Über den Rand seiner Pilotenbrille blickte er mich an und verdrehte die Augen.
"Na endlich, kommst du?", fragte er ungeduldig und stieß sich von der Wand weg.
"Man Tom, wir haben Zeit. Hast du vergessen dass du heute frei hast?"
Er nickte und nahm meine Hand.
Ich hatte so viele Pläne für heute, wollte spazieren gehen, in der Stadt Kaffeetrinken, Tretboot fahren und das Leben genießen.
"Okay Baby, was willst du zuerst machen?", fragte er mich, während er den Arm beschützend um mich legte.
"Ich brauch erst mal einen Kaffee", und ich dachte sehnsüchtig an dieses wunderbare Getränk, das ich so liebte.
"Aber zuerst hab ich noch eine Überraschung für dich", sagte er mit einem verschmitzten Lächeln auf dem Gesicht.
Jetzt war ich wirklich gespannt. Er war so süß und lieb zu mir, das war eigentlich mehr, als ich verdiente, aber wer hatte schon etwas gegen eine Überraschung?
Er fummelte an seiner Hosentasche herum und ich malte mir schon aus, dass es die kleinen Perlenohrringe waren, die ich ihm letztens in einem schönen kleinen Laden gezeigt hatte, oder aber den Ring mit dem Diamanten? Könnte es wirklich sein, dass er mir hier und jetzt einen superromantischen Heiratsantrag machen würde?
Während er immer noch mit seiner Hosentasche kämpfte, malte ich mir aus, wie ich wohl in einem Hochzeitskleid aussehen würde. Ein weißes? Oder ein ganz romantisches in rosé? Und Tom im Anzug… mhmmmm.
"Süße, da wir ja jetzt schon eine Zeitlang zusammen sind, hab ich mir was ausgedacht…", fing er an und ich strahlte übers ganze Gesicht. Gleich wird er es sagen. Gleich wird er die Worte sagen, die mein Leben endgültig vollkommen machen würden.
"Also ich wollte dich fragen, ob du…" Ich zitterte und ich konnte nicht anders: "Ja Tom, ich will!"
Einen Moment sah er mich verwundert an und zog etwas aus seiner Hosentasche hervor. Und er stand einfach nur so da. Es war nicht richtig so.
"Nein nein Schatz. Du musst dich hinknien, das ist nicht romantisch", meinte ich fast schon enttäuscht.
Und bevor er nun endlich die Worte sagen würde, sah ich auf seine Hand und als ich erkannte, was es war, war ich schon fast den Tränen nahe.
"Was ist das?"
"Nun, ich hab mir gedacht, wir haben uns noch fast nie zusammen diese Insel angesehen hab ich uns das hier ausgeliehen, damit wir uns mal Rügen anschauen können."
Er deutete an mir vorbei auf etwas. Als ich mich umdrehte, blieb mir fast der Atem weg, so enttäuscht war ich.
Da stand sie. Eine schwarze Vespa, die eigentlich ganz schön war, unter anderen Umständen vielleicht, in einem anderen Leben vielleicht.
"Äääh…", mehr brachte ich nicht heraus und Tom deutete es wohl als einen Ausdruck der Freude, denn ein breites Lächeln erscheint auf seinem Gesicht.
"Und wie findest du sie?"
Begeistert ging er zu der Vespa und schloss sie auf.
"Äääh…", machte ich immer noch, da ich nicht wusste, was ich sagen sollte.
"Wow Ave. Deine Begeisterung hält sich ja mal wieder in Grenzen."
Er klang etwas beleidigt und ich schreckte aus meiner Starre.
Ich überbrückte die kurze Strecke zu ihm und der Vespa und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
"Schatz. Sie ist wirklich ein Traum. Aber du hast doch ein Auto?", fragte ich unsicher, während er sich wieder aufrichtete und zwei Helme in der Hand hielt.
Der eine war pink. Ernsthaft. Es war ein richtig schönes Pink und sofort konnte ich wieder lächeln. Wahnsinn, was hatte ich nur für einen tollen Freund (hoffentlich bald Verlobten)? Hatte ich nicht ein Glück?
"Die ist doch nicht für mich"… Erleichtert atmete ich aus. Er hatte sie also nur gemietet.
"Sie ist für dich."
Ich zuckte zusammen. Für mich?
"Waaas?" Ich war echt schockiert. Er schien es in meinem Gesicht ablesen zu können, denn er kam auf mich zu und hielt mir seine Lippen für einen Kuss hin. Er dachte doch ernsthaft, dass ich mich darüber freuen würde.
"Komm Süße, machen wir uns einen schönen Tag. Und sei so gut und tu wenigstens so als würdest du es genießen."
Ich nickte nur und er schwang sich auf die Vespa, mich an der Hand mitziehend. Langsam setzte ich den Helm auf, darauf bedacht meine Haare nicht zu zerdrücken und setze mich hinter ihn.
Und los ging's. Es war eindeutig viel zu schnell für meine Verhältnisse. Ich drückte mich an ihn und umklammerte ihn so fest, dass er sich unterm Fahren zu mir umdrehte und einen schmerzenden Gesichtsausdruck aufsetzte.
"Schau nach vorne um Himmels Willen!", schrie ich durch den Fahrtwind und er lachte nur.
"Ich meins ernst!" Ich zwickte ihn zur Bestätigung in die Taille.
Das half, denn er sah wieder auf die Straße.
Ich wusste nicht wo er hinfuhr und ich ließ mich überraschen. Vielleicht kam ich ja doch noch zu meinem romantischen Heiratsantrag im Sand, mit Picknick, Champagner und langsam geht die Sonne unter. Hach, herrlich.
Wir fuhren aus der Stadt heraus und ganz ehrlich, es gefiel mir. So schnell von einem Ort zum anderen kommen und dabei den Wind in meinen Haaren spüren, das Kribbeln, das sich langsam von Angst in unbändige Freude verwandelte. Ich lockerte den Griff um Toms Taille und stieß einen Schrei aus.
Er erschrak zwar kurz, aber er stimmte bald in mein Lachen ein. Eigentlich war es ja ein wirklich schönes Geschenk. Einfach frei sein.
Ich drückte mein Gesicht in seinen Nacken und küsste ihn, so gut es der Helm zuließ. Plötzlich verlangsamte er das Tempo und ich blickte wieder hoch.
Wir kamen an die Küste Rügens und ich sah die hohen Kreidefelsen. Ich liebte diese Insel. Mein Zuhause.
Ein bisschen zerzaust stellten wir die Vespa am Strand ab und liefen bis hin zum Meer. Er hatte mich an eine Stelle geschleppt, wo absolut niemand war. Keiner. Er kannte viele solche Stellen.
"Du siehst etwas verschwitzt aus, Liebes. Wie wäre es mit ein bisschen Abkühlung?", rief er und packte mich an der Hüfte, hob mich hoch und warf mich über seine Schulter, als würde ich nichts wiegen.
Ich kreischte wie wild, als er mich in das kühle Wasser warf.
Er lachte und sprang zum Strand zurück, zog sich seine Hose und sein Hemd aus, bis er nur noch mit der schwarzen, engen Boxershort dastand, in der er einfach unwiderstehlich aussah.
Ich rappelte mich auf und lief ihm nach.
"Du Idiot! Schau nur, wie ich jetzt aussehe. Ganz nass!"
Ein leises Lächeln erklang und er setzte seinen Verführerblick auf.
"Dann musst du aus den nassen Sachen raus, wir wollen doch nicht, dass du krank wirst..."
Seine Augen blitzten, als seine Hände anfingen, mir das Wasser aus dem Gesicht zu streichen, hinunter über meine Haare und meinen Hals.
Dann wanderten sie weiter über meine Brüste zu meinem Bauch. Sanft zog er mich an sich und es war elektrisierend, ihn so nah bei mir zu spüren, während das Wasser aus meinen Haaren auf meine Schultern tropfte.
Ich gab ihm einen kleinen Stoß mit meinen Händen und er plumpste auf den Sand.
Zur Strafe kitzelte er mich durch, bis ich keine Luft mehr bekam.
Eine Weile lagen wir so da, er auf dem Rücken und ich auf seinem Arm neben ihm. Um mich zu ärgern spannte er seine Muskeln immer wieder an, sodass mein Kopf von seinem Arm in den heißen Sand rutschte.
Die Sonne auf meiner Haut und Toms Atem in meinem Haar zu spüren zauberte mir ein Lächeln auf meine Lippen.
Er flüsterte mir zärtliche Worte ins Ohr und die Sonne war nur durch den leichten Sommerwind zu ertragen.
"Tom?", fragte ich ihn vorsichtig, da ich nicht wusste, ob er eingeschlafen war.
Ein Brummen erfüllte seinen Brustkorb und ich musste lächeln.
"Du, ich weiß, dass das noch früh ist, aber ich würde so gerne mal über unsere Zukunft reden."
Er setzte sich auf und sah mich an.
"Was soll damit sein?"
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