Paul Stefan Wolff
Bruderschaft
Die Geschichte des zweiten gekreuzigten Räubers
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Paul Stefan Wolff Bruderschaft Die Geschichte des zweiten gekreuzigten Räubers Dieses ebook wurde erstellt bei
1. AKT
2. AUFZUG
3. Aufzug
2. AKT
3. AUFZUG
5. AUFZUG
3. AKT
3. AUFZUG
5. AUFZUG
6. AUFZUG
Impressum neobooks
BRUDERSCHAFT
Ein Drama in 3 Akten
Als Theaterstück Dauer: ca. 100 Minuten.
Die aus dem Tempel von Jerusalem vertriebenen Geldwechsler sammeln 30 Silberlinge für die Ergreifung des Nazoräers, während vermutet wird, dass er vor der Stadt ein stehendes Heer hat.
Es spielen:
SARAH – 26, Frau von Geldwechsler Daniel
SAMUEL – 27, Taubenhändler, liebt Sarah
ISAAK – 44, Vertreter der Devotionalenhändler, älter
NOAH – 45, Vorsteher der Geldwechsler, Vater von Simon und Thomas
SEIN DIENER
SIMON – 25, Sohn von Noah, Verbindungsmann
THOMAS – 23, Bruder von Simon, will Rache
RUTH – 35, Witwe, Dienerin von Sarah
JUDITH – 40, Beste Freundin von Ruth
Da sie damals mit ca. 12-13 erwachsen waren, geheiratet haben, und sogleich Kinder gekriegt haben und hart arbeiten mussten, können auch ältere Schauspieler eingesetzt werden. Vom Alter her sind also großzügig einige Jahre zum Aussehen dazuzugeben. (Noch im Mittelalter war ein Mensch mit 30 oft schon stark abgearbeitet.)
Anmerkung:
Dieser Text entstand als eine Art freie Interpretation mit Aussagen insbesondere für die heutige Zeit. Hohe Achtung vor dem jüdischen Volk sind mir als Nürnberger (Stadt der Reichsparteitage, Kriegsverbrechertribunal) sehr wichtig. Die hier dargestellten Grausamkeiten dürfen daher nicht als antisemitische Äußerungen aufgefasst werden.
1. AUFZUG
Sarahs Haus
Sarah
Das Theaterstück spielt in Jerusalem ca. 33 nach unserer Zeitrechnung. Das Pessah-Fest steht vor der Tür, die beste Zeit für Geschäfte von Geldwechsler und anderer Verkäufer religiöser Waren.
SARAH (steigt in den Mantel): Ich spiele ein falsches Spiel. Mein Mann liegt im Sterben und ich ging für ihn in den Tempel als Geldwechsler für die Pilger. Während sich die Dienerin um die Kinder und meinen Mann kümmert. Aber habe ich nicht die Verantwortung für die Kinder auch? Ich sage den Kindern schon, kaut jeden Bissen zwanzig Mal, das führt zu schnellerer Sättigung. Probiert es aus, es ist so. Wenn man wenig zu Essen hat. Habe ich von einem Dicken, bei dem ich auf der Hochzeit war, meine vergangenen Tage helfen mir jetzt.
(Pause)
Mein Mann. Man kennt doch die Männer, und Geldwechsler sind da keine Ausnahme: junge Frauen braucht der alte Mann. Und gesund leben die Männer auch nicht. Sie bringen das Geld nach Hause – und sie entscheiden, wie sie es ausgeben. Nicht zu wenig für sich und ihre Gelage. Und so kam es, die Kinder wurden älter, der Mann wurde älter und dann erkrankte er. Einen Sohn haben wir, 10 ist er geworden, die beiden Mädchen sind noch klein, 8 und 7, noch ein Junge, 6. Danach konnte der alte Mann gar nicht mehr. Und es wurde schlimmer, er ging zu Quacksalbern deswegen. So ging das Geld drauf.
(Pause)
Und nun muss ich schauen, wie ich das Geld verdiene, bis mein Ältester 12 wird. Das ich nicht so verdienen darf. Und selbst wenn ich die Mädchen jetzt verspreche, in diesem viel zu jungen Alter, wovon soll ich die Aussteuer zahlen?
(Pause)
Ich verstehe die Gesetze des Himmlischen, Elohims. Der Mann soll für seine Frau sorgen. Aber ich sehe auch, wie sich die Männer daran halten – gar nicht, teilweise. Und dann treffe ich diesen Taubenverkäufer Samuel, der von seinem eigenen Acker träumt. Und er sieht meine Notlage. Und er ist nicht selbstgerecht, ich sagte zuerst nein, er erpresste mich nicht, er verriet mich nicht. Stattdessen will er die Kinder und mich aufnehmen. Was ein Glück, dass ich noch eine einigermaßen junge Frau bin, auch wenn die harte Arbeit auch mich als 26Jährige bereits arg zusetzt. Wenigstens hatte mein Mann für eine Dienerin gesorgt, sonst wäre ich noch viel schlimmer dran, ein Buckel oder so. Nein, mein Mann Daniel ist kein schlechter Mann. Aber ihm war die Heilung seiner Männlichkeit wichtiger als unsere Zukunft. Und als Waschfrau eigne ich mich nicht, mein Vater war gebildet, er brachte mir das Zählen und das Lesen bei und das Schreiben. Ich sollte eine gute Haushälterin werden. Aber das geht nicht mit vier Kindern. Und siehe da, Samuel kann kaum zählen, er kann meine Erfahrung als Wirtschafterin auf seinem Hof später gut gebrauchen. Und weil ich dann auch was kann, wird er mich achten und gut behandeln.
(Pause, sinkt auf die Knie)
Bitte, lieber Elohim. Lass mich nicht auffliegen. Lass mich Mittel und Wege finden, mich um meine Kinder kümmern zu können. Nur darum bitte ich. Wenn Noah den Schwindel mitkriegt, dann wirft er mich raus, er behandelt, wie man hört, seine Sklaven schlecht, Männer sogar, die Frauen erst. Der wird mit mir keine Gnade haben.
Sie klebt sich Bart und Maske auf, wirft sich die Kapuze um. Geht auf die Straße.
Ein verhüllter Mensch geht (in etwa Mitte der Bühne), Sarah. Von rechts kommt ein zweiter, SAMUEL. Samuel hat die Kapuze offen, man sieht, dass er ein Mann ist.
SAMUEL: Sarah!
Verhüllter Mensch geht schneller.
SAMUEL (flüsternd laut): Sarah!
Samuel holt ihn ein.
SAMUEL (dreht sie um): Sarah. Warum läuft du vor mir weg?
SARAH: Mich darf niemand erkennen, das weißt du doch? Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass ich mich von einem gemachten Bett ins andere lege.
SAMUEL: Aber du liebst mich und ich liebe dich!
SARAH: Dieser Eindruck wäre tödlich! Ein Unglück. Es muss eine gewisse Zeit des Alleinseins vergehen. Dann langsam angehen lassen.
SAMUEL: Auf der Versammlung kennen die Hälfte der Leute deinen Mann. Ist das nicht zu gefährlich?
SARAH: Er hatte sich zum Negativen verändert. Er hat es sich mit allen Freunden verscherzt, das ist meine Chance. Da will keiner mehr viel mit ihm zu tun haben.
SAMUEL: Vielleicht hat er alte Schulden? Wenn jemand ihm Geld schuldet, wird er ihn nicht ansprechen wollen. Aber wenn ER jemandem Geld schuldet?
SARAH: Ich habe dem Tempel mehr als den Zehnten gegeben. Ich hoffe auf den Herrn. Mein Mann hat nämlich eine kleine Schatztruhe. Von der hoffe ich, zu leben, falls mein Sohn mich auf die Straße setzt. Seit wann folgst du mir?
SAMUEL: Ich musste dich sehen. Ich wollte dich abholen, ich hätte mich schon versteckt gehalten.
SARAH: Wir dürfen nicht gesehen werden.
SAMUEL: Mit dem Bart und den kurzen Haaren hält dich keiner für eine Frau. Warum soll ich nicht mit Daniel einen Plausch halten?
SARAH: Elohim macht nichts ohne Grund. Meine männliche Stimme ist mir auf meine alten Tage noch zu einer Hilfe geworden. Und diese Blutmaske, seine Krankheit hat ihn stark verändert.
SAMUEL: Es fällt niemandem auf, dass dein Mann seit Monaten nicht mehr arbeitet. Aber was ist mit deinem kleinen Dämon?
SARAH: Danke auch für deinen Hinweis mit dem Klebstoff für den Bart und die Maske. Aber ich werde die Kräuter von dieser Heilerin nicht nehmen! Sie verändern mich auf eine Art, die ich nicht mag.
SAMUEL: Ich kannte mal einen Barbier. Und ich habe die Ausbildung verloren, weil ich den gleichen Dämon hatte. Mir haben diese Kräuter sehr geholfen.
SARAH: Du kanntest anscheinend viele. Auch viele Frauen?
SAMUEL: Sei nicht so abweisend! Verstehe doch, ich will dir nichts wegnehmen. Nicht deine Freunde, nicht deine Kinder, nicht deine Freizeit. Ich will mich nur an dich anlehnen, mich gewissermaßen ankleben. Und dich dabei stützen. Ich verstehe dich, und ich verstehe deinen Dämon. Aber ich verstehe deine Widerspenstigkeit nicht.
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