Michael Helmschneider
Orgasmus gegen Taschengeld
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Inhaltsverzeichnis
Titel Michael Helmschneider Orgasmus gegen Taschengeld Dieses eBook wurde erstellt bei
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Impressum
Kapitel 1
Todmüde fiel ich in mein Bett. Charly, der schnarchend neben mir lag, schlief bereits seit geraumer Zeit, nachdem er sich im Badezimmer die Seele aus dem Leib gekotzt hatte. Heute Abend waren 15 Flaschen Wein, 13 Flaschen Bier und zwei Flaschen Schnaps getrunken worden. Und das von acht Personen. Insgesamt hatten wir heute Abend zwölf Gäste eingeladen, von denen jedoch vier so gut wie gar nichts getrunken hatten. Ich selbst war eine Person aus diesem Quartett gewesen, da ich als Gastgeberin nüchtern bleiben wollte. Dafür hatte mein holder Gatte Charly umso mehr getrunken, was dazu geführt hatte, dass ich mich nach der Party ganz alleine darum kümmern musste, unsere Gäste wieder aus dem Haus zu bekommen. Als ich unsere letzten Gäste zur Haustür eskortiert hatte und gähnend zurück in die Küche ging, konnte sich Charly kaum noch auf den Beinen halten. Das war, bevor er die erste Reise mit dem Porzellanbus unternahm. Drei weitere folgten.
Nachdem ich mich abgeschminkt und mir die Zähne geputzt hatte, ließ ich mich in mein Bett fallen. Ich knipste meine Nachtischlampe aus, kuschelte mich unter meine Bettdecke und starrte in den dunklen Raum. Das war er also gewesen – mein 45. Geburtstag. Andere Frauen verreisten an solchen Tagen mit ihren Partnern, genossen den Tag ihres Wiegenfestes an einem sonnigen Strand und hatten dann am Abend auf dem Hotelzimmer Sex, dass die Wände wackeln. Und was hatte ich: Eine dreckige Küche, in der sich Berge von schmutzigem Geschirr türmten, einen Esszimmertisch, auf dem es aussah wie auf einem Schlachtfeld, und im Schlafzimmer einen besoffenen Ehemann, der gerade ganze Wälder zu roden schien.
Ich begann, in meinen Erinnerungen zu kramen. Als ich süße 15 war, hatte ich Charly im Kino kennengelernt. Vier Fäuste gegen Rio war der Film, in den mich meine beste Freundin Bianca damals geschleppt hatte. Sie schwärmte für Terence Hill, auch wenn er wie so oft an der Seite von Bud Spencer irgendwelche Idioten verprügelte und hirnlose Sprüche von sich gab. Eine Reihe hinter uns saßen Charly, der damals 17 war, und sein Kumpel Herbert, die sich während des Films dumm und dämlich lachten, während ich jede Viertelstunde gelangweilt auf meine Armbanduhr blickte. Dass ich mich nach dem Film von Charly anquatschen und auf eine Cola einladen ließ, führte dazu, dass ich mit 25 zweifache Mutter und mit 35 bereits das Interesse meines Mannes verloren hatte. Warum weiß ich auch nicht. Ich war weder hässlich noch ungepflegt, und schon gar nicht prüde. Charly hingegen gingen die Haare aus, sein Hinterteil und vor allem sein Bauch wurden größer, und wenn er am Abend von der Arbeit nach Hause kam, interessierte er sich nur noch für den Fernseher. Sex hatten wir vielleicht noch einmal pro Quartal, wenn überhaupt. Und in den vergangenen anderthalb Jahren lief zwischen Charly und mir überhaupt nichts mehr. Dabei liebte ich Charly nach wie vor, und es hätte mir auch nichts ausgemacht, wenn er mit Glatze und Bierbauch nackt auf mir gelegen wäre. Aber an der körperlichen Liebe schien mein Mann komplett das Interesse verloren zu haben. Ob er eine andere hatte? Eine jüngere vielleicht? Vielleicht verausgabte er sich in seiner Arbeit mit einer blutjungen Praktikantin oder mit seiner Sekretärin, und war dann für den Rest des Tages erledigt. Nein, das konnte ich mir nicht vorstellen! Oder er hatte seine homosexuelle Ader entdeckt und traf sich heimlich mit einem Lustknaben, der es ihm so geil besorgte, dass Sex mit Frauen für Charly nicht mehr in Frage kam. Doch auch das konnte ich mir bei meinem Charly nicht vorstellen.
Egal was Charlys Beweggründe für seine sexuelle Lethargie waren: Ich war derselbigen noch nicht verfallen und ich hatte keine Lust mehr, wie eine Nonne zu leben. Ich hatte heute meinen 45. und nicht meinen 95. Geburtstag gefeiert, und ich fühlte mich einfach noch viel zu jung, um dem Sex zu entsagen. Doch wie sollte das gehen, fragte ich mich? Ich konnte Charly schließlich nicht zum Sex zwingen. Dabei fiel mir ein, dass ich mit ihm noch nie darüber gesprochen hatte, dass wir seit geraumer Zeit keinen Sex mehr praktizierten. Wie würde er reagieren, wenn ich ihn darauf ansprechen würde? Würde er gähnen, den Kopf schütteln, wortlos ins Wohnzimmer gehen und sich wieder vor seinen Fernseher setzen? Oder würde er aus allen Wolken fallen und mich als sexsüchtige Psychopatin beschimpfen? Ich wusste es einfach nicht. Doch ich nahm mir fest vor, ihn darauf anzusprechen. Morgen war Sonntag, der Tag, an dem wir lange und ausgiebig frühstückten. Sobald unsere Kinder sich vom Frühstückstisch erheben würden, würde ich ihn auf dieses Problem ansprechen, nahm ich mir vor. Mit einem Lächeln auf meinem Gesicht schloss ich die Augen und fiel in einen tiefen Schlaf.
Kapitel 2
Als Charly gegen 9.30 Uhr schlaftrunken in die Küche gewackelt kam, hatte ich schon alle Arbeiten erledigt. Der Geschirrspüler lief heute bereits zum zweiten Mal, die leer getrunkenen Flaschen von gestern hatte ich sortiert und zum Abtransport in eine Klappbox gestellt, und der Esstisch war ebenfalls wieder sauber und lud zu einem neuen Mahl ein.
Unser Sohn Matze saß am Frühstückstisch und durchblätterte gelangweilt die Tageszeitung. Matze war das Ebenbild von Charlys Vater Karl-Heinz, eine Sache, die mich immer wieder faszinierte. Hätte es sich bei den Fotos, die meinen Schwiegervater als 23-jährigen Jüngling zeigen, nicht um schwarz-weiß Fotografien gehandelt, wüsste man nicht, wer von beiden auf dem Foto zu sehen ist: Karl-Heinz Rieling oder sein Enkel Matthias Rieling.
Matzes Schwester, unsere 21-jährige Tochter Nadja, sah niemandem aus der Familie ähnlich. Meine beste Freundin Bianca hatte schon mehr als einmal gescherzt, mit wem Nadja wohl mehr Ähnlichkeit hatte: Mit dem Postboten oder mit dem Klempner. Klempner – Rohre verlegen; jetzt wusste ich wieder, was mir gestern Abend im Bett gekommen war und worüber ich heute mit Charly sprechen wollte.
„Schläft Deine Schwester noch?“ fragte ich Matze, der gerade die Todesanzeigen in der Zeitung studierte. Mein Sohn begann zu grinsen. „Sagen wir’s mal so: Sie liegt noch im Bett, schlafen tut sie allerdings nicht mehr.“ Charly, der gerade die Portionskaffeemaschine bediente, blickte Matze stirnrunzelnd an. Erst jetzt erinnerte ich mich, dass Nadjas Freund Nico nach der gestrigen Geburtstagsfeier über Nacht geblieben war. „Aha.“ sprach ich. „Und woher weißt Du das?“ Matze verdrehte die Augen. „Ich habe Ohren, Mama. Und meine Schwester ein sehr lautes Organ. Und: Mein Zimmer befindet sich direkt neben ihrem.“ Matze schob die Zeitung zusammen und legte sie wieder auf den Tisch. Er kippte den letzten Rest aus seiner Kaffeetasse hinunter und erhob sich vom Tisch. „Ich bin dann mal bei Leo.“ sagte er, und verschwand aus dem Esszimmer. Leo war Matzes Kumpel und der Ex-Ex-Ex-Ex-Ex-Freund von Nadja.
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