In der Küche wird dem aufgetischten Abendessen gut zugesprochen, als Isa Tessa einen Vorschlag macht. „Was hältst Du von einem Mädchentag?” „Mädchentag?”
„Mädchentag!” „Ist hier ein Echo?”
„Wieso Mädchentag?” Christian fühlt sich ausgeladen.
„Bist Du ein Mädchen?”
„Seh’ ich so aus?”
„Eben, Du siehst nicht so aus, also mußt Du beim Mädchentag auch nicht mitreden.” Christian verzieht es die Mimik.
Damit wendet sich Isa wieder Tessa zu. „Hast Du Lust?” Eigentlich wollte Tessa ja diesen sagenhaften Martin suchen, aber ein Mädchentag wäre gar nicht so schlecht. „Darf Corinne mitkommen?”
„Ist das Deine Freundin?”
„Ja, vom Leuchtturm.”
„Oh, wie interessant. Natürlich darf sie mitkommen.”
„Aufpassen”, geht Christian dazwischen, „Corinne stibitzt Badehosen.”
„Ach ja? Das wird ja immer interessanter. Hat sie Deine auch schon mal …?”
„Sehe ich so aus?”
„Jaaa”, stellen Isa und Tessa im Duett fest und geben sich daraufhin lachend die Hand.
„Sehr witzig, Ihr Zwei” müffelt Christian und kaut etwas säuerlich weiter.
„Hast Du Angst morgen allein zu sein, Brüderchen? Kannst Dich doch mit Jan amüsieren. Wir Frauen wollen auch mal unter uns sein.” Tessa unterstreicht diese Feststellung mit einem sehr wichtigen Gesichtsausdruck und Isa denkt sich, „Die ist richtig.”
Christian hingegen kommt bei der Aufforderung, sich mit Jan zu amüsieren, leicht ins Schleudern, weiß er doch, daß Jan sich zur Abwechslung gern mal mit ihm amüsierte, trotz des wundervollen Angebots knackiger Mädchen. Er weiß einfach nicht, ob er dem nachgeben soll. Käme ihm damit ein anderer, der bekäme einfach nur die Fresse voll, aber Jan … Hielte das ihre Freundschaft aus, die ihm so viel bedeutet? Und wer, zum Donnerwetter, hat ihn bei der Bildhauerin so irre gut verwöhnt? Er hatte kein Parfüm wahrgenommen, aber mit den beiden Röhrchen in der Nase? Und dann das Zeug, mit dem er eingerieben worden war? Das roch so komisch, hat vielleicht alles andere überlagert. Grobe Hände hatten ihn nicht berührt, aber was heißt das schon. Jedenfalls hatte sich eine Person auf dem Anwesen befunden, die zumindest bei diesem meisterhaften Verwöhnen sich nicht zu erkennen gegeben hatte. Dafür gab es vermutlich einen triftigen Grund, aber welchen? Jan hätte es ihm doch hinterher triumphierend gestehen können, Kristin ist sicher nicht scheu und Sigrun? Könnte sie heimlich zurückgekommen sein? Sie hatte gut geduftet, als sie am Eingangstor an ihm vorbeigegangen war, Das würde er wiedererkannt haben. Wie Jan riecht hat er schon länger im System. Christian will unbedingt wissen, wer dieser heimliche Genußmensch war. Das muß doch …
„Hej, Christian! - Eh, Mann, wo bist Du mit Deinen Gedanken?”
„Was, wie?” Christian muß sich kurz besinnen. Ach ja, Mädchentag. Er ist ausgeladen. Amüsieren, mit Jan.
„Na ja, wenn Ihr meint, daß wir überflüssig sind, bitte.”
„Ach, wie süß, Seine Gnaden sind leicht irritiert und eingeschnappt, weil Seine Gnaden morgen nicht angesagt sind.” Isa hat einen leicht spitzen Ton aufgelegt. „Du wirst den eintägigen Thronverlust schon überstehen, und danach macht die erneute Thronbesteigung umso mehr Spaß”, wobei ihn Isa vielsagend angrient. Doch in diesem Moment steht Christian auf der Leitung. Er überlegt schon, was er mache könnte, sollte Jan seine Stella nicht an den Mädchentag verlieren, sondern volles Programm haben. Notfalls könnte er einfach nur faul sein oder wenigstens mit Siggi nackt schwimmen gehen, aber wenn der auch nicht käme? Ob Krystyna Zeit hätte?
*
Die beiden afrikanischen Jungen sehen sich wortlos an. Ihnen ist nicht mehr so ganz wohl. Sie können nicht einschätzen wo sie wirklich sind, noch wissen sie, was man mit ihnen vorhat. Und plötzlich halten sie sich beide an der Hand, Paul und Arga, was bei den sie begleitenden Männern ein böses Grinsen auslöst, aber sie sagen nichts. Die Jungen sehen sich um, versuchen jeder für sich herauszufinden, wo sie sich befinden, was für ein Haus das ist, in dem sie gar keine anderen Jungen oder Mädchen ihres Alters entdecken können.
Plötzlich bleiben die Männer vor einer Tür stehen, die geöffnet wird. Den Jungen wird bedeutet, sie sollen hineingehen. Sie treten ein, sehen sich um, als ihnen mit Körperberührung gesagt wird:
„Take your clothes off. You’ll take a shower now.” Paul und Arga sehen sich fragend an.
„Hurry up”, werden sie ermahnt. „We ain’t got time all night.” Ihnen wird entschieden angesagt, daß sie sich entkleiden und dann duschen sollen. Das Bad ist recht groß und hat an einer Seite zwei offene Duschen. „Here you have shower lotion, and there are clean towels for each of you.”
Paul öffnet eine der Duschgelflaschen und riecht daran. „Hhm, smells good” und damit nickt er Arga zu. Im Grunde genommen ist es beiden hochwillkommen sich endlich waschen zu können nach der langen Fahrt und nachdem Paul beginnt, sich auszuziehen, macht Arga es ihm nach. Als die beiden Männer die abgelegte Kleidung an sich genommen haben, meint einer:
„Sieh Dir diese jungen Esel an. Da ist gut eingekauft worden. Die werden Höchstpreise bringen.” Mit einem bösen Grinsen verlassen beide das Bad und schließen von außen ab. Die Jungen sehen sich an, haben nichts verstanden und die Sprachmelodie gefällt ihnen nicht, doch die aufkommende Angst wird zunächst von ihrem Reinlichkeitsbedürfnis überlagert. Paul betrachtet die Duschen und beginnt, das Wasser aufzudrehen. Es kommt eine kalte Dusche auf ihn herunter und er schreit vor Schreck auf, lacht dann über sich selbst, und dann hat er heraus wie es geht, dreht für Arga die andere Dusche auf, und beide beginnen, sich gründlich einzuseifen. Sie ahnen nicht, daß sie dabei beobachtet werden, mit abschätzenden, gierigen Blicken.
„Habe ich Ihnen zu viel versprochen, meine verehrten Gäste? Sehen Sie sich diesen wunderbaren afrikanischen Import an. Perfekte junge Körper, beide jungfräulich, erste Qualität.”
Auf einem großen Flachbildschirm sind die ahnungslosen Jungen zu sehen, wie sie sich intensiv waschen, plötzlich zu scherzen beginnen und beim Lachen ihre prachtvoll weißen Zähnen zeigen, neben all ihren körperlichen Vorzügen, die nun taxiert werden.
„Es geht zunächst um Paul, das ist der Junge unter der linken Dusche. Wer steigt ein bei fünftausend €uro?”
„Fünftausend!”
„Danke für Ihr Gebot. Wer bietet mehr?”
„Sechstausend.”
„Danke. Höre ich siebentausend?”
„Siebentausend.”
„Höre ich achttausend?”
„Achttausend.”
„Zehntausend!”
„Danke sehr. Sie kennen Qualität.”
„Zwölftausend!” Hinter einer roten Maske funkeln zwei blaue Augen.
„Fünfzehntausend!” Hinter einer schwarzen Maske “erstechen” zwei braune Augen den Mitbieter.
„Sechzehntausend!”
Die ausgestiegenen Mitbieter sehen sich hinter ihren Masken an.
„Zwanzigtausend!”
Der hinter einer blauen Maske verborgene Versteigerer ist begeistert. „Das läuft ja besser als ich dachte.”
Die Rote Maske läßt Paul mit einer “großzügigen” Handbewegung fahren. Sie wird Arga für 15.000 €uro “kaufen”.
Die ahnungslos unter der Dusche miteinander scherzenden Jungen ahnen nichts von dem bösen Spiel reicher Päderasten. Sie sind gerade nur zwei Fünfzehnjährige, die bei der Körperpflege für den Moment vergessen haben, daß sie noch kurz zuvor eine instinktive Angst beschlichen hatte.
Die Versteigerung ist beendet. Der Bildschirm wird abgeschaltet.
„Verehrte Gäste. Ich darf Sie in den Blauen Salon bitten. Es sind wie immer exquisite Speisen aufgetragen. Heute abend werden Sie zu den kulinarischen Genüssen von Sajeed und Sijai mit ihren göttlichen Körpern unterhalten werden. Und zum Abschluß liegen die Würfel bereit.”
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