1980er
Etwa ab Mitte der 1980er teilte sich der Heavy Metal in einzelne Substile auf, die alle unter dem Begriff Metal zusammengefasst wurden. Heavy Metal bezeichnet seither nur noch die ursprüngliche Form dieser Musik.
Die Band Motörhead um das einzige konstante Mitglied Lemmy Kilmister, die auf Punk-, Hard-Rock-, Blues-Rock- und Rock-’n’-Roll-Einflüsse zurückgreift, und die Band Venom mit der für damalige Maßstäbe hohen Aggressivität ihrer stark punk-beeinflussten Musik und ihrem plakativen satanistischen Image erweckten die Aufmerksamkeit der Szene und wurden Vorreiter stilistisch extremer Metal-Strömungen; während Venoms Debütalbum Welcome to Hell einerseits „die Suche nach mehr Brutalität richtig ins Rollen“ brachte und ihr zweites Album Black Metal einer gleichnamigen Strömung ihren Namen gab, wurde die Musik der Band gleichzeitig auch in Teilen der Szene als Lärm untalentierter Musiker empfunden.
1982 veröffentlichte die dänische Band Mercyful Fate ihre gleichnamige erste EP; die Band verarbeitete Einflüsse aus dem Progressive Rock, dem epischen Hard Rock der 1970er Jahre und dem traditionellen Heavy Metal und sorgte durch ihr „gehobenes Tempo, eine aggressive Leadgitarre, packende Harmonien, rhythmisch variables Songwriting und diese düstere Atmosphäre, die Demon und Witchfinder General blass aussehen ließ“, mit ihrer EP „nach nur einem Jahr gemeinsamer semi-professioneller Demoaufnahmen für Furore“. Während Diamond seine satanischen Texte später „auf ein wesentlich höheres sprachliches Niveau bringen“ sollte, war Nuns Have No Fun „nicht weniger explizit als der frühe Venom-Stoff“. Mercyful Fates Sänger King Diamond wurde darüber hinaus für seinen Gesang im Falsett und die Verwendung einer frühen Form des Corpsepaint bekannt. Die Band setzte Bühneneffekte wie die „explodierende Nonne“ am Ende von Auftritten oder das brennende Kreuz bei einem Auftritt in Amsterdam um 1983 ein; bei einem Auftritt hielt die Band auf der Bühne eine Schwarze Messe ab, für die sie das Blut ihres Managers Ole Bang nutzte.
Den ursprünglichen Heavy Metal an Geschwindigkeit und Aggressivität übertreffend, entwickelten sich in den USA der vom Hardcore Punk und Bands wie Venom und Motörhead beeinflusste Thrash Metal und der Speed Metal mit Bands wie Megadeth, Slayer, Metallica, Exodus oder Anthrax. Als erstes Speed- und Thrash-Metal-Album gilt Kill ’Em All von Metallica. Mit ihren folgenden Alben stiegen ihre Popularität und ihr Ansehen, gleichzeitig entfernte die Band sich aber ab dem dritten Album Master of Puppets vom Thrash Metal. Ihr fünftes Album Metallica und vor allem die darauf enthaltene Ballade Nothing Else Matters verschaffte der Band außerhalb der Szene eine enorme Popularität. Metallica gelten mit ihrem ausgesprochen großen Erfolg in der öffentlichen Wahrnehmung oft als der Inbegriff des Metal selbst, obwohl sie Mitte der neunziger Jahre durch die Veröffentlichung zweier dem Alternative-Genre zuzuordnender Alben viele bisherige Fans aus der Metal-Szene verloren. Einen weiteren Klassiker des aggressiven Thrash Metal schufen Slayer mit Reign in Blood, das als einer der Höhepunkte des Genres gilt. Durch ihr Kokettieren mit Okkultismus und teilweise auch Nazisymbolen erhöhten sie auch die Messlatte für Provokationen deutlich.
In Europa entwickelte sich in den 1980er Jahren vor allem in Deutschland eine relativ umfangreiche Szene, wobei sich Hamburg und das Ruhrgebiet als kulturelle Zentren etablieren konnten. Kreator, Destruction und Sodom sind beispielsweise die bekanntesten Vertreter des deutschen Thrash Metal, welcher zunächst unabhängig vom US-amerikanischen entstand und sich gegenüber dem meist glatter produzierten Metal aus Amerika durch seine größere Rauheit auszeichnete. Auf der anderen Seite begründeten Helloween, Blind Guardian und Gamma Ray den europäischen Power Metal. Ebenfalls melodiöser klingt der vom britischen Progressive Rock beeinflusste Progressive Metal, begründet von den US-amerikanischen Bands WatchTower, Fates Warning und Queensrÿche. Aufgrund ihrer wegweisenden Alben To mega therion (1985) und Into the Pandemonium (1987) werden die Schweizer Celtic Frost – deren stilistische Entwicklung von einer Thrash-Metal-Grundlage ausging – im Rückblick mitunter als erste „Avantgarde-Metal“-Band betrachtet, inspirierten mit ihren Experimenten jedoch – neben vielen anderen Bands – insbesondere auch die schwedischen Symphonic-Metal-Vorreiter Therion.
Parallel zum aggressiven Thrash Metal und Speed Metal etablierte sich in den 1980ern von den USA aus der Glam Metal (auch abwertend Hair Metal, Poser Metal oder Cock Rock genannt). Er übernahm musikalische Elemente des Metal und verknüpfte sie mit dem Auftreten und Image des Glam Rock. Die bekanntesten Vertreter dieser Richtung sind Alice Cooper, Poison, Mötley Crüe sowie Bon Jovi. Die Musikrichtung dominierte die Mainstream-Charts bis zum Aufkommen des Grunge Anfang der 1990er, unter dessen Popularität auch die des Metal allgemein litt.
Aus dem Thrash Metal entwickelte sich wenig später der Death Metal mit Bands wie Paul Speckmanns Bands Master und Death Strike, Possessed, die Band Death des als „Godfather of Death Metal“ geltenden Chuck Schuldiner, Morbid Angel, Deicide und Autopsy, deren Musik noch aggressivere Züge trug. Florida wurde sehr bald als „Mekka“ des Death Metal weltweit bekannt. Ab Ende der 1980er veröffentlichten dort ansässige Bands wie Morbid Angel, Deicide, Death und Obituary stilprägende Alben. Besonders Deicide und Morbid Angel bauten sich ein Image als satanistische Bands auf. In New York formierten sich Cannibal Corpse, die einige Jahre später nach Florida auswanderten und ähnlich wie Autopsy mit brutalen Artworks und Splatter-Texten aufwarteten und Suffocation, die eine starke Gewichtung auf technischen Death Metal legten. Europäischer Death Metal wurde vor allem aus Schweden und England bekannt.
Ende der 1980er vermischte die Szene, die den Thrash Metal bis auf wenige Bands wie Slayer verdrängte, sich mit der aus dem Punk entstandenen Grindcore-Szene, als Musiker aus Metal-Bands Mitglieder von Grindcore-Bands wurden bzw. selber Grindcore-Bands gründeten und so ihre musikalischen Einflüsse aus dieser Musikrichtung einbrachten, und bestehende Grindcore-Bands Elemente aus anderen Stilen in ihre Musik einbrachten und umgekehrt die von ihnen behandelten gesellschaftsbezogenen Themen in den Death Metal, der sich mit ursprünglich todesbezogenen Themen beschäftigte.
In Lateinamerika wurden Bands wie Sepultura, Sarcófago, Vulcano oder Krisiun aus Brasilien bedeutende Vertreter des extremen Metal. In Osteuropa entstand noch zu Zeiten des Eisernen Vorhangs eine Metal-Szene mit den Schwerpunkten Thrash Metal (Kat, Kruiz, Shah), Death-/Thrash Metal (Vader, Krabathor) und Black Metal (Root, Törr, Master’s Hammer, früher Behemoth).
Ab 1990
Als zu Anfang der 1990er die Ära des Hairspray Metal im Zuge der Grunge-Welle schnell endete, hatten auch die anderen Metal-Stile den Zenit ihres Erfolges überschritten. Angesichts des Rückzuges des Metal in den Untergrund titelte das Rock-Hard-Magazin sogar: „Ist der Metal tot?“. Der Mainstream wurde von nun an von Pop, Techno, Contemporary R&B und Hip-Hop dominiert. Im Untergrund setzte jedoch gleichzeitig eine Stilexplosion ein, wobei sich die skandinavische Metal-Szene als dominierend erwies.
Als Gegenbewegung zum populär werdenden Death Metal und in Anlehnung an ältere Bands wie Celtic Frost und Bathory bildete sich ab den späten 1980er Jahren eine internationale Untergrund-Szene. Aufmerksamkeit erregte dabei insbesondere die Black-Metal-Szene Norwegens, die sich ab 1991, nach dem Suizid des Mayhem-Sängers Per Yngve „Dead“ Ohlin, um Mayhems Gitarristen Øystein „Euronymous“ Aarseth und dessen Schallplattenladen Helvete formierte. Der theistische Satanist Euronymous prägte das Gedankengut des Black Metal entscheidend und gilt daher als „Vater“ der Bewegung, mit Bands wie Darkthrone, Immortal, Emperor und Burzum, und Initiator der sogenannten „zweiten Welle des Black Metal“. Anfang bis Mitte der 1990er erlangte diese Szene öffentliche Aufmerksamkeit vor allem aufgrund von Kirchenbrandstiftungen, mit denen Varg Vikernes von Burzum gegenüber der Zeitung Bergens Tidende prahlte, und extremen Interview-Aussagen. Als Ende der damaligen Szene wird die Ermordung Euronymous’ durch Vikernes angesehen, der sich vom Satanismus ab- und einer rechtsextremen Auslegung des Neuheidentums zuwandte. Im Mainstream erlangte von den norwegischen Black-Metal-Bands trotz der Kommerzialisierung ihrer bekanntesten Vertreter ab Mitte der 1990er Jahre nur Dimmu Borgir eine gewisse Bekanntheit – wie auch Cradle of Filth aus England wird sie vom Untergrund jedoch als „untrue“ angesehen, da sie sich dabei stilistisch und ideologisch vom traditionellen Black Metal entfernte. Diese Bands werden daher dem Dark Metal zugeordnet.
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