„Wenn man etwas muss, dann ist es nicht mehr freiwillig“, sagte ich sanft. Wieder atmete sie tief ein.
„Meine Eltern hatten deine vor langer Zeit kennengelernt. Die Firma meines Vaters ist abgestürzt und dein Vater hat uns unter die Arme gegriffen. Leider half nichts. Damals war ich sieben. Wie machten immer mehr Schulden und trotzdem hat sich die Firma nach Jahren aufgelöst. Ich lebe immer noch in starken Schulden deines Vaters und als er mich nach Jahren wieder getroffen hat, hat er mir erzählt, dass er eine Frau für dich sucht. Er hat mich darum gebeten dich zu heiraten. Er hat gesagt, dass er alle Schulden wegfallen lässt. Es ist eine sehr hohe Summe, ich hatte Angst, nicht alles zahlen zu können bevor ich sterbe. Dann habe ich zugestimmt.. Es tut mir leid“, beendete sie leise ihre kurze Erklärung. Das kann nicht sein Ernst sein. Seit wann ist er so kaltblütig?
„Es muss dir nicht leid tun. Es tut mir leid für meine Eltern. Du musst mich nicht heiraten, wenn du nicht willst. Ich sorge dafür, dass du deine Schulden nicht länger bezahlen musst. Wir sind nicht von diesem Geld abhängig..“. Ich wurde von einem Klopfen an der Tür unterbrochen.
Ich stand schnell auf und öffnete dir Tür nur einen Spalt, statt wie sonst immer einfach ,herein´ zu rufen. Alia war an der Tür.
„Komm rein“, bot ich ihr an und trat zur Seite, aber sie lehnte ab.
„Tut mir leid für die Störung. Ich wollte nur Bescheid geben, dass Rislan und ich morgen mit Nassira shoppen gehen werden und schlaf du morgen nicht so lange, du gehst morgen mit Badr auch ein Paar neue Sachen kaufen. Übermorgen werdet ihr eure Heirat feiern mit Brautkleid und allem drum und dran. Es wird eine nur sehr kleine Hochzeit, gerade weil du Anonym bleiben willst. Gute Nacht, schlaft gut“
Ich atmete schwer aus und nickte dann. Ich bedankte mich und sie ging.
„Hast du alles gehört?“, fragte ich als ich zu ihr zurück lief und sie nickte.
„Wenn du nicht willst, musst du mich nicht heiraten. Selbst wenn wir übermorgen gefeiert haben, kannst du es immer noch abbrechen. Es tut mir leid, was mein Vater dir angetan hat. Eigentlich ist er nicht so“. Jetzt stand ich auf der anderen Bett Seite und schaute sie entschuldigend an.
„Es ist schon okay“, sagte sie kaum hörbar. Ist es nicht. Ich toleriere nicht unfaires.
„Du kannst dich schon schlafen legen. Es war ein langer Tag. Keine Sorge, ich werde auf der Couch schlafen“, sagte ich nehm einen Kissen vom Bett. Dann nahm ich eine Decke vom Schrank, weil ich nur eine große Decke auf meinem Bett hatte. Sie stand sofort auf und lief zur Couch, aber ich bemerkte sie erst, als ich mich umdrehte um die Decke abzulegen. Jetzt stand sie ganz Nah an mir und schaute mit ihren faszinierenden Bambi Augen zu mir auf.
„Ich werde auf der Couch schlafen, es ist dein Bett“, sagte sie wieder leise. Sie hat so verzaubernde Augen. So ein wunderschönes helles karamellbraun.
„Nein, ich finde es schon in Ordnung. Geh schlafen“, lächelte ich und legte die Decke in meiner Hand auf die große Couch.
„Ich komme gleich wieder. Gute Nacht“, sagte ich als ich sichergegangen bin, dass sie sich ins Bett legt. Dann dämmte ich das Licht und ging raus.
Mit direktem Weg lief ich auf Babas Zimmer zu und klopfte. Baba machte die Tür auf und schaute mich überrascht an.
„Darf ich kurz mit dir reden“
Er kam raus und schloss die Tür hinter sich: „Es geht um Nassira, hab ich recht“
„Ja Baba sie..“, fing ich aufgebracht an, aber er unterbrach mich: „Lass uns runter gehen“.
Schweigend liefen wir nebeneinander runter und liefen unten dann spazieren.
„Sie hat es mir erzählt. Wieso bringst du sie auf diese Art dazu mich zu heiraten. Natürlich ist das Zwang. Du hast sie gezwungen es freiwillig zu tun. Eigentlich bist du doch nicht so“, fing ich erneut an.
„Mein Sohn, wieso urteilst du so schnell? Wenn du doch weißt, dass ich nicht so bin, warum kommst du nicht in aller Ruhe zu mir und fragst mich? Du bist doch intelligent, warum kommst du aufgebracht zu mir statt mich nach dem Hintergrund zu fragen?“, fragte er mich seelenruhig und setzte sich auf die lange Couch.
„Erklär es mir bitte Baba, ich möchte es verstehen“, sagte ich fast schon flehend und setzte mich zu ihm.
„Vor 12 Jahren habe ich ihrer Familie geholfen, indem ich ihnen eine hohe Summe geliehen habe. Sie haben sich immer mehr Geld geliehen, so viel, dass ich Angst hatte selbst finanzielle Probleme zu bekommen, da wir zu dieser Zeit eine finanzielle unstabile Phase hatten. Ich habe irgendwann angefangen Zinsen zu nehmen, was ich bis heute noch bereue. Sie kamen in einen Teufelskreis der Schulden, in dem sie nicht mehr raus kamen. Als deine Mutter das erfahren hatte, hatten wir einen großen Streit, und erst dann habe ich gemerkt, was für einen großen Fehler ich gemacht habe. Ich bin zu denen gefahren und habe mich entschuldigt. Ich hatte einen Vertrag dabei, in dem stand, dass sie mir keinen Cent zurück zahlen müssen. Seit ein wenig mehr als einem Jahr bekommen wir jeden Monat pünktlich zum 1. Im Monat immer 500 Euro in den Briefkasten. Ich wollte unbedingt wissen woher es kommt, ich habe die Bodyguards dazu engagiert wache zu halten und nachzuschauen woher es kommt aber wir haben es nicht geschafft. Viel zu viele Menschen halten an unserem Briefkasten. Vorgestern war es wieder so weit, ich habe mich dieses Mal persönlich versteckt und den ganzen Tag den Briefkasten beobachtet. Ich habe Nassira gesehen und sie direkt aufgehalten. Sie wollte die Schulden ihrer Eltern in Raten abbezahlen, damit sie in Frieden sein können. Nassira ist so ein nettes Mädchen mit so einem reinen Herzen, ich kenne sie jetzt schon seit 12 Jahren und liebe sie mittlerweile wie meine eigene Tochter, die ich nie hatte. Sie hat sich sehr verändert seit dem letzten Mal als ich sie gesehen habe. Ich mache mir nur sorgen. Ich will doch nur, dass sie gut aufgehoben ist. Ich will nicht, dass diese verfluchten Schulden zurück gezahlt werden, aber ich weiß, dass Nassira sie weiter gezahlt hätte. Deswegen habe ich gesagt, dass alle Schulden beglichen werden seien, wenn sie dich heiratet. Ich habe sofort gemerkt, dass sie wieder etwas Ruhe fand mit der Idee. Ich will sie als Entschädigung wieder glücklich machen. Verstehst du jetzt mein Handeln mein Sohn?“. Ich nickte langsam. Es ergibt Sinn. Dass sie hier gut aufgehoben ist, bedeutet aber nicht, dass sie hier glücklich ist. Er stand auf und ich machte es ihm nach.
„Ich würde niemals etwas tun, was dir schaden könnte“, sagte er und nahm mich dann liebevoll in den Arm.
„Geh jetzt schlafen, Morgen wird ein langer Tag“. Ich nickte, wünschte ihm eine gute Nacht und machte mich dann wieder auf den Weg in mein Zimmer. Ich zog mich leise um, deckte dann Nassira richtig zu und schloss dann die Tür ab. Ich hatte mich so bemüht keinen Ton zu machen, aber die Tür war zu laut.
„Wieso schließt du ab?“, hörte ich ihre raue verschlafene Stimme leise.
„Damit dich keiner ohne Kopftuch sieht. Morgen früh kannst du wieder auf machen, Schlüssel steckt. Schlaf weiter“, erklärte ich und legte mich dann auch auf die Couch..
Nassira's Sicht
Morgens wachte ich auf und setzte mich erst mal auf. Ich rieb meine Augen und schaute mich um. Von heute auf morgen hat sich mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt. Gestern habe ich erst noch in einem Zimmer geschlafen, welches so groß war wie dieses Bett.
Leise, da Bilal noch schläft, stand ich auf und ging in Bilals Badezimmer, um dort die Gebetswaschung zu machen.
Bilal tut mir sehr leid. Er ist so ein guter Junge und ich komme und zerstöre sein Leben, weil er mich heiraten musste. Es frisst mich auf, ich hatte keine andere Wahl. Ich hätte es nicht mal geschafft Babas Schulden zu bezahlen, wenn ich es schaffen würde 100 Jahre alt zu werden.
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