Die Indianerin hatte kaum die Fußtritte des Nahenden gehört, als sie sich umwandte und ihm freundlich entgegenging. In ihrer Miene lag nichts von jener kalten Härte, die früher an ihr sichtbar gewesen; im Gegenteil, sie war heiter und fröhlich.
»Mein Bruder«, rief sie ihm von weitem lachend zu, »hat den Schlaf eines Bären, den weder die Wasservögel, noch die schreienden Squaws aufwecken können. Die Sonne ist bereits hoch, und doch hat er seine Schwester nicht gehört.«
»Ja doch,« versicherte er, »und der beste Beweis davon ist, daß ich mich sogleich aufmachte, um den Besuch zu erwidern.«
Das Kompliment schien von dem Mädchen wieder nicht verstanden zu werden, und sie drohte ihm lächelnd mit dem Finger. »Mein Bruder spricht wieder mit einer Doppelzunge.«
»Ich bin gekommen, meiner freundlichen, guten Schwester meinen Morgengruß anzubieten,« erwiderte er, sich die Lippen beißend, »aber was die Doppelzunge betrifft, so muß ich zu meinem Leidwesen gestehen, daß ich nur die schlichte, ehrliche Zunge von meinem Altengland spreche. Mein weniges Französisch habe ich seit meinem achtzehnmonatigen Schiffsleben so ziemlich wieder vergessen.« Die unbekümmert behagliche Weise, mit der er diese Worte sprach, und das ganze Wesen des vollen, blühenden Jünglings, in dem kein Arges zu sein schien, brachten sichtlich einen günstigen Eindruck auf die Indianerin hervor. Ihre Augen hingen mit Wohlgefallen an ihm; sie sann einige Augenblicke nach, ergriff plötzlich seine Hand, und auf seine Hütte deutend, sprach sie: »Mein Bruder wird da seine Schwester erwarten.«
Sie flog dann zur Türe ihres Häuschens, stellte das Körbchen nieder und eilte zur zweiten größern Hütte, aus der sie nach einer Weile mit einem ziemlich großen Bündel kam. Mit diesem flog sie der Hütte des Briten zu.
»Meines Bruders Gürtel und Hemd sind sehr schmutzig und zerrissen«; sprach sie. »Hier wird er finden, was ihn besser kleiden wird.«
»Was ist das, liebe Schwester?« versetzte er, der sich allmählich an ihre Phraseologie gewöhnte.
»Meines Bruders Schwester wird wieder kommen, wenn er dieses mit seinen unsaubern, häßlichen Kleidern vertauscht hat«; sprach sie, durch die Türe schlüpfend.
Neugierig untersuchte er nun das Päckchen. Es war ein vollkommener Anzug mit frischer Wäsche. Ein Überrock von blauem Tuche, ganz im Schnitte britischer Seeoffiziere, Pantalons, Weste und Stiefel. Das sonderbare Geschenk war nicht geeignet, die Zweifel zu beschwichtigen oder ihn über seine Lage aufzuklären. Woher hatte die Indianerin diese Kleidung? Der Seeräuber fiel ihm von neuem ein. Durfte er, ein britischer Offizier, von dieser Kleidung Gebrauch machen? Sein Auge fiel auf seine abgetragene Garderobe, die, nur mühsam zusammenhaltend, jeden Augenblick eine furchtbare Blöße androhte. Not kennt kein Gebot. »Es ist nicht die erste Kriegslist, durch die ein ehrlicher britischer Midshipman in eines andern Stelle schlüpfte«; rief er lachend, seine Fragmente abwerfend und sein neues Kostüm mit den Kenneraugen eines Newbondstreet-Costumers prüfend.
Die Umwandlung war wirklich zu seinem Vorteile ausgefallen. Der knapp anliegende blaue Rock, die eleganten Pantalons, die lichtgelbe, echt britische Weste kleideten ihn trefflich. Mit einer Art komischen Abscheus stieß er die Reste seines vormaligen äußern Menschen zur Türe oder vielmehr zur Büffelhaut hinaus, um sie im nahe gelegenen Gebüsche jedem menschlichen Auge zu entziehen.
Mitten in dieser Beschäftigung überraschte ihn Canondah. Einen Augenblick hing ihr Auge an dem wohlgebildeten, nun wirklich schönen Jünglinge, und dann ergriff sie lächelnd seine Hand, ihn rasch mit sich fortziehend. Vor der Türe ihrer Hütte angelangt, winkte sie ihm bedeutsam, schlüpfte dann in die Stube und kehrte Hand in Hand mit Rosen zurück und flog hernach dem brennenden Scheiterhaufen zu.
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