Rainer Bartelt
Tod einer Kassenpatientin
Wenn die Medizin versagt
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Inhaltsverzeichnis
Titel Rainer Bartelt Tod einer Kassenpatientin Wenn die Medizin versagt Dieses ebook wurde erstellt bei
Tod einer Kassenpatientin Tod einer Kassenpatientin Ein Tatsachenroman - frei nach einer wahren Begebenheit Erst stirbt die Gesundheit, dann die Würde, dann der Mensch; die Erinnerung stirbt nie. Dieses Buch ist gewidmet: meiner Mutter Gerda Erika Auguste Bartelt , geborene Kühl Frau Anja Rowarth * vom MDK , deren besonderes Engagement als Gutachterin dafür gesorgt hat, dass meine Mutter bereits in der Pflegestufe 1 verstarb Herrn Sascha Torwald* von der juristischen Stabsstelle der Klinik , dessen Kenntnisse von der menschlichen Natur nicht ausreichten, um zu erkennen, dass auch der Sterbefall ein Notfall ist *Namen geändert
Hundstage
Es begann im September
Zwischen Wischmopp und Handfeger
Der erste Besuch des MDK
Der Sturz
112 hat Diskussionsbedarf
Die Klinik gibt Entwarnung
Vom Paradies in die Hölle
Auch zuhause Albtraum ohne Ende
Was tun?
Plötzlich geht alles ganz schnell
Die Klinik versucht sich erneut an Gerda
Der Brief der Klinik
Feuer und Wasser
Ein Professor bekommt Post
Eine Gutachterin, wie vom Teufel gesandt
Vorweihnachtszeit im Heim
Die Klinik zeigt sich verhandlungsbereit
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Noch einmal Aufregung vor dem Fest
Gerdas letztes Weihnachtsfest
Die Klinik ist an allem schuld
Die weihnachtliche Pechsträhne ist noch nicht zu Ende
Die Klinik wird juristisch
Machen sie sich keine Sorgen, alles wird gut!
Warten auf die Behandlung
Die zweite Blasenuntersuchung
Willkommene Ablenkung
Die Pforten der Hölle öffnen sich
Einmal hin und zurück in die Klinik
Hier ist keine Gerda!
Das Ende eines langen Tages
Die zweite Blasenentzündung
Der erste verständige Mensch in der Klinik
Der Umzug in die Psychiatrie
In einer anderen Welt
Die Klinik streitet (fast) alles ab
Hoffen und Bangen
Der Berg kreist und gebiert ein Mäuschen
Endlich: der Tag der Wahrheit
Die letzte Dienstreise
Mutti im Koma
Manic Monday – ein total verrückter Montag
Gerda zurück im Heim, Petra in der Klinik
Geisterstunde in der Klinik
Eine Nachtschwester im Stress
Willkommen in der Hölle
Gerdas Tod wird geplant
Das Ende
Nachruf: Medizin am Ende?
Impressum neobooks
Tod einer Kassenpatientin
Ein Tatsachenroman - frei nach einer wahren Begebenheit
Erst stirbt die Gesundheit, dann die Würde, dann der Mensch; die Erinnerung stirbt nie.
Dieses Buch ist gewidmet:
meiner Mutter Gerda Erika Auguste Bartelt , geborene Kühl
Frau Anja Rowarth * vom MDK , deren besonderes Engagement als Gutachterin dafür gesorgt hat, dass meine Mutter bereits in der Pflegestufe 1 verstarb
Herrn Sascha Torwald* von der juristischen Stabsstelle der Klinik , dessen Kenntnisse von der menschlichen Natur nicht ausreichten, um zu erkennen, dass auch der Sterbefall ein Notfall ist
*Namen geändert
„ Herr Doktor, der Simulant auf Zimmer 7 ist heute Nacht gestorben.“ „Na sowas, jetzt übertreibt er aber wirklich!“
Die Luft steht still, draußen und im Haus. Das Thermometer zeigt Temperaturen über 30 Grad im Schatten an. Nur im Freibad gibt es noch Hoffnung auf Abkühlung.
Wenn ich an einem solchen Tag an meine Mutter zurückdenke, geboren 1920 und aufgewachsen als Gerda Kühl im damals deutschen, heute friedensbedingt zu Polen gehörenden Teil Pommerns, dann bin ich fast froh, dass ihr die mörderische Hitze dieses nicht enden wollenden Sommertags erspart bleibt. Vor Jahren, als es wochenlang schon einmal so heiß war, dass wir, um schlafen zu können, über unserem Bett einen Ventilator installieren mussten, hatte sie ihren ersten Zusammenbruch. Schon am Vortag – beim gemeinsamen Abendessen – war es in ihrer Dachgeschosswohnung, die für eine Person fast zu groß war, unerträglich heiß gewesen. Nach dem Essen wirkte meine Mutter auf mich ungewohnt wortkarg und unkonzentriert. Deshalb fuhr ich am nächsten Tag gleich nach der Arbeit zu ihr „um nach dem Rechten zu sehen“ und fand sie in ihrer Wohnung hilflos am Boden liegend. Die eilig herbeigerufenen Rettungssanitäter schauten sich das Trauerspiel eine Zeit lang an und stellten Fragen, deren Antworten für mich offensichtlich waren. Dann erst entschlossen sie sich, meine immer etwas zu körperlicher Fülle neigende Mutter drei steile Treppen hinunter zu tragen und in den vor dem Haus wartenden Krankenwagen zu verfrachten.
Auf meine Weisung hin fuhren sie mit ihr in die Notaufnahme der Klinik , obwohl Gerda auf keinen Fall wieder dorthin wollte. Nur einmal vorher war sie dort gewesen, aber das hatte ihr gereicht: „Ich muss mich jetzt einmal gründlich untersuchen lassen, fahr' mich bitte ins Krankenhaus!“, war damals ihre Mission gewesen. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihren Wunsch wortgetreu auszuführen. Es versteht sich von selbst, dass in der Klinik niemand begeistert war über diese „eingebildete Kranke“, die zwischen Schlaganfall-Patienten und anderen schweren Erkrankungen die Aufmerksamkeit der Notärzte aus subjektiver wie auch aus objektiver Sicht vollkommen unnötig in Anspruch nahm.
Da man bei ihr medizinisch nichts Ernstes finden konnte, fing man an, ihren Geisteszustand gründlicher zu untersuchen. Und das war es, was Gerda sofort so übel nahm, dass sie auf keinen Fall mehr einen Fuß in diese Klinik setzen wollte. (Auch wenn sie anschließend jedem, der sie danach fragte, stolz erzählte, man habe ihr damals „einen für ihr Lebensalter außergewöhnlich guten Allgemeinzustand“ bescheinigt.)
So machte ich nach ihrem Hitzeschlag erst einmal ein großes Geheimnis aus der Tatsache, dass ich sie genau wieder in dieselbe von ihr geächtete Klinik hatte verfrachten lassen. Der Grund: Für mich gab es in dieser Stadt einfach keine andere medizinische Instanz. Schon als ich Anfang der siebziger Jahre aus einer kleinen in diese mittelgroße Universitätsstadt gekommen war, hatte ich von meiner Studentenbude aus den Fortschritt der Bauarbeiten beobachten können. Hatte aus der Ferne mit ansehen können, wie winzig klein erscheinende Lastkraftwagen nach und nach riesige Berge aus Sand auftürmten, die dann von anderen ebenso klein erscheinenden LKWs emsig wieder abgetragen wurden. Wie das Gebäude Stockwerk für Stockwerk Gestalt annahm und höher und höher wuchs. Später führte ich gern meine privaten und im Allgemeinen überhaupt nicht kranken Gäste voller Stolz durch diesen riesigen Klinik neubau. Konzipiert für 20.000 Patienten, ausgestattet mit zwei zehngeschossigen Bettenhäusern und Arbeitsplatz für mehr als 5000 Vollzeitbeschäftigte beeindruckt dieses Haus mich auch heute noch durch seine zukunftsweisende Architektur und schiere Größe: Schon das über mehrere Stockwerke gehende lichtdurchflutete Atrium ist einfach atemberaubend. Ebenso beeindruckend die außen liegenden hohen Flure, deren meterhohe Glasfenster einen freien Blick auf die gigantischen, Hochhäusern gleichen Bettenhäuser gewähren. Alles in allem ein Ehrfurcht einflößender Bau, gleichzeitig das Versprechen größtmöglicher medizinischer Effizienz.
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