Die Geburtswehen des Messias sind so in der Vision und das Kommen des Messias im Menschen bedeutet, er hat bei sich Geburtswehen, man könnte sagen eine Krise im Menschen, es kann bei vielen Menschen eine Verzweiflung sein – wie sie auch wissen, dass die Schöpfung hervorkommt aus dem Tohuwabohu, aus dem Chaos. So ist es zu lesen aus den ersten Versen der Genesis, die erzählt wie Gott Himmel und Erde macht und die Erde war wüst und leer wie es übersetzt wird. Tohuwabohu, das Chaos bedeutet, ein Durcheinander, Wirrnis, und aus dieser Finsternis und dem Abgrund, aus der tiefsten Krise kommt das Licht hervor. Hier sehen wir den tiefen Zusammenhang, das eine gibt es nicht ohne das andere auf dieser Welt, weil Himmel und Erde da sind. Das heißt, dass hier beide da sind, nicht zur Qual des Menschen, sondern dass beide immer als Paradox dableiben werden, damit der Mensch niemals durch eine Erklärung, durch einen Beweis Gott lieben könnte, sondern immer durch ein „nicht erklären können“, durch eine Unmöglichkeit des Beweisens, umsonst Gott lieben kann [74A1].
… V o r unserer Geburt steht der eine Mensch im Bild Gottes im Himmel … Ich möchte, dass man sich gewisse theologische Begriffe abgewöhnt, für den einen wecken sie, wie ein rotes Tuch dann auch den Stier, für den anderen wirken sie irgendwie sehr sentimental, lieb. Ich möchte, dass man sich abgewöhnt, von dem Begriff Menschensohn zu sprechen, wie man das fast immer falsch versteht – aus diesem Distanzieren, aus dem Objektivieren zu einem historischen, theologischen Begriff . Versuchen wir diesem Bild zu folgen, der Mensch im Himmel will sagen: Im Gegenüber – weit weg – aber von anderer Qualität, gegenüber diesen Menschen und dieser Welt wie wir sie kennen, ist der Mensch überhaupt anderswo. Es wird erzählt, dann ist diese Welt, am Anfang, wo Gott den Gedanken hat zu schenken – wenn man von Gott überhaupt so reden kann, von Gedanken . Sie wissen, wichtiger ist Liebe schenken als das Bedürfnis Liebe zu empfangen. Aber zur gleichen Zeit, wenn das Bedürfnis da ist zu schenken, dann kreiert sich sozusagen ein Empfangender, ein potentiell Empfangender. Dann ist das Gegenüber, weil dieses Schenken etwas durchbrechendes Neues ist, etwas die Welt Konstituierendes, dann ist diese Welt im Gegenüber noch Tohuwabohu [78B1].
Wir sollen verstehen, dass wir aufhören könnten mit diesem Abstrahieren, alles außerhalb von uns stellen und uns selber nicht mehr engagieren im Geschehen. Wir wollen immer gerne Zuschauer sein, wie wir Fernsehen schauen, oder in den Zeitungen sehen wir gerne solche Bilder, von Toten . Er vergisst, dass er selber mitbeteiligt ist und er glaubt, wenn er Zuschauer ist, tut es ihm nichts, das will sagen, ich engagiere mich nicht. Ich lese gerne Krimis und kann mich identifizieren mal mit den Detektiven, mal mit den Verbrechern, ich kann zuschauen. Von den Dämonen wird gesagt, die ‹schedim›, sie haben eine ganz besondere Eigenschaft, sie haben die größte Freude, diesem Tränental der Menschen zuzuschauen. ‹b'emeq habacha› dieses Tal des Weinens, wie gesagt wird, da schauen die ‹schedim› zu und haben große Lust das zu sehen. Man vergisst beim Zuschauen, ob bei mir selber nicht jemand fällt, ob bei mir selber nicht eine ganze Welt untergeht, da bei mir Millionen fallen, indem ich Zuschauer bin. Wenn ich bei mir das Leben eingrenze auf ein ganz kleines Stückchen, e inenge , dann kommt die Angst hervor, Angst und Enge hat einen Zusammenhang. Durch das Einengen kommt unweigerlich Angst, weil ich das Andere von außen sehe, dann fängt bei mir immer mehr das Gewaltige, Unverständliche an, wovor ich Angst habe. Die Angst will ich eindämmen und man schaut weiter zu, bekommt wieder Angst, kann nicht schlafen vor Angst, nicht weil die buchstäbliche Angst bei mir ist, sondern die verdrängte Angst, die nichts weiter zulässt – das ist Zuschauen. Deshalb sollten wir die Apokalypse versuchen zu sehen, wie ist sie im Menschen selber? Was geschieht beim Menschen selber, wo und wann geschieht es bei uns? Wenn ich nur jage, ist es nur Unglaube? Ist es bald? Jetzt ist es! Glauben können, verstehen, dass es jetzt ist, dass wir es jetzt erleben können …. Oft wird erzählt, es war der Untergang der Welt. Wieder ein Untergang? Noch steht die Welt. Wahrscheinlich werden gewisse Wirklichkeiten im Menschen untergehen, und diese Welt, als Dasein und Erscheinen ist ein ewiges Dasein [74A1].
Als Mensch sollen wir nicht Zuschauer der Apokalypse sein und vorher sagen, was jetzt kommt, dass die Zeichen des Messias immer deutlicher werden, denn das hat man in jedem Zeitalter schon gesagt, durch Jahrtausende hindurch und immer gab es genügend Grund dazu, das zu behaupten. Das Leid der einzelnen Menschen war auch immer schon so groß, dass man sagen würde, genug ist schon dieses eine Leid, warum sollte man sagen, es müssen noch mehr Massen leiden, noch mehr Völker in Unruhe geraten, dass dann erst eine Erlösung sein könne?
Im Menschen bedeutet es, dass er sich eigentlich i m m e r nach der Enthüllung sehnt. Wie ich am Anfang schon sagte, bei allem was er tut, möchte er gerne das Geheimnis enthüllen …. Die Rätsel, die wir z.B. im Zen kennen als Kōan, wie ein alter Ausspruch sagt: Wenn man einem Weisen ein Kōan gibt, so wird er sagen, die Lösung ist, dass es so bleibt! Das Rätsel ist so, da gibt es keine Lösung, das wäre eine Wahl, wo ich ganz billig entscheiden könnte, das eine ist ganz wichtig, das andere nicht, denn beides ist da. Man könnte sagen ein Kōan: Leben und Tod – |›Leben also, warum den Tod?‹| Ist das einfach ein Fehler gewesen, dass man ein Kōan nicht lösen kann? Deshalb wird auch in der jüdischen Überlieferung gesagt: Es gibt Fragen, die ungelöst bleiben, bis – wie es der Ausdruck ist – der Prophet Elia kommt, der sie lösen wird . Es will sagen, gerade wenn der Messias kommt, dann wird es gelöst sein, die Enthüllung wird dann sein, vorher nicht! Das sind immer die Ausdrücke die vorkommen, dass er sie lösen kann.
Wir sehen das auch beim König Salomo, der in der Bibel im AT der Sohn des David ist, der Name ‹schlomoh› bedeutet der Vollkommene, Frieden ist Vollkommen, es ist das gleiche Wort, Vollkommenheit, Ganzheit und Frieden . Die Königin aus Saba ‹sch’val scheva›, wie man im Hebräischen sagt, die von weit her kommt, dem Salomo Rätsel aufgibt und er löst sie. Es will sagen: Wenn die Enthüllung da ist, wenn Gott in der Welt sichtbar wohnt, dann ist es enthüllt, dann gibt es das Rätsel nicht – das ist die Apokalypse.
Bis dahin, ein ganzes Leben, das sind die Reiter, das sind die Gefahren, das sind die Kriege, die Kriege von Gog und Magog. Gog und Magog bedeutet in der Zahl hebräisch einfach 70 (Vielheit, wie der Sand des Meeres, 20:8, AdV), 70 sind die 70 Völker der Bibel, es will sagen, dass das faire Kämpfen der Völker nicht miteinander erfolgt, sondern gegeneinander, das sind die Geburtswehen der Menschen.
Auch andere Überlieferungen werden immer zitiert: Der Messias wird geboren, am Tage, wenn der Tempel verwüstet wird. Dort wo der Weg anfängt, ist eine Geburt und das Ende des Kommens des Messias, ‹qetz bar scharaha› – er kommt fortwährend! Er ist fortwährend da, sein Kommen ist immer da. Das Ende des Kommens will sagen, dann kommt eine Welt, die auch beim Menschen persönlich vorkommt. Dann sagt man: Damit hast du die ganze Welt auch so weit gebracht – denn die Welt ist wie du lebendig, wenn beim Menschen ein Punkt kommt und man sagt: Jetzt ist mein Leben neu, ich spüre es ist anders. Wenn das beim Menschen ist, ja dann kann man sagen, ist er gekommen, aber nur wenn ein Leben frei und neu ist.
So heißt es dann auch, das Leben eines Menschen, kann gesund sein, krank sein, geht über Glück und Pech hindurch, über Angriffe und kann angegriffen werden, das ist eben der Weg zur Apokalypse, die Apokalypse selber. Denn die Enthüllung will sagen, entlang deines Weges enthüllt es sich immer weiter, Schleier um Schleier werden genommen. Man könnte so sagen, die Schleier fallen dann von dir und dann wirst du spüren, es kommt jetzt an. Und es will auch sagen, dort wo gerade beim Menschen dieser große Kampf ist, das sind die Geburtswehen. Der große Kampf bedeutet, dass gerade hier etwas geboren wird. Das Große kommt im Menschen selber nur, weil er die Auseinandersetzung in sich hat. Es ist das Gewaltige, das mit dem Begriff Israel immer in der Überlieferung und der Bibel gemeint wird, das Israel auch im Menschen, das immer kämpft. Der Kampf von Jakob mit dem Engel, woher der Name Israel kommt, wird auch gedeutet als ein fortwährender Kampf, ein fortdauernder Kampf in allem was Israel ist! (siehe Erläuterung: 15. Kampf zwischen Jakob/Israel und dem Engel.) Nicht: |›Es war einmal im Jahre so und so, bei einem merkwürdigen Ort in der Wüste da, wo Jakob mit dem Engel gekämpft hat. Warum tut er so etwas? Und dann hat er sich an die Hüfte gegriffen …‹| – man könnte es schon auch so sehen, dass es so war – allein wir können uns das nicht vorstellen, weil es für uns ein visionäres Bild ist. Wir können es uns vorstellen im Geographischen hier, sollten wir aber nicht zu viel, weil es visionär ist, es ist immer da und auch immer wieder da. So will Israel im Menschen sagen: Er hat den Kampf, für ihn kommt er, für die ganze Welt, für alle Pflanzen, Tiere, Steine, alles wird erlöst, aber durch Israel! Nicht durch ein zeiträumliches, begrenztes (Israel), sondern für ein ewiges, das im Menschen überall sein kann, dort wo im Menschen das geschieht, dass dieser Kampf ist. Der Mensch, der diese Auseinandersetzung im Leben nicht hat, kann sich schon Israel nennen, ist es aber nicht. Proklamieren kann er es immer, aber es ist eine falsche Mitteilung, vielleicht unbewusst falsch benutzt, jedes Zeiträumliche ist falsch, weil es einseitig ist. Und jede Auseinandersetzung, die das Zeiträumliche gar nicht in Betracht zieht, ist auch falsch, weil es einseitig ist! Es ist für uns alles (diesseitig und jenseitig, AdV), es ist zeiträumlich und ist es auch nicht. Wir können niemals determinieren, feststellen, was und wer es ist. Es ist `kommend und gehend´. Im Menschen bedeutet es eine tiefe Auseinandersetzung und es bedeutet, bei ihm ist etwas da, und es treibt ihn zur Enthüllung. Man spürt: Ich kann nicht anders leben und ich sehne mich nach dem Enthüllen. Ich weiß, der Kampf ist nicht leicht, nicht nur im Materiellen, auch in der Auseinandersetzung in meinem eigenen Leben, ich musste suchen, wohin bewegt sich das?
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