Mary Elizabeth Braddon - Der Capitän des Vultur

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Der Roman spielt in einer einsamen Gegend in England. In der Nähe ein Moor. Eine unglückliche Liebe, eine erzwungene Heirat, ein Seeräuber, Straßenraub, Mord und ein spektakulärerer Gerichtsprozess, alles in einem Roman.

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Der Capitän des Vultur

Mary Elizabeth Braddon

Inhaltsverzeichnis

Erstes Capitel.

Zweites Capitel.

Drittes Capitel.

Viertes Capitel.

Fünftes Capitel.

Sechstes Capitel.

Siebentes Capitel.

Achtes Capitel.

Neuntes Capitel.

Zehntes Capitel.

Elftes Capitel.

Zwölftes Capitel.

Dreizehntes Capitel.

Vierzehntes Capitel.

Fünfzehntes Capitel.

Sechzehntes Capitel.

Siebzehntes Capitel.

Achtzehntes Capitel.

Neunzehntes Capitel.

Zwanzigstes Capitel.

Einundzwanzigstes Capitel.

Zweiundzwanzigstes Capitel.

Dreiundzwanzigstes Capitel.

Vierundzwanzigstes Capitel.

Fünfundzwanzigstes Capitel.

Impressum

Erstes Capitel.

Der Weg nach Marley Water.

»Ist heute Abend Niemand mit der Postkutsche gekommen?« fragte der Grobschmied von Compton auf dem Moor den Wirth des Schwarzen Bären, des ersten und größten Gasthauses in diesem Kirchspiel.

»Niemand als Capitän Duke.«

»Was? Der Capitän ist also wahrscheinlich in London gewesen?«

»Er war über drei Wochen dort,« erwiederte der Wirth, der etwas scheuer Natur und nicht besonders gesprächig war.

»Ah! hm!« sagte der Grobschmied, »drei Wochen und länger in London, drei Wochen von seiner schönen, jungen Frau entfernt; drei Wochen mit Spielen und Prahlen und Fechten und Prügeln der Nachtwächter und mit Tanzen und Schmausen zugebracht; drei Wochen um des Königs Geld durchzubringen, drei Wochen —«

»Um zum Teufel zu gehen; drei Wochen um zum Teufel zu gehen!« sagte eine Stimme hinter ihm; »warum sagt Ihr es nicht geradezu heraus, John Homerton?«

»Ich will verdammt sein, wenn dies nicht Mr. Darrell Markham ist!«

»Er selbst und Niemand anderes!« sagte der Sprecher, ein hochgewachsener Mann in einem Reitrock, hohen Stiefeln und einem dreieckigen Hut, den er tief in’s Gesicht gedrückt hatte; »aber behaltet es für Euch, Homerton. Niemand in Compton weiß, daß ich hier bin; es ist nur ein fliegender Geschäftsbesuch und in ein paar Stunden bin ich wieder fort. Was war es, das Ihr über Capitän George Duke von Sr. Majestät Schiff Vultur sagen wolltet?«

»Ich wollte nur sagen, Master Darrell, daß ich, wenn ich eine so hübsche Frau hätte sie wie Mr. Duke und nur zwei Monate von zwölf bei ihr sein könnte, nicht die Hälfte dieser zwei Monate in London verliedern würde. Ich glaube, Eure Cousine mit ihrem hübschen Gesicht hatte eine bessere Partie machen können, Mr. Darrell Markham.«

»Ich glaube es auch, John Homerton,« sagte der junge Mann traurig; »ich glaube es auch.«

Die drei Männer standen während dieses kurzen Zwiegesprächs vor der Thür des Wirthshauses. Der Grobschmied hatte den Zügel seines kräftigen, kleinen, weißen Pony in der Hand, bereit zum Aufsitzen, um nach seiner Schmiede am andern Ende der langgedehnten Landstadt weiter zu reiten. Darrell Markham wandte sich von den Beiden ab und trat einige Schritte auf die vorüberführende staubige Landstraße hinaus, wo er gedankenvoll auf einen schmalen, gewundenen Pfad blickte, der sich meilenweit über das nackte, dunkle Moorland hinzog. Der Schwarze Bär stand nämlich am Eingang der Stadt und am Saume des offenen Landes.

»Wir werden eine dunkle Nacht bekommen,« sagte Markham, zu seinen Gefährten zurückkehrend, »und ich werde keinen sehr angenehmen Ritt nach Marley Water haben.

»Sie morden doch diesen Abend nicht weiter wollen, Sir ?« sagte der Wirth.

»Ich sage Euch, ich muß noch diesen Abend meinen Weg fortsetzen, Samuel Pecker. Schlechtes oder gutes Wetter, ich muß diese Nacht in Marley Water schlafen.«

»Sie waren stets so verwegen, Mr. Darrell,« sagte der Grobschmied voll Bewunderung.

»Zu einem einsamen Ritt über das Moor von Compton bedarf es gerade keines großen Muthes, John Homerton. Ich habe ein paar Pistolen, die niemals versagt haben, ein rasches, kräftiges Pferd und weiß recht gut, wie ich für meine Börse Sorge tragen soll. Ich habe es schon früher mit Straßenräubern zu thun gehabt und bin mit ihnen fertig geworden. Was aber mehr ist als Alles, ich muß es thun.«

»Ihr müßt also diesen Abend in Marley Water sein, Mr. Markham ?«

»Ich muß diese Nacht im Goldenen Löwen zu Marley Water schlafen, Mr. Pecker,« antwortete der junge Mann.

»Wirth, zeigt mir den Weg von hier nach Marley Water,« sagte ein Fremder.

Die drei Männer sahen empor. Ein Mann zu Pferde, der vor der Thüre angehalten hatte, schaute mit scharfem, forschenden Blick auf die kleine Gruppe herab. Er war so leise herangeritten, daß sie den Hufschlag seines Pferdes nicht gehört hatten. Wie lange er schon da war und woher er gekommen, konnte Keiner von den Dreien errathen; aber da war er, den letzten gelben Strahl der untergehenden Herbstsonne voll auf seinem Gesicht.

Dieses Gesicht war ein sehr hübsches. Regelmäßige Züge, eine frische Farbe der leicht von der Sonne gebräunten Wangen, braune Augen mit dunkeln, scharfgezeichneten Brauen und braunes, lockiges Haar. Der Reiter war von mittlerer Größe, kräftig gebaut und wohlproportionirt, ein Modell männlicher, englischer Schönheit. Das Pferd war gleich seinem Herrn von breiter Brust und starkem Bau.

»Ich wünsche den nächsten Weg nach Marley Water zu erfahren,« sagte er nochmals, denn es hatte etwas so Plötzliches in seiner Erscheinung gelegen, daß keiner der drei Männer seine erste Frage beantwortet hatte.

Der Wirth, Mr. Samuel Pecker, war der Erste, der sich von seiner Ueberraschung erholte.

»Jener Weg dort über das Moor wird Euch gerade wie ein Pfeil nach Marley Water bringen, Capitän,« antwortete der Wirth höflich, aber in einem etwas sonderbaren Tone.

Der Reiter nickte.

»Dank Euch, und gute Nacht!« sagte er und trabte auf dem Moorlandpfade davon.

»Capitän! Wer ist er denn?« fragte Darrell Markham, sobald der Fremde sich entfernt hatte.

»Der Mann Eurer Cousine Sir — Capitän George Duke.«

»So, das ist George Duke?« Er sprach doch wie ein Fremder.«

»Das ist seine Art soll, antwortete der Wirth, »heute mit Euch Brüderschaft trinken und Euch morgen wie einen Fremden behandeln. Man weiß nie recht, wie man mit ihm daran ist; jedenfalls ist er ein lustiger Cumpan, obschon ich mir nicht denken kann, was er diesen Abend in Marley Water zu schaffen hat, nachdem er noch keine zwei Stunden von London zurück ist.«

»Er ist ein sehr hübscher Mensch,« sagte Darrell Markham, »und ich wundere mich nicht darüber, daß Millicent Markham sich in ihn verliebt hat.«

»Es giebt Leute, welche behaupten, Miß Millicent habe sich in einen Andern verliebt gehabt, ehe sie den Capitän sah,« sagte der Wirth.

»Dann sollten sie etwas Besseres zu thun wissen, als von den Liebesangelegenheiten junger Damen zu sprechen,« antwortete Markham ernst. »Ich will Euch etwas sagen, Samuel Pecker, wenn ich mich nicht sogleich auf den Weg mache, so werde ich Marley Water diesen Abend nicht mehr finden. In einer Stunde wird es pechschwarz sein. Sagt ihnen, sie sollen Balmerino bringen.«

»Müßt Ihr diesen Abend wirklich gehen, Mr. Markham?«

»Ich sage Euch, ich muß gehen, Samuel. Sagt dem Stallknecht, er solle das Pferd herausführen. Ich werde die Hälfte des Wegs zurückgelegt haben, ehe es finster wird, wenn ich sogleich aufbreche.«

»Gute Nacht denn, Sir,« sagte der Grobschmied; »ich wünschte nur, Ihr bleibt in Compton. Der Ort ist jetzt langweilig genug, seit der alte Squire todt und die Halle geschlossen ist, während der junge Squire, wie die Leute sagen, sich in London ruinirt und auch Ihr fort seid. Compton ist nicht mehr, was es war, als Ihr ein Knabe wart und Euer Onkel, der Squire Weihnachten in der Halle hielt; das waren Zeiten und jetzt —«

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