- Wie hoffte ich damals doch insgeheim, beim Trampen mit dieser Frau mitzukommen mit dem 450 SL, nur einmal in diesem sündhaft sinnlosen Zweisitzer-Cabriolet zu sitzen, das ich mir niemals leisten würde, wie reich ich auch jemals werden dürfte. Meine bis heute einzige S-Klasse-Fahrt war gut vier Kilometer lang, ein hellblauer 250 S, getrampt, die Mutter eines Klassenkameraden, Kartoffeln im Auto und die Rückbank so durchgesessen wie die meines 123ers viele Jahre später.
- "Geht doch alle nach drüben!", rief uns der Kinobesitzer in der Dorfkneipe zu, als wir dort Probleme wälzten und ich mich nicht entblöden konnte, über besagte Phasen zu faseln; mit dem kam ich mal beim Trampen mit, und dann hat er mir in verregneter Nacht im VW-Bus schon fast einen Vortrag gehalten bezüglich der großen Kinokrise; da war er mir recht sympathisch geworden.
- Was hätte ich denen schon groß erzählt... gewiß nichts von meinem Liebeskummer, geschweige denn von Hans; soweit ich mich erinnern kann, '74 ganze elf Mal, einmal unter Taschen und Anoraks im morgendlichen Pendlerbus, und freilich ohne Abschluß; wie '73 nach Schulschluß im Schulbus, nur damals nicht so heimlich; verstohlene Blicke seitens der Mädchen, jetzt aber merkte keiner was, wer merkte denn überhaupt noch was, und eines Samstagsnachmittags gar im Heizungskeller des Kirchengebäudes, und es einmal auf seinem Zimmer versuchten auf die, wie auch wir meinten, "richtige" Art, er hatte ein Waschbecken auf dem Zimmer, doch war er fürs Eindringen viel zu verspannt, und mir tat es folglich nicht weniger weh.
- Und wo wir gerade beim Thema sind: Im Radio eine Autorenlesung, NDR 3, Spätprogramm, Autor und Sprecher: Hubert Fichte, Obertitel und Beitragstitel "Versuch über die Pubertät". – Das Leben ist ein Krampf. Eines Frühsommertags zur Abendstunde nicht weit vom Wendener Sägewerk, wo sich im hölzernen Späneturm die Fledermäuse zur Nachtjagd fanden und das Friedhofsgelände noch Buschwerk war, dort packte ich ihn bei der Männlichkeit und zog ihn wie einen Handkarren fort. Hans versuchte das auch bei mir, doch da kamen wir uns ins Gehege. Am unteren Ende der kleinen Böschung, am Rande von Brachen und Wiesen und Weiden, gegenüber die neue Friedhofskapelle und der Blick zu uns rüber ganz ungeschützt, dort traten wir Disteln und Dornen nieder und wohnten uns bei im Zeichen des Krebses; ein Abendspaziergang zum Säuferschnellweg und dann durch die Feldmark wieder zurück.
Wir trafen auf diesem Gemeindeweg, der die Weiler zwischen Norddorf und Wenden verbindet, einen ehemaligen Schulkameraden in seiner getunten Sportlimousine; ein wenig Smalltalk, ein wenig Neid. Ein Draufgänger, freilich, doch mir gegenüber schon in der Schule stets korrekt; der erzählte später... nichts gegen Hans, aber händchenhaltend wie zwei Verliebte... Jede nur denk- und durchführbare Technik und Stellung ohne Frage, nur: händchenhaltend wie zwei Verliebte, wie zwei, die einander versprochen haben, zwei, die einander versprochen sind... – Wir sollten uns mal langsam ein Mädchen suchen, sagte ich zu Hans, als wir heimwärts durch die Furchen staksten, ein Mädchen für eine Sex-Ménage, die Integration eines weiblichen Sexualelements in unsere bloße Organbeziehung als "Einstieg in den Ausstieg", als "Gleitmittel" für den Übergang. Ich hatte da keine Bestimmte vor Augen, soweit ich mich noch erinnern kann, und zur Stunde auch gar nicht so wichtig; wie gesagt, ein Übergang, hin zur Ehe von Mann und Frau, was immer auch die Menschenfreunde...
Wir waren schon gute Zeit unterwegs und hätten durchaus noch ein weiteres Mal, doch die Scham war letztlich größer. Ob Hans damals irgendwie religiös, habe ich nie in Erfahrung gebracht, über so etwas sprachen wir schlichtweg nicht; ihm wiederum war nichts bekannt, was über meine Mitarbeit in der Kirchengemeinde hinausgegangen.
Nach Weihnachten fuhren die Mitarbeiter und einige potentielle Nachwuchskräfte mit dem Nachtzug von Nordstadt nach Friedrichshafen zur Silvesterfreizeit einer Sondergemeinschaft, die kirchenrechtlich mangels Sonderlehre als Freikirche einzustufen war. Ich hatte beschlossen, mich zu verlieben, in ein Mädchen aus dem Jugendkreis; das war meine Pflicht, also ungefähr so, wie die Liebe zu einer McLaughlin-Platte. Als wir müde wurden, legten wir uns entgegengesetzt auf die zur Liegefläche ausgezogenen Kunstledersitze. Und so fand es sich also in jener Nacht, daß die Auserwählte neben mir lag, einer zu den Füßen des andern. Nicht nur sauber, sondern rein, ein Duft, so wiesenfrisch wie dezent nach unschuldsweißen Frotteesocken mit bunten Ringeln im Wadenbereich und nach wiesenfrischer Pflegecreme, blitzsauber wie Hans' Unterbauch, und doch das geheiligte Gegenteil zur Sünde mit Hans, Gott wohl gefällig...
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