheten des Alten Testaments, Jesus, Mohammed, Buddha, Laotse – sie haben so viel in Bildern gesprochen.
Entspannung und Hypnotherapie
Jede Therapie gelingt am besten in Ruhe und Entspannung. Da kommt man aus dem Tunnelblick heraus und schaut in die Weite.
Darum fragt ein guter Therapeut am Anfang nicht zu viel über Diagnose, Symptome oder Probleme. Es kann sehr entspannen wenn man nicht über sehr persönliche Dinge sprechen muss. Manchmal sprechen wir darum sozusagen über „Gott und die Welt“, die Familie, Hobbys, schöne Erinnerungen, über alles was hilft oder geholfen hat.
Wir schauen also auf die Kraftquellen. (Wer gern Fremdwörter mag kann auch sagen, das ist „Ressourcen-orientierte Therapie“.) Auch viele Selbsthilfegruppen arbeiten so mit Erfolg.
Sehr bekannt und weitverbreitet und auch als Zusatzverfahren bei uns von den Krankenkassen anerkannt sind die 2 Entspannungsverfahren „Progressive Muskelentspannung nach Jacobson“ und das „Autogene Training“. Das erste unterscheidet sich vom zweiten dadurch, dass vor dem Entspannen die Muskeln 5 Sekunden lang bewusst angespannt werden, also „Entspannen mit Anlauf“.
Diese Übungen, die etwa eine halbe bis eine Stunde dauern, kann man verbinden mit einer „geführten Meditation“, einer Phantasiereise in die Natur und zu Menschen die man liebt. In den positiven Bildern und Erinnerungen sind verschlüsselte Lösungen enthalten.
Oft gelingt ein Gespräch besser nach einer solchen Übung. Manches löst sich dabei fast von selbst. Danach meinen Sie vielleicht. sie hätten geschlafen, oder Ihr Therapeut. Wer weiß, was da in der Tiefe Ihres Unbewussten passiert ist. Später werden Sie es merken, an den Veränderungen in Ihrem Körper, in Ihrem Blick, wie Sie die Welt anders sehen und wie ihnen die anderen anders begegnen.
Als Unterstützung der Therapie ist es gut, regelmäßig an Entspannungs- oder Achtsamkeits- Gruppen oder Meditationen in Gruppen teilzunehmen. Viele haben sich damit erstaunlich gut weiter entwickelt.
Wer das Entspannen regelmäßig unter Anleitung übt, lernt mit der Zeit, sich immer besser auch allein zu entspannen - erst in der Ruhe, und dann auch im Sturm.
Hypnose oder Hypnotherapie ist fast das gleiche wie eine tiefe Entspannung. Das eine geht in das andere über. Das Wort kommt von dem griechischen „hypnos“, das ist der Schlaf.
Aber keine Angst, in Hypnose schläft man nicht wirklich, und sie hat nichts zu tun mit irgendwelchen Show-Veranstaltungen. Im Grunde passiert schon eine kleine Hypnose durch eine nachdenkliche Redewendung! Viele schöne Beispiele dazu finden wir in den Büchern des bekannten Psychiaters Milton Erickson, des Begründers der modernen klinischen Hypnose.
Wer vor diesem Wort Angst hat, dem hilft es, zu wissen: Wir haben uns schon die ganze Zeit selbst hypnotisiert durch seltsame Ideen oder das endlose und geistlose Geplapper im Fernsehen oder unser eigenes. Die Therapie holt uns da endlich heraus.
Wenn Hypnose mit systemischem Wissen zusammenwirkt, sprechen wir von „hypnosystemischen Interventionen“. In späteren Kapiteln werden Sie Beispiele davon finden, die Sie selbst über die fachliche Information hinaus persönlich bereichern, und auch heilsam auf Menschen wirken werden, an die Sie denken.
(Dieser Satz wart auch schon eine kleine hypnosystemische Intervention. Gemerkt?)
Energetische Therapie, Körpertherapie, EMDR
Wer tiefsinnig ist, der ahnt, dass die eigentlichen kraftvollen Wirkungen einer Therapie mit geistiger Kraft zu tun haben und nicht mit Worten. Darauf beruhen die „energetischen“ Therapieformen.
Der Begriff „somatic experiencing“, körperliches Erfahren, stammt aus der Traumatherapie Peter Levins. Er beschreibt es in seinem Buch „Sprache ohne Worte“.
Dazu gehört die Vorstellung dass die Energie eines Traumas im Körper, besonders in unseren Muskeln, gespeichert ist. Wilhelm Reich, ein Schüler Freuds, sprach von einem „Charakterpanzer“. Wenn wir in Atem- und Entspannungsübungen uns in Körperstellen hineinfühlen, wo eine Verspannung oder ein Schmerz zu bemerken ist, und uns vorstellen, dorthin Wärme und Licht zu senden, löst sich der Schmerz aus dem Körper heraus und wird wieder als seelischer Schmerz spürbar. Durch Bewegungsübungen und tiefes Atmen kann sich die Verhärtung heilsam auflösen, ohne dass wir uns unbedingt noch einmal an das Trauma erinnern müssen.
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