"Riechst du gerade an mir?", fragt Aiden belustigt und ich spüre wie seine Brust vibriert.
Sofort werde ich wieder rot und ich höre auf, an ihm zu schnuppern. "Ähm, nein ...", stottere ich. "Natürlich nicht." Und wie ich gerade an dir gerochen habe, du arrogantes, gutriechendes Grübchenlächeln.
Aiden schließt die Tür auf und legt mich vorsichtig in mein Bett .Ich stöhne einmal auf, als ich endlich die weiche Matratze unter mir fühle und ich kuschle mich sofort in mein Kissen.
"Schaffst du es dir die Schuhe selbst auszuziehen?", fragt Aiden leise durch die Dunkelheit.
Ich öffne meine Augen und sehe ihn vor meinem Bett stehen. Er ist so schön. Diese braunen Locken, die - wie immer - unordentlich nach oben gegelt sind, aber trotzdem perfekt aussehen. Dieses markante Kinn und die grünen Augen ... Stopp. Was denke ich? Verflixtes Ethanol!
Ich schüttle mit dem Kopf. Ich könnte meine Schuhe bestimmt selbst ausziehen. Ich bin durch den kleinen Schlaf im Auto ein wenig nüchterner geworden. Aber um ehrlich zu sein, will ich noch nicht, dass Aiden geht und so bleibt er wenigstens noch für ein paar Augenblicke hier.
Aiden kniet sich hin und zieht mir die Schuhe aus. Ich spüre jedes Mal wie meine Haut anfängt zu kribbeln, wenn er sie berührt.
Ich spüre, wie Aiden mich zudeckt und danach leise die Tür öffnet, um zu gehen.
"Aiden?", frage ich leise.
"Ja?"
"Kannst du, ähm ... Kannst du vielleicht hier bleiben?" Wenigstens lalle ich nicht mehr, aber anscheinend hat mich der angetrunkene Mut noch nicht verlassen, denn ich bin selbst überrascht über meine Worte. Aiden sagt nichts. Langsam wird's peinlich. "Du kannst ja in Abys Bett schlafen, sie schläft heute eh außerhalb."
"Meintest du nicht, du tust 'so etwas' nicht?", fragt Aiden amüsiert. Er steht immer noch da und hält den Türgriff in der Hand.
Ich seufze einmal laut auf und bereue es sofort ihn gefragt zu haben. "Ich will einfach nur nicht allein sein ... denke ich. Aber wenn du gehen willst, ist das in Ordnung. Immerhin hast du mich schon nach Hause gebracht." Ich ziehe mir die Decke bis zum Kinn hoch und sehe ihn unsicher an.
Durch die Dunkelheit erkenne ich, dass Aiden die Tür schließt, sich auf's Bett mir gegenüber setzt und seine Schuhe auszieht.
"Du bleibst?" Ich versuche, mein Grinsen zu unterdrücken.
"Ja und jetzt schlaf." Ich kann hören, dass auch er grinst.
Ich schließe zufrieden meine Augen und kuschle mich noch mehr in meiner Decke.
"Schlaf schön", sagt Aiden noch leise. Während ich seine Bettwäsche noch rascheln höre, schlafe ich schließlich ein.
Die Sonnenstrahlen wecken mich und ich merke sofort die Nebenwirkungen des gestrigen Abends. Mein Kopf schmerzt höllisch und mir ist kotzübel. Ich massiere mir die Schläfen und versuche die letzte Nacht revue passieren zu lassen. Noah. Tanzen. Ich. Betrunken. Gras. Aiden.
Oh, scheiße. Aiden! Ich schaue nach links auf Abys Bett und da liegt er tatsächlich. Ein Arm hängt von der Bettkante und seine Füße gucken am anderen Ende der Bettdecke raus. Er schnarcht ein wenig und seine Haare sind total durcheinander.
Wieso habe ich ihn nur gefragt, ob er hier bleibt? Und ... Ich erinnere mich. Ich habe ihm gesagt, dass er schöne Hände hat, er hat mir in die Arschtasche gepackt, ich hab an ihm geschnuppert und ich habe ihm auch noch von August erzählt! Oh Gott. Wie peinlich ist das denn? Wie soll ich mich denn jetzt ihm gegenüber verhalten? Er muss doch denken, dass ich total gestört bin.
"Mist!", fluche ich laut. Sofort halte ich mir den Mund mit beiden Händen zu und schaue zu Aiden. Bitte wach nicht auf, bitte wach nicht auf, ...
"Ravely?", raunt er mit kratzender Stimme. Verschlafen hat er eine noch viel schönere Stimme... Aiden reibt sich die Augen und sieht mich an.
Ich verstecke mich ein bisschen unter meiner Decke und sehe ihn erwartungsvoll an. "Hallo."
"Hallo." Er richtet sich auf. "Wie fühlst du dich?" Er fährt sich durch die Haare und schon sehen sie fast wieder perfekt aus.
"Beschissen", antworte ich und komme ein wenig unter der Decke hervor.
"Glaub ich. Du warst ganz schön betrunken gestern."
"Ich weiß."
"Und du wolltest auch noch Gras rauchen."
"Ich weiß." Hoffentlich spricht er mich nicht auf den Rest an, den ich noch gemacht hab. Das wäre wirklich nur noch mein Ende.
Ich ziehe die Decke weg und setze mich ebenfalls auf die Bettkante. Man merkt eine gewisse Spannung zwischen uns, ich kann sie nur nicht einschätzen.
"Wieso hast du das gemacht?" Er sieht mich ernst an.
"Was?"
"Dich so betrunken. Und dann wolltest du auch noch kiffen. Ich meine, ich kenne dich ja eigentlich kaum. Ich weiß nicht, ob du das in deiner Heimat auch immer gemacht hast, aber ... irgendwie passt das nicht zu dir. Vor allem, weil du mir gesagt hast, dass du für so etwas keine Zeit hast, weil du dich aufs Schreiben konzentrieren willst. Ich wundere mich nur."
"Etwas hat mich zum Umdenken gebracht. Und keine Ahnung. Ich dachte einfach, dass man so halt ... Spaß hat." Ich komme mir unheimlich blöd vor. Würde mich nicht wundern, wenn er mich geradeaus auslachen würde.
"Rave." Aiden seufzt und verdreht die Augen. Er nennt mich das erste Mal Rave. Ich lächle leicht. " Das ist doch kein Spaßhaben. Das war einfach nur die reine Folter, die du dir da angetan hast."
"Wenn es Folter ist, wie du behauptest - wieso tun es dann so viele?" Eingeschnappt verschränke ich die Arme. Er muss aber auch immer Recht behalten.
"Nur Idioten tun das. Du bist keine Idiotin."
Hat er mir gerade ein Kompliment gemacht? Ich werde sofort wieder rot. "Ich habe sowieso gemerkt, dass es absolut nichts für mich ist“, gebe ich zu. Ich seufze und lehne mich an die Wand. Es ist einfach die Wahrheit. Das tue ich mir sicherlich nicht mehr an.
"Auf jeden Fall hast du jetzt erst mal genug erlebt, um mindestens ein halbes Buch für unseren Kurs zu verfassen", scherzt Aiden.
Oh, Mist. Das Schreiben habe ich völlig vergessen in den letzten Tagen. Und die Hausaufgaben auch noch! Dieses verdammte College. Diese verdammte Frau in dem Café. Ich habe das Gefühl, mein ganzes Leben dreht sich momentan um hundertachtzig Grad und es fühlt sich definitiv nicht gut an.
"Oh, nein", stöhne ich und lege meinen Kopf in meine Hände, "Das habe ich alles total vernachlässigt in den letzten Tagen."
"Ist doch nicht schli-"
"Doch, ist es." Ich sehe ihn an. "Ich bin doch eigentlich hier her gekommen, um aus mir etwas zu machen und jetzt? Sieh mich an. Ich bin verkatert und wollte Drogen nehmen. Diese blöde Frau in diesem blöden Café."
Aiden runzelt die Stirn. "Was für eine Frau?"
"Da war so eine Frau, die ... Hach, egal." Ich stehe auf. "Du musst auf jeden Fall jetzt gehen. Aby wird bestimmt bald kommen und ich möchte mir ein Gespräch, ob du und ich etwas miteinander hatten oder nicht ersparen."
Aiden lacht kurz auf. "Du hast Recht." Er zieht sich seine Boots an und steht auf. Jetzt merkt man wieder diesen überdimensionalen Größenunterschied zwischen ihm und mir. Aiden steht nur noch einen Meter von mir entfernt und ich kann erneut diese Spannung zwischen uns fühlen. Kurz sehen wir uns nur an. Man könnte sich in seinen Augen verlieren ... Ich fange mich wieder, ich muss endlich damit aufhören.
Ich gehe zum Schreibtisch und reiche ihm seine Autoschlüssel. "Dann wünsch ich dir noch einen tollen Tag."
Er nimmt sie mir ab. "Danke, ebenfalls. Bekomm ich deine Handynummer?"
"Nein." Ich öffne die Tür für ihn. Er soll jetzt einfach gehen, ich hab noch viel Arbeit vor mir.
Aiden sieht mich überrascht an. "Wieso? Sind wir jetzt nicht so etwas wie Freunde?"
"Aiden", seufze ich genervt und verdrehe die Augen.
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