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Copyright: © 2021 Michael Kornas-Danisch
Und so da ENTSCHIEDEN war
Und so da UNTERSCHIEDEN war
Und so da GETRENNT war
Das EINE von dem EINEN
So war da
RAUM
So war da
HIER
Und NICHT HIER
AUGE
Und HORIZONT
So war da ein SEHNEN und SUCHEN
Des EINEN
Nach dem ANDEREN
So war da ein SEHNEN und SUCHEN
Des EINEN
Nach SICH SELBST.
Das Drom der Afeten
Im Labyrinth des Unbegreiflichen und das Tal der Fügung
Die Zeichen des Dompteurs
Es war ein großer Tag für Tek. Er wusste sehr lange schon, dass in ihm ein ‚Dompteur’ heranwuchs – wie man seine außergewöhnliche Spezies in der hohen Ebene des Zweiten Tals Des Zweiten Droms bezeichnete. Früher gab es viele von ihnen, doch seit unzähligen Zeiten schon war keiner mehr unter dem Volk der Afetiten gewesen, der dessen große Kunst in sich trug.
Im Stamm der Grabenmacher allerdings herrschte Uneinigkeit darüber. Zu viele Zeiten waren vergangen, als der letzte Dompteur unter ihnen war. Mit dem Beginn des Versiegens der Großen Wasser vor langer Zeit schon, nahm ihre Zahl stetig ab – bis eines Tages keiner mehr unter ihnen war. Die meisten der Afetiten waren daher der Ansicht, dass die Zeiten der Dompteure vergangen, und die Zukunft niemals mehr einen von ihnen hervorbringen würde.
Gewiss, Tek trug das Zeichen des Dompteurs in den Augen – seine Augäpfel hatten diese unverkennbare zartblaue Färbung und die Pupillen in der tiefgrünen Iris bildeten einen aufrecht stehenden Spalt – wie es nur dem Dompteur zu Eigen war. Sie schützten ihn vor dem hypnotischen Blick des Rjuchhus, indem sie sich augenblicklich bei dessen Angriff schlossen – so konnte sein lähmender Blick nicht in sie eindringen. Aber es konnte auch alles eine Laune der Natur sein, dass Tek diese Zeichen trug. Zu viele Zeiten waren vergangen, als dass die meisten der Afetiten annehmen mochten, dass in ihm tatsächlich seit undenklichen Zeiten wieder ein Dompteur unter ihnen war. So gab es nur sehr wenige – vor allem unter den Alten – die meinten, in dem jungen Tek tatsächlich einen Dompteur zu erkennen, und sie wiesen ihn in die Kunst des Pfeilefangens in der Art ein, wie es in den Legenden überliefert, und wie es nur der Dompteur zu beherrschen in der Lage war.
Viel war von den Fähigkeiten und den Besonderheiten eines Dompteurs nicht mehr bekannt. Sie herrschen über sich selbst in einer Weise, das gar die Zeit die Macht über sie verlor – so erzählte man. Daher rührte wohl auch die Bezeichnung 'Dompteur', der doch nur die Hilflosigkeit spiegelte, der Unfasslichkeit seiner Kunst einen Namen zu geben. Hingegen ohne jeden Zweifel waren sie einzigartige Bogenschützen, und so unfehlbar sie den Pfeil in sein Ziel zu führen vermochten, sollten sie auch Gewalt über ihn gehabt haben, wenn sie selbst einmal sein Ziel werden sollten.
Tek hatte bereits viel der Zeit seines jungen Lebens damit verbracht, diese hohen Kunst zu erinnern und zu vervollkommnen – und nur ein Dompteur konnte es bis zu jener Vollendung bringen, dass er mittels seines Spinschuhs selbst viele Pfeile zur gleichen Zeit abzuwehren im Stande war. Der Stamm der Grabenmacher nutzte diese alte Verteidigungsstrategie der Dompteure, die dereinst von ihnen nur gegen das Rjuchhu gerichtet war, in aller Unvollkommenheit und so gut es eben ging, nunmehr in ihrem Kampf gegen die feindlichen Stämme der Langen Schatten – im Streit um die noch wenigen verbliebenen Oasen.
Der Spinschuh war eine kunstfertig hergestellte längliche Schale aus dem Holz des Turkelbaumes – denn nur der hatte die genügende Festigkeit und Härte, um dem Pfeil zu widerstehen. Der Grabenmacher trug ihn mittels einer Art Handschuh, mit dem der Spinschuh fest verbunden war. Mit dieser Vorrichtung fing er den Pfeil ab, um ihn in einer schnellen Drehung des Körpers wieder aus der Schale herauszuschleudern – möglichst in die Richtung, aus der er gekommen war.
Tek war gut vorbereitet, und dies nun war der Tag, an dem er seine Kunst erproben wollte. Dies war der Tag, an dem es sich zeigen sollte, ob er tatsächlich ein Dompteur war – oder eben nicht.
Die Grabenmacher hatten sich für das riskante Schauspiel weit aus ihrer befestigten Oase in bekannt gefährliches Terrain hineingewagt. Bis hierher reichten ihre Gräben und Tunnel nicht mehr. Späher hatten vorher hier an diesem Ort, wo es wie überall nur noch spärliche Anzeichen früherer Vegetation gab, lockeren Boden ausgemacht – ein gefährliches Zeichen. Der Boden war im allgemeinen sehr hart, spröde und ausgetrocknet. Dort wo er keine Risse aufwies, ein kleines Schotterfeld sich auszubreiten schien, oder auch sonst nicht die übliche Härte vermuten ließ, musste man mit dem Schlimmsten rechnen – einem Rjuchhu. Diese hatten nämlich die Eigenart, sich zu vergraben und mit Erde zu bedecken, um nicht erkannt zu werden. Sobald sich ihnen etwas näherte, erhoben sie sich aus dem Boden, um ihr tödliches Werk zu beginnen.
Es waren nicht viele, die mit Tek gekommen waren, um der Vorführung beizuwohnen. Es waren vor allem Alte, darunter seine Lehrer, einige besonders Tapfere und natürlich Rahon, der Erste des Stammes. Der glaubte auch nicht daran, dass Tek ein Dompteur war – zumal er nicht besonders kräftig aussah. Tek war noch sehr jung, und er hatte nicht die Statur, aus dem ein Recke hervorgehen sollte, aber Rahon war nun einmal der Führer des Stammes, und durfte nicht vor der Gefahr zurückschrecken, die diese Prüfung in sich trug.
In respektablem Abstand gruben sich die Neugierigen in den harten Boden ein, um einigermaßen Deckung zu haben, falls die Erde vor ihnen tatsächlich einen Rjuchhu in sich barg.
Als es soweit war, ging Tek allein hinaus in das freie Feld. Er ging sehr langsam, bis er nahe genug der Stelle war, an der die Konsistenz des Bodens bösen Verdacht aufkommen ließ. Dann blieb er stehen und wartete. Nachdem er so eine Weile regungslos gestanden hatte, griff er endlich zu seinem Spinschuh und zog ihn von der Schulter. Ohne jede Eile streifte er ihn über seine rechte Hand, und verfiel dann wieder in Regungslosigkeit. Er schien zu wissen, wann die Zeit war – und sie kam.
Dort, wo das Erdreich jene verräterische Konsistenz eines lauernden Rjuchhu aufwies, wölbte sich plötzlich der Boden nach oben. Die sich aufbäumende Blase hatte nur kurzen Bestand, bevor sie den Körper des Rjuchhu freigab. Seine Form erinnerte an eine umgestülpte flache Suppenschüssel von beträchtlichen Umfang. Die erkennbare Oberseite des Wesens bestand aus einer einzigen dunkelgrauen, groben Hornplatte, über die sich feine, helle Linien quer über den gesamten Panzer zogen. Worauf es sich erhob – oder auf welche Weise es sich fortbewegte, war nicht zu erkennen. Auf der Tek zugewandten Seite der schweren Hornplatte des Untiers war eine Mulde, in dem eine Kugel ruhte – und zu beiden Seiten dieser Mulde öffneten sich, kaum das es aus dem Boden hervorgebrochen war, seltsame rohrartige Gebilde, die wie die Nüstern einer überdimensionierten Nase aussahen, und in dessen Innern, lange, dünne Stachel aus der Wandung ragten.
Einen winzigen Moment stand sich das ungleiche Paar gegenüber, dann katapultierte plötzlich dieses kugelförmige Gebilde aus der Vertiefung des Panzers, und schlug nach kurzem, hohen Flug, gehalten von einer Art Liane, die ihren Ursprung im Zentrum der Mulde hatte, nur wenige Schritte vor Teks Füßen in den Boden. Ein seltsames augenartiges Etwas stierte Tek aus dieser Kugel heraus an. Es bestand aus einer großen, kreisrunden und grellgelben Fläche mit einem großen und nicht minder grellen, roten Punkt darin, der, umspielt von in wilder Bewegung herumtanzender schwarzer Punkte und fadenförmiger Linien, in dessen Zentrum ruhte.
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