Jaqueline Merlin
Elisa
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Inhaltsverzeichnis
Titel Jaqueline Merlin Elisa Dieses ebook wurde erstellt bei
Elisa Elisa Für Merlin in bleibender Liebe !
PRÉLUDE AN ELISA - 1. KAPITEL -
FRAU RITURN UND DEBORAH - 2. KAPITEL -
KERAMIK & ANTIQUITÄTENHANDEL - 3. KAPITEL -
EINE UNVERHOFFTE BEGEGNUNG - 4. KAPITEL -
IM RESTAURANT KOPJE - 5. KAPITEL -
DAS KLAVIERKONZERT - 6. KAPITEL -
ANKUNFT IN LONDON - 7. KAPITEL -
HOCHZEITSREISE NACH FLORIDA - 8. KAPITEL -
CANDYLAND, CHOPIN & KERAMIK - 9. KAPITEL -
EIN GESPRÄCH MIT ANTON - 10. KAPITEL -
DAS PRESSEGESPRÄCH - 11. KAPITEL -
EINE NEUE EXISTENZ - 12. KAPITEL -
DIE LANDAUKTION - 13. KAPITEL -
DAS EINGESTÄNDNIS - 14. KAPITEL -
SCHLAFLOS OHNE ELISA - 15. KAPITEL -
DER BRIEF MEINER MUTTER - 16. KAPITEL -
WIEDERSEHENSFREUDE - 17. KAPITEL -
DER PARADIESVOGEL - 18. KAPITEL -
IN TRANCE - 19. KAPITEL -
EIN TELEFONAT NACH KOPENHAGEN
SCHATTEN DER VERGANGENHEIT
EIN UNERWARTETER GAST - 22. KAPITEL -
OFFENBARUNG - 23. KAPITEL -
DIE FAHRT INS UNGEWISSE - 23. KAPITEL -
IM KRANKENHAUS - 24. KAPITEL -
DIE GERICHTSVERHANDLUNG - 25. KAPITEL -
WIEDER ZUHAUSE - 26. KAPITEL -
- 20. KAPITEL -
- 21. KAPITEL -
Impressum neobooks
Für Merlin in bleibender Liebe !
PRÉLUDE AN ELISA - 1. KAPITEL -
„Der Wind, der Wind, das himmlische Kind“, sagte ich, als er mich voran trieb
auf dem Heimweg, während er meine Haare zerzauste und mein Hemd aufblies.
Er war so unfassbar wie Elisa. Manchmal stürmisch, manchmal seicht oder still.
Sie wirkte einfach, gleich einer natürlichen Erscheinung, mehr als einer Person.
Ein empfindsames Wesen, das sich im ständigen Wechselspiel einer Welt zeigte,
die für viele andere kaum zugängig war im Bewusstsein ihres flüchtigen Alltags.
Vielleicht war es eine Konzentration, vielleicht die Aufmerksamkeit des Kindes.
Elisa war gegen Wind, Sonne und Regenwetter anfälliger als die Wasserjungfer.
An nieselnden Abenden öffnete sie die Veranda-Tür, um das stete Geräusch wie
den satten Duft von Pflanzen, Blüten und feucht modriger Erde herein zu lassen.
Auf dem Piano antwortete sie mit dem langatmigen, melancholischen Largo auf
das Niederprasseln schwerer, grauer Wolken am dicht verhangenen Himmel, die
sich auflösten bis ergossen in die dunkle Nacht ohne rötlichen Sonnenuntergang.
Für diese Jahreszeit, mitten im Hochsommer, blieb das Wetter sehr unbeständig.
Als ich nach Hause kam, sah ich zwischen glitzerndem Geäst eine Singdrossel in
glänzendem Federkleid, die ihr Abendlied erhob, und hörte das Prélude Chopins.
Nach heftigem Wind war stetiger, sättigender Regen gefallen auf die Stockrosen,
Lilien, Magnolien, ein Sommergruß für die Eichen, Kastanien und Weizenfelder.
Bei meinem Eintritt verstummte das Prélude von Chopin. Elisa lächelte mich an,
brach ihr Stück ab, nahm ihre Hände von der Tastatur und öffnete ihre Arme mit
einer großzügigen Geste, die Wärme und Willkommen ausstrahlte mit ehrlichen
Zeichen der Freude, ihres Dankes für all das, was sie umgab, als wollte sie mich
zugleich einladen, auffordern, dies Geschenk einer engen Umarmung zurück zu
empfangen. An jenen Abenden verschmolzen unsere Körper ohne Antrieb oder
Steuer. Sie hielten sich umklammert und glitten in einen Fluss der Freude hinab,
hinein in eine milde Strömung des Begehrens und strandeten wieder hervor mit
dem wechselseitigen Schauder unserer Flanken. Dann hörten wir wieder Regen,
als hätte er uns, noch schwach auf den Beinen, wieder zur Erde zurückgebracht.
Der Geruch des nassen Gartens und auf der nahen Wand die bewegten Schatten
unserer Körper sowie der Kastanienblätter direkt vor dem Fenster. Der schwach
glitzernde, gelbe Sonnenuntergang dabei. Wie könnte ich deshalb nicht weinen?
Gestern schlief ich zu Mitternacht ein. Ich träumte, ich würde von einem feinen,
kaum hörbaren, fremden Geräusch wie Klirren aus dem Erdgeschoss erwachen.
Das Klirren bunter Glasfiguren als Mobile, die man im Garten aufhängen kann,
um freche Vögel von frischer Aussaat und den Baumfrüchten zu verscheuchen.
Mir war, als steige ich hinab in den Salon, wo die Porzellanschränke waren mit
ihren Kostbarkeiten, antiquarischen Raritäten, die allein an ihrem Platz standen.
Diese Vitrinen zeigten zart bemalte Porzellanfiguren, die Schiffschaukel, wilde
Tiere, ein rotes Kettenkarussell und die kleine Fee, die auf ihrem Tukan thronte.
Ein schwarzer Tukan mit einem waagerecht riesigen, orange farbigen Schnabel.
Sie saß auf seinem Schnabel sowie auf einer Schaukel. Er schaute sie frech an
aus den blauen Augen im weißen Kopfgefieder über die schwarzen Flügelfedern.
Aber die Figuren weinten, zerfielen in feinste Sandkörner auf dem grünen Samt,
der auf dem Bord lag. Sie waren kaum noch erkennbar, während ich mit weinte.
Winzige Kristalle hatten wie Schneeflocken den dunklen Stoff bedeckt. Ihr Rest
waren in Farben und Formen, in Verzierungen und der Glasur nicht zu erkennen.
Ich fiel auf den Boden, weinte bitterlich, während ich rief: “Kommt doch zurück!“
Mit Schrecken erwachte ich in finsterer Nacht aus dem Traum und eilte hinunter,
um nachzusehen, ob noch alles in Ordnung sei mit einer Antiquitäten-Sammlung,
die über Jahre schon unversehrt geblieben war hinter der gläsernen Vitrinen-Tür.
Natürlich wusste ich in meinem Wissen, dass meine Sammlung nicht zerstört war.
Doch musste ich mir beweisen, dass es noch einen guten Grund gab, warum ich
mitten in der Nacht aufstand, und durch dies Haus stromerte in Gedenken an sie.
Ich nahm einige Figuren heraus und begutachtete sie. “Meine Fee auf dem Tukan“
und die Schiffschaukel, die hoch ausschwenkt, wie von der heftigen Böe ergriffen.
Dann stellte ich sie zurück auf den Platz, schloss ab und knipste das Licht aus. In
früher Morgendämmerung, die jenen Raum erhellte, legte ich mich ruhig schlafen.
MEINE KINDHEIT
Wahrscheinlich kann ich nicht einmal behaupten, dass ich jene Kunst in Keramik
seit je geliebt hätte, aber schon als kleiner Junge faszinierte mich das sehr ernst
ausgesprochene Berührungsverbot: „Sei ein lieber Junge, rühr' mir das nicht an!“
Ihr Unberührbares trug etwas Heiliges und Schönes an sich in den Glas-Vitrinen.
Das glich einem Tabernakel oder Museum, einer fremden, schönen Erscheinung.
Mein Vater hatte Zeit seines Lebens mit dem Porzellan- & Keramik- Geschäft in
London seine Existenz bestritten, eine vierköpfige Familie und zwei Angestellte.
Eine davon hieß Miss Bird, ein altes Fräulein, das auf Stöckelschuhen im Laden,
der mit Marmor gefliest war, laut hörbar im Schritt die Glas-Regale abklapperte.
Dort reihten sich ein sich aufbäumendes Pferd, ein stolzer Hirsch mit erhobenem
Geweih, die ruhende Kuh, ein springendes Reh und dies Weibchen mit dem Kitz
aneinander. Ich nannte das kleine Reh Bambi, das nah des Häschen-Rudels lag.
Ich glaubte, diese konnten nur aus einer wunderbaren Arche Noah aus Porzellan
entsprungen sein und machte mich unversehens auf die Suche nach einer Arche,
die ich nicht fand. Tatsächlich fragte ich dabei sogar Miss Bird, wo die jetzt sei?
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