Nachdem, weder Wölfe noch Pferde uns vor einer Gefahr gewarnt haben, haben die jungen Männer ein Feuer gemacht, um, wie sie sagten, uns die wilden, vierbeinigen Tiere fern zu halten. Das helle Feuer kann aber auch andere Gefahren heraufbeschwören, wie ungebetene Spitzbuben, egal welcher Rasse und Menschenart. Der letzte, der sich langlegte, hat noch einmal alles Holz auf das Feuer gelegt und wir schliefen dann auch bald ein. Wie lange wir heute Nacht wieder geschlafen haben, weiß ich nicht, denn die Sternenuhr war heute Nacht vor lauter Wolken am Himmel nicht zu sehen. Scheinbar will auch uns der Regen bald einholen! Thor und ein Pferd unserer jungen Leute haben uns durch ihr Plustern in den Nasenlöchern geweckt. Auch beide Wölfe haben bald mit ihrem leisen Jaulen die anderen munter werden lassen. Und ich habe zunächst die Lure herausgeholt und kräftig grässliche Laute von sich gegeben. Die Antwort hat nicht lange auf sich warten lassen. Ein Schwall von Pfeilen prasselte da hernieder, wo sie den Bläser vermuteten und das war um mich herum. Drei Pfeile haben mich tatsächlich getroffen, richteten aber keinen Schaden an, denn sie blieben wieder in meinem Lederpanzer stecken, der langsam immer enger wird. Ich habe daraufhin einige schreckliche Laute noch einmal geblasen, dass jeder Zuhörer meinen konnte, er bläst schon aus dem letzten Loch. Und da geschah etwas, was ich nie gehofft hätte, denn die Angreifer von eben, standen mit gespannten Bogen auf und marschierten auf uns zu. Zum Zählen war keine Zeit mehr, trotzdem schätzte ich sie auf rund zwanzig Angreifer. Ich ließ sie bis auf acht, neun Meter heran und rief dann laut Feuerfrei und sechs Pfeile haben unsrerseits ihr Ziel nicht verfehlt, denn Frederik hat mit seiner kleinen Gruppe auch schon darauf gewartet die Angreifer abzuräumen. Nur gut dass ich das schnelle nachladen und zielsicher zu schießen noch nicht verlernt habe. Das heißt, dass ich doppelt so schnell geschossen habe wie die andern, obwohl Frederik auch ordentlich flott und zielsicher schoss. Auch wir bekamen einige Pfeile zu spüren. Da sie von oben auf uns herabschossen, haben sie unsere Rückenpartien getroffen, die auch sehr schmerzhaft waren, besonders der Treffer in meine rechte Pobacke, zumal die Pfeilspitze scheinbar auch noch recht tief saß und die zweite Pfeilspitze blieb wieder im Brustpanzer stecken. Vor lauter Schießen habe ich über sehen oder überhört, dass von hinten ein Bandit, kräftig gewachsen, von hinten längs auf mich sprang, ohne es zu bemerken, dass da im Brustpanzer und in der Pobacke vier Pfeile steckten. Offensichtlich hatte er es nur auf meinen Hals abgesehen, den er zu packen bekam und ihn fest zusammendrückte. Doch ich lag mit meinen Beinen zwischen seinen und mit voller Wucht schlug ich mit meiner rechten Ferse in seinen Schritt und traf mit dieser voller Wucht sein kostbarstes, was ihn laut aufschreien ließ und er sich von mir, immer noch laut schreiend von meinem Rücken drehte. Da ich ja nicht wusste, ob noch welche Angreifer unterwegs vor uns oder nach uns sind, habe ich ihn einfach rucki zucki mit einem Wurfmesser abgestochen, was mir bald leid tat, denn er war der letzte von den verkommenen Gotischen Angreifern, den ich sicher noch auf die rechte Bahn hätte bringen können! Doch kaum, dass wir wieder eingeschlafen sind, hat es wieder in Dienstags Ecke geraschelt, was die Wölfe diesmal hat laut aufjaulen lassen. Auch wir waren wieder schlagartig munter. Nur gut, dass wir vor dem Einschlafen noch die verschossenen Pfeile, so weit wie möglich in der Dunkelheit eingesammelt haben, denn von Dienstags Seite schien Gefahr zu drohen. Nur gut, dass die beiden Gruppen nicht vereint angegriffen haben, dann wäre es sicher sehr eng für uns geworden und er uns bald wissen ließ, dass das seine Landsleute zu seien scheinen. Und er versuchte, als die ersten Gestalten aus dem Dunklen auftauchten sie anzusprechen: „Stoj, njet dalij“ „Halt, nicht weiter.“ Weiter kam er nicht denn eine Vielzahl von Pfeilen prasselten auf ihn und seine Jungen herab, die bei ihm waren, denen sie gerade noch entkommen konnten und Löcher in die Luft schossen, eines größer als das andere. Schade, dass er keinen Angreifer erkennen konnte! Ich versuchte auch die Angreifer zu irritieren, indem ich Stimmen von mir gab, die man dann von sich gibt, wenn man schon aus dem letzten Loch pfeift. Und siehe da, auch die andern unsrer Leute stimmten in diesen meinen Schwanengesang ein, was die Angreifer auf wenig Gegenwehr hoffen ließ. Und auch sie begingen den Fehler, den die Gruppe unserer verkommenen Leute heute Nacht schon mal begangen haben, auch sie erhoben sich, verließen somit ihre Deckung, zeigten volle Blöße und stürmten laut schreiend auf uns zu, denn wir waren bis auf einen, der die gegenüberliegende Seite beobachten sollte neun gute Schützen, von den wir nicht wussten, was das für Landsleute auf der Gegenseite sind. Auch wir schossen, was die Bogen hergaben, aber nicht stehend wie die Angreifer und damit uns schon mal ein sicheres Ziel boten; wir schossen immer noch im Liegen, was ihnen das Treffen mehr als erschwerte. Als keiner mehr von den uns gegenüber stand und auf uns schoss, schlich Dienstag rechts herum und ich links herum, um festzustellen, wer diese Angreifer waren, und ob da im Hintergrund noch eine Reserveeingreifgruppe auf den Eingreifbefehl wartet. Aber auch hier haben wir keine Reservetruppe gefunden und was das für Menschen waren, konnten wir bei dieser Dunkelheit nicht erkennen. Dienstag und ich waren uns schon mal einig, dass es weder seine und ich war mir sicher, dass es auch nicht meine Landsleute waren, die da jetzt ihr Ziel hier auf der Erde erreicht haben. Morgen Früh, bei Tageslicht werden wir sicher mehr wissen. Nachdem wir, so gut es ging, die Pfeile wieder eingesammelt haben, was heute schon zum zweiten Mal passiert ist. Dem Himmel habe ich wieder die Frage gestellt nach dem Warum, denn Platz für alle, die heute Nacht ihr Leben aushauchten, ist noch genug in dieser ach so schönen Welt! Und wissen die Leute wirklich nicht, dass hier in den Bächen der Reichtum liegt, den sie bei uns vermuten, und den sie doch auch selber aus den Bächen holen können; nur dann müssten sie auch einmal in das nasse Wasser steigen!
Heute Früh hat uns sachter Regen geweckt. Zunächst haben wir uns am Bach gewaschen und oberhalb unserer Waschstelle haben wir das heutige Trinkwasser geholt, haben den Toten die Taschen durchsucht, haben aber keinen Hinweis auf ihre Identität, oder sonst etwas Wertvolles gefunden, auch bei den Leuten, die Dienstag für seine Landsleute hielt, sie es aber nicht waren. Dienstag meinte, dass sie sicher zu einem Volk der Hunnen gehören, die noch blutrünstiger sind als meine Landsleute. Bei uns daheim erzählte man sich, dass diese Menschen auch gewisse Körperteile von ihren besiegten Feinden aßen und zuweilen ihr Blut in der Hoffnung tranken, besonders von dem ganz tapferen, starken Gegnern, die sie besiegten, dass die Kraft der Besiegten in sie übergehen möge und sich wunderten, wenn viele bald nach diesem Zeremoniell starben, denn sie wussten ja nicht, was für Krankheiten sie da von den Opfern sie mit getrunken und gegessen haben“, sagte er mir. Nachdem alle Toten zu einem Haufen zusammengetragen waren, haben auch wir ihre Taschen der restlichen Toten erfolglos durchsucht, um einen Identitätshinweis zu finden, sie mit einer dicken Schicht Laub zugedeckt und dann noch eine Schicht Reiser und dünne Zweige auf die Laubschicht gelegt, dass es nicht so leicht fortfliegen möchte. Ihre restlichen, noch herumliegenden Waffen haben wir eingesammelt, die Pfeile, die wir gefunden haben im Bächlein gereinigt, unsere Köcher aufgefüllt, den Bach nach Goldfischen abgesucht, sie verstaut, die Pferde gesattelt und beladen und wollten unsern Ritt in Richtung Heimat weiter fortsetzen. Doch da wieherte Thor einige Male ganz laut, gerade so, als ober er eine liebessüchtige Stute hier irgendwo spüren würde. Und das Echo auf seinen Lockruf war ganz enorm.
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