Inzwischen ist die Elterngeld-Bezugsdauer bei Männern auf durchschnittlich mehr als drei Monate gestiegen, was auch am Elterngeld Plus liegen dürfte. Dadurch kann der Elterngeld-Bezug gestreckt werden, wobei sich die monatlichen Transferleistungen entsprechend verringern. Es soll den Wiedereinstieg in Teilzeit und damit das berufliche Comeback einfacher machen. Wenn Mütter und Väter sich dann entscheiden, einige Zeit gemeinsam auf Teilzeit zu gehen (für vier Monate und das Ganze mit einem Kontingent zwischen 25 und 30 Wochenstunden), dann gibt es zusätzlich einen „Partnerschaftsbonus“ in Form von vier weiteren Elterngeld-Plus-Monaten. Man kann darin einen kleinen Anreiz für Väter sehen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch als ihr Problem zu betrachten und daher gemeinsam mit der Partnerin beruflich zumindest für eine gewisse Zeit einen Gang runterzuschalten. Das Karriereknick-Risiko könnte dadurch etwas gerechter verteilt sein.
In einer Allensbach-Umfrage im Auftrag des Bundesfamilienministeriums (2017) gaben zwei Drittel der befragten Väter an, dass sie sich für das Elterngeld Plus entschieden hätten, weil sie so ihre Partnerin besser unterstützen könnten als beim Standard-Elterngeld. Es war diesen Männern wichtig, dass die Familie-und-Beruf-Problematik auf beide Schultern verteilt wird. Und das lässt doch hoffen, oder? Von Gleichberechtigung am Arbeitsmarkt sind wir zwar trotz dieser staatlichen „Incentives“ noch meilenweit entfernt, aber immerhin: Die Einsicht, dass Kinderbetreuung und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch ein Männer-Thema ist, die scheint doch beträchtlich zu wachsen. Papa 1.0 dachte noch „Was hab ich als Mann und Ernährer damit zu tun?“, Papa 2.0 fand „Na ja, man müsste mal, man sollte theoretisch“ und Papa 3.0 sagt bereits „Ach, ich riskiere das jetzt, komme was wolle – Nur die Liebe zählt!“. Ich träume derweil von Papa 4.0, der sich die Kinderbetreuung mit seiner Frau teilt, weil es einfach das Normalste von der Welt ist und ein bisschen Teilzeit weder für ihn noch für sie jobtechnisch einem Spiel mit dem Feuer gleichkommt.
Früher war alles besser? Mit Blick auf die Zeit, die Väter mit ihren Kindern verbringen, kann davon keine Rede sein. In einer Studie, über die in der Fachzeitschrift „Psychologie heute“ berichtet wurde, haben die Wissenschaftlerinnen Judith Treas und Giulia Maria Dotti Sani (als Co-Autorin) von der University of California, Irvine, untersucht, wieviel Zeit Eltern mit ihren Kindern verbringen. Erfasst wurden Tagebuch-artige Aufzeichnungen von über 120 000 Eltern aus 11 westlichen Ländern, darunter Deutschland. Der Auswertung zufolge haben sich Väter 1965 gerade mal 16 Minuten pro Tag (im Schnitt) um das Kind bzw. die Kinder gekümmert. Am Ende des untersuchten Zeitraums, im Jahr 2012, waren es bei den Vätern dann laut Studie „schon“ 59 Minuten, also fast das Vierfache. Bei den Müttern hat sich der Wert „nur“ verdoppelt, aber natürlich auf einem ganz anderen, viel höheren Niveau. Aber gerade mal eine Stunde pro Tag aktiv mit dem Kind verbringen - ist das nicht auch noch ziemlich dürftig? In Deutschland wird der Durchschnittswert zwar höher liegen als in manchen anderen Ländern, zum Beispiel Frankreich, wo die Ganztagsbetreuung eine lange Tradition hat und viel mehr akzeptiert ist, aber selbst wenn er ein paar Minuten drüber liegt, im Vergleich mit den durchschnittlich drei Stunden täglichem Fernsehkonsum (Stand Juli 2018) bleibt da auf jeden Fall noch Luft nach oben.
How we want your mother: Wer entscheidet eigentlich, was eine gute Mutter ausmacht?
Ein wichtiger Schritt in Richtung Gleichberechtigung wäre getan, wenn Mütter ihre Prioritäten einfach so setzen könnten wie sie möchten, ohne ständig bewertet oder in Schubladen gesteckt zu werden. Ist es nicht durchaus nachvollziehbar, dass eine Frau sich von ihrer Schwangerschaft erstmal eine Weile erholen muss? Viele Mütter wollen ihr Kind stillen und zwar in Ruhe stillen. Stillen und Stille - da besteht ja möglicherweise ein Zusammenhang. Ob eine Frau dann nach acht Wochen, acht Monaten oder vielleicht auch gar nicht mehr in den Job zurückkehren sollte, das weiß sie selbst möglicherweise am besten. Aber eines steht fest: Eine Wahl sollte sie haben. Darauf hat auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hingewiesen, als er am 17. Januar 2019 in einer Feierstunde im Parlament das 100-jährige Bestehen des Wahlrechts für Frauen würdigte: „Erst wenn Frauen und Männer wirklich frei entscheiden können, wo sie die Prioritäten in ihrem Leben setzen wollen, ohne auf Beruf oder Familie oder gesellschaftliches Engagement zu verzichten, ist das Ziel erreicht. Die Familienarbeit und die Aufgaben im Haushalt müssten zwischen Mann und Frau gerechter verteilt werden.
Es gibt Mütter, die schon nach acht Wochen Mutterschutz, also sobald sie von Gesetzes wegen wieder dürfen, wieder im Job anfangen. „Krass!“, denke ich dann – um im nächsten Moment zu merken: Moment mal, du warst nach zwei Tagen zurück im Büro! Warum fällt mir bei einer Frau, die nach acht Wochen back on the scene ist, als erstes das Adjektiv „krass“ ein? Weil sie „die Frau“ ist? Hm, auch irgendwie krass. Als eine CDU-Familienministerin – erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik – schnellstmöglich auf ihr berufliches Podium zurückkehrte, ihr Baby zu Kabinettssitzungen in Berlin mitbrachte und in einem Nebenzimmer stillte, machte das bundesweit Schlagzeilen. Ein Raunen ging durchs Land nach dem Motto: „Muss das denn sein?“ In gewisser Weise ja, musste das sein. Kristina Schröder wies rückblickend in diversen Interviews immer wieder darauf hin, dass Bundestagsabgeordnete und Minister gar kein Recht auf Elternzeit haben, Schwangerschaften gewissermaßen gar nicht vorgesehen sind. Es war also ihre Pflicht, sofort zurückzukehren. Aber wie frau es macht, macht sie es falsch, hat man den Eindruck. Als sich Kristina Schröder verstärkt der Familie widmete und zumindest keine Ministerin mehr sein wollte, da war das vielen dann auch wieder nicht recht. Was das denn jetzt für ein Signal sei, hieß es. Oder dass sie der Aufgabe nicht gewachsen gewesen sei und so weiter. Tja, mal sei man eben die „Rabenmutter“ (zu wenig beim Kind), mal die „Latte Macchiato-Mutter“ oder auch einfach nur das „Heimchen am Herd“, machte sich die Ex-Ministerin, die inzwischen drei Kinder hat und immerhin noch Bundestagsabgeordnete ist, in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel Luft. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei ein Ringen „um den richtigen Weg“, so Schröder. „Würde dieser jeweils individuelle Weg auch allgemein respektiert, wäre schon viel erreicht“, schreibt sie. Und jeder könne dazu beitragen: „Indem wir wiederum Respekt vor allen Familienmodellen haben – und uns nicht anmaßen, nur jene Rollenkonstellationen für „modern“ zu halten, die wir selbst leben.“ Meine Rede: Leben und leben lassen!
Meine acht Wochen Elternzeit und was meine Frau daraus gemacht hat
Auch wenn die Zahl der Väter, die zumindest für ein paar Monate Elternzeit nehmen, beständig steigt: Was schreckt die anderen davon ab? Es ist die Angst vor Einkommensverlusten. Das sagten zumindest 60 Prozent und damit fast zwei Drittel aller Väter in einer Allensbach-Umfrage, über die das Magazin „Der Spiegel“ im August 2017 berichtete. 38 Prozent gaben an, sich vor beruflichen Nachteilen zu fürchten und fast ebenso viele erklärten, die Väter-Monate seien beruflich einfach schwierig zu organisieren. Immerhin: Nur jeder Zwanzigste gab an, dass das „für Männer ungewöhnlich“ sei, er das also quasi mit seiner Männlichkeit nicht überein bringen konnte. Diese Zahlen verwundern mich nicht. Auch ich hatte Angst vor beruflichen Nachteilen bis hin zum Jobverlust, da ich als Redakteur seit Jahren auf befristeten Verträgen saß.
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