1 ...7 8 9 11 12 13 ...22 Mirabella zögerte. „Terra, versteh mich nicht falsch, ich möchte wirklich nur verhindern, dass wieder Krieg ausbricht.“
Die junge Göttin lächelte leicht. „Seit 1500 Jahren spielen die Götter ihre Spielchen mit euch, bisher ist kein neuer Krieg ausgebrochen, da sie selbst nicht offiziell eingreifen.“
„Dafür halten wir den Kopf hin.“
„Du weißt doch gar nicht, was Delphine machen musste“, entgegnete nun Ragnar. „Vielleicht hat es nichts mit diesen blöden Statuen zu tun.“
Mirabella grinste kurz beim Wort ‚blöd‘, wurde dann jedoch wieder ernst. „Sicher weiß ich es nicht, aber ich habe eine Vermutung.“ Sie sah zu Lorenzo. „Hat Apoll für dich auch Aufträge dieser Art?“
„Wir sollten nicht darüber reden, wenn wir uns nicht alle ganz sicher sein können, dass wir nicht verraten werden“, gab er zu bedenken.
Sie sah erneut zu Terra. „Für dich stellt sich wahrscheinlich nie die Frage, wem deine Loyalität gehört, wieso auch? Aber ich habe in letzter Zeit die Erfahrung gemacht, dass Verwandtschaft keine Rolle spielen sollte, es gibt gute Verwandte und es gibt böse. Für mich allein zählen nur noch Freunde, egal, wer sie sind und woher sie kommen.“
Die Jugendlichen sahen sich untereinander an, während Terra und Mirabella einen langen Blick austauschten.
„Heißt das, du würdest auch gegen den Olymp kämpfen?“, fragte die junge Göttin vorsichtig.
Die nordische Halbgöttin schüttelte den Kopf. „Ich will gegen niemanden kämpfen – außer vielleicht Loki – ich möchte mich um Frieden bemühen.“
Plötzlich stand Lorenzo auf und streckte seine Hand aus. „Gegen Loki und für den Frieden!“
Mirabella ging lächelnd an seine Seite und legte, die Worte feierlich wiederholend, ihre Handfläche auf die seine. Nun stand auch Ragnar auf, sprach die neu gefundene Formel und legte seine Hand auf die seiner Schwester. Ihm taten es Hannah und Leon gleich. Schließlich stand Kyell auf. „Ich habe zwar keine Ahnung, wovon ihr redet, aber gegen Loki und für den Frieden ist immer gut!“ Hiermit legte er seine Hand auf die der anderen. Alle sahen erwartungsvoll zu Terra, der Tochter von Mars und Venus, die noch immer zögerte. Ihr Blick fiel auf Leon, den Sohn von Vulcanus, dann nickte sie. „Auf das Ende aller Differenzen! Gegen Loki und für den Frieden!“
Als sie ihre Hand auflegte, spürte Mirabella Wärme und eine Verbindung zu den anderen. Terra hielt die Augen für einen Moment geschlossen, schließlich nahm sie ihre Hand weg, auch die anderen zogen ihre Hände zurück.
„Was war das?“, fragte Leon neugierig.
„Ich habe eine Verbindung zwischen uns hergestellt. Wo und in welcher Gestalt auch immer wir uns begegnen sollten, wir werden uns erkennen.“
„Das ist gut, falls wir je als Gegner aufeinander treffen sollten…“, gab Mirabella zu bedenken.
„Das wäre schrecklich“, warf Lorenzo mit einem Blick auf Ragnar ein. „Delphine verplapperte sich übrigens etwas. Es scheint, dass sie im Auftrag Neptuns nach der verschwundenen Statue sucht.“
„Dachte ich mir doch“, entgegnete Mirabella grimmig. „Neptun, Jupiter und Mars sind das Triumvirat des Südens, Odin, Thor und Loki des Nordens.“
„Thor lässt nicht suchen, er hat mir sogar verboten, dich für Odin zu beschatten“, sagte nun Ragnar und Mirabella freute sich über diese Aussage, auch wenn sie es nie hätte zugeben wollen, dass Thor ihr erneut sympathischer wurde. Odin schien Ragnar nicht eingeweiht, ihm von ihrem Pakt erzählt und ihre Identität verraten zu haben. Sie überlegte kurz, ob sie in dieser Runde so ehrlich sein sollte, schrak aber noch davor zurück.
„Ich soll nach der Statue suchen. Im Auftrag meiner Mutter“, meldete sich nun Hannah. „Ihr könnt euch vorstellen, dass sie auf Loki sauer ist…“ Er hatte Freya aus ihrem Palast verjagt, sie sollte ihn nur als Lokis Frau wieder betreten können.
Alle nickten zustimmend, als Leon das Wort ergriff. „Mein Vater und ich, und Terra“, er sah zu ihr, fragend, als diese nickte, sprach er weiter, „arbeiten an einer neuen Abwehranlage für den Olymp und Neptuns Palast und an der Bewaffnung der Zwischenwelt.“
Mirabella sah entsetzt von einem zu anderen. „Das heißt, sie erwarten tatsächlich einen neuen Krieg?“
„Ja“, schaltete sich nun Lorenzo ein, „seit dem Orakelspruch. Ich soll die ganze Zeit den Spruch entziffern und dem Orakel neue entlocken. Es macht mich wahnsinnig. Gestern erhielt ich den Auftrag, alles, was in der Zwischenwelt irgendwie Pfeil und Bogen in seine Extremitäten nehmen kann, im Schießen auszubilden.“
Mirabella wurde blass und sah zu Ragnar.
„Gibt es ähnliche Aktivtäten auf der nordischen Seite?“
„Odin hat nie aufgehört, alle auszubilden, spannt nun auch Uller und Njörd ein, Loki bastelt mit den Riesen an irgendeiner Abwehr für die Zwischenwelt, soweit ich weiß.“
Nun ergriff Hannah wieder das Wort. „Odin bemüht sich auch um die Gunst der Hexen in Wanenheim, sagt meine Mutter, aber sie als Oberhexe ist gerade nicht gewillt, Odin einen Gefallen zu tun. Und was machst du, Mira?“
„Ich soll auch die verschwundene Statue finden. Das war vorher Nicks Job, aber Loki hat ihn erwischt, er wäre fast umgekommen.“
„Und jetzt ist er versteckt?“, fragte Hannah zurück.
„Er ist Mensch, man hat ihm vorübergehend seine Fähigkeiten genommen, er lebt unerkannt auf der Erde. Genaueres weiß ich nicht.“
„Er ist kein Halbgott mehr?“, fragte Lorenzo fast entsetzt.
„Vielleicht wäre das gar nicht so schlecht“, sinnierte Ragnar, „das ist doch alles verrückt, oder?“
Mirabella nickte, wenngleich sie sich nicht vorstellen konnte, ihre Halbgöttlichkeit aufzugeben. Ihr fiel auf, dass Kyell bisher nichts gesagt hatte. „Du hast keinen Auftrag, wie es scheint?“
Kyell errötete stark und schüttelte den Kopf. „Odin hat mich zwar mehrfach ausgequetscht, nachdem ich im Olymp war, aber Baldur lehnt es ab, dass ich Aufträge übernehmen soll.“
Sie lächelte zufrieden. „Ich wünschte, Baldur wäre mein Vater…“
Ragnar verdrehte die Augen. „Jetzt fang nicht schon wieder mit deiner Baldur-Schwärmerei an!“
Sie streckte ihm die Zunge raus. „Wenn er nun mal der netteste, klügste und liebste Gott der Welt ist!“ Sie übertrieb absichtlich.
Hannah lachte. „Aber leider nicht der stärkste.“
„Weil das Böse immer stärker ist…“, warf nun Mirabella grimmig ein.
„Aber nicht stärker als wir!“, protestierte Lorenzo aufmunternd. „Und was machen wir nun mit unserem Wissen?“, fragte er dann in die Runde. „Hast du einen Plan, Bella?“
Sie seufzte. „Noch nicht. Wir beobachten, berichten und überlegen, was man machen könnte. Wir sollten uns auch darin schulen, Gedankenangriffe abzuwehren. Loki kann Gedanken lesen, das ist sehr gefährlich.“
„Vielleicht sollten wir uns öfter treffen?“, schlug Hannah vor.
„Hatten wir eh zum Üben des Theaterstückes vor. Dreimal pro Woche?“
Alle stimmten nickend zu.
„Gut, abgemacht, für heute muss ich los!“ Damit verschwand Hannah und Kyell brach ebenfalls auf.
„Ich brauche ein Handy!“, fiel Terra plötzlich auf.
„Ich besorge dir eins!“, versprach Leon und verließ mit ihr ebenfalls die Blase.
Mirabella und Lorenzo sahen sich an und Ragnar verabschiedete sich diskret. Einen Moment saßen sie sich stumm gegenüber.
„Das war sehr mutig von dir, die Enthüllung!“, sagte Lorenzo schließlich. „Ich denke, es ist Wahnsinn, was wir machen, aber es ist das richtige.“
„Du hörst dich an wie…“, sie stockte, aber Lorenzo wusste schon, was sie sagen wollte.
Er lächelte leicht. „Ja, das hätte wohl auch Nick sagen können, unser vernünftiges Superhirn. Den könnten wir gut gebrauchen in unserem Geheimbund.“
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