Mein Herz glüht, an dem seinigen zu schlagen.
CHATILLON.
Der Herzog bittet, daß des alten Streits
Beim ersten Wiedersehn mit keinem Worte
Meldung gescheh!
KARL.
Versenkt im Lethe sei
Auf ewig das Vergangene. Wir wollen
Nur in der Zukunft heitre Tage sehn.
CHATILLON.
Die für Burgund gefochten, alle sollen
In die Versöhnung aufgenommen sein.
KARL.
Ich werde so mein Königreich verdoppeln!
CHATILLON.
Die Königin Isabeau soll in dem Frieden
Mit eingeschlossen sein, wenn sie ihn annimmt.
KARL.
Sie führet Krieg mit mir, nicht ich mit ihr.
Unser Streit ist aus, sobald sie selbst ihn endigt.
CHATILLON.
Zwölf Ritter sollen bürgen für dein Wort.
KARL.
Mein Wort ist heilig.
CHATILLON.
Und der Erzbischof
Soll eine Hostie teilen zwischen dir und ihm,
Zum Pfand und Siegel redlicher Versöhnung.
KARL.
So sei mein Anteil an dem ewgen Heil,
Als Herz und Handschlag bei mir einig sind.
Welch andres Pfand verlangt der Herzog noch?
CHATILLON mit einem Blick auf Du Chatel.
Hier seh ich einen, dessen Gegenwart
Den ersten Gruß vergiften könnte.
Du Chatel geht schweigend.
KARL.
Geh,
Du Chatel! Bis der Herzog deinen Anblick
Ertragen kann, magst du verborgen bleiben!
Er folgt ihm mit den Augen, dann eilt er ihm nach und umarmt ihn.
Rechtschaffner Freund! Du wolltest mehr als dies
Für meine Ruhe tun!
Du Chatel geht ab.
CHATILLON.
Die andern Punkte nennt dies Instrument.
KARL zum Erzbischof.
Bringt es in Ordnung. Wir genehmgen alles,
Für einen Freund ist uns kein Preis zu hoch.
Geht, Dunois! Nehmt hundert edle Ritter
Mit Euch und holt den Herzog freundlich ein.
Die Truppen alle sollen sich mit Zweigen
Bekränzen, ihre Brüder zu empfangen.
Zum Feste schmücke sich die ganze Stadt,
Und alle Glocken sollen es verkünden,
Daß Frankreich und Burgund sich neu verbünden.
Ein Edelknecht kommt. Man hört Trompeten.
Horch! Was bedeutet der Trompeten Ruf?
EDELKNECHT.
Der Herzog von Burgund hält seinen Einzug.
Geht ab.
DUNOIS geht mit La Hire und Chatillon.
Auf! Ihm entgegen!
KARL zur Sorel.
Agnes, du weinst? Beinah gebricht auch mir
Die Stärke, diesen Auftritt zu ertragen.
Wie viele Todesopfer mußten fallen,
Bis wir uns friedlich konnten wiedersehn.
Doch endlich legt sich jedes Sturmes Wut,
Tag wird es auf die dickste Nacht, und kommt
Die Zeit, so reifen auch die spätsten Früchte!
ERZBISCHOF am Fenster.
Der Herzog kann sich des Gedränges kaum
Erledigen. Sie heben ihn vom Pferd,
Sie küssen seinen Mantel, seine Sporen.
KARL.
Es ist ein gutes Volk, in seiner Liebe
Raschlodernd wie in seinem Zorn. – Wie schnell
Vergessen ists, daß eben dieser Herzog
Die Väter ihnen und die Söhne schlug,
Der Augenblick verschlingt ein ganzes Leben!
– Faß dich, Sorel! Auch deine heftge Freude
Möcht ihm ein Stachel in die Seele sein,
Nichts soll ihn hier beschämen, noch betrüben.
Die Vorigen. Herzog von Burgund. Dunois. La Hire. Chatillon und noch zwei andere Ritter von des Herzogs Gefolge. Der Herzog bleibt am Eingang stehen, der König bewegt sich gegen ihn, sogleich nähert sich Burgund und in dem Augenblick, wo er sich auf ein Knie will niederlassen, empfängt ihn der König in seinen Armen.
KARL.
Ihr habt uns überrascht – Euch einzuholen
Gedachten wir – Doch Ihr habt schnelle Pferde.
BURGUND.
Sie trugen mich zu meiner Pflicht.
Er umarmt die Sorel, und küßt sie auf die Stirne.
Mit Eurer
Erlaubnis, Base. Das ist unser Herrenrecht
Zu Arras und kein schönes Weib darf sich
Der Sitte weigern.
KARL.
Eure Hofstatt ist
Der Sitz der Minne, sagt man, und der Markt,
Wo alles Schöne muß den Stapel halten.
BURGUND.
Wir sind ein handeltreibend Volk, mein König.
Was köstlich wächst in allen Himmelstrichen,
Wird ausgestellt zur Schau und zum Genuß
Auf unserm Markt zu Brügg, das höchste aber
Von allen Gütern ist der Frauen Schönheit.
SOREL.
Der Frauen Treue gilt noch höhern Preis,
Doch auf dem Markte wird sie nicht gesehn.
KARL.
Ihr steht in bösem Ruf und Leumund, Vetter,
Daß Ihr der Frauen schönste Tugend schmäht.
BURGUND.
Die Ketzerei straft sich am schwersten selbst.
Wohl Euch, mein König! Früh hat Euch das Herz,
Was mich ein wildes Leben spät, gelehrt!
Er bemerkt den Erzbischof und reicht ihm die Hand.
Ehrwürdger Mann Gottes! Euren Segen!
Euch trifft man immer auf dem rechten Platz,
Wer Euch will finden, muß im Guten wandeln.
ERZBISCHOF.
Mein Meister rufe, wenn er will, dies Herz
Ist freudensatt und ich kann fröhlich scheiden,
Da meine Augen diesen Tag gesehn!
BURGUND zur Sorel.
Man spricht, Ihr habt Euch Eurer edeln Steine
Beraubt, um Waffen gegen mich daraus
Zu schmieden? Wie? Seid Ihr so kriegerisch
Gesinnt? Wars Euch so ernst mich zu verderben?
Doch unser Streit ist nun vorbei, es findet
Sich alles wieder, was verloren war,
Auch Euer Schmuck hat sich zurückgefunden,
Zum Kriege wider mich war er bestimmt,
Nehmt ihn aus meiner Hand zum Friedenszeichen.
Er empfängt von einem seiner Begleiter das Schmuckkästchen und überreicht es ihr geöffnet. Agnes Sorel sieht den König betroffen an.
KARL.
Nimm das Geschenk, es ist ein zweifach teures Pfand
Der schönen Liebe mir und der Versöhnung.
BURGUND indem er eine brillantne Rose in ihre Haare steckt.
Warum ist es nicht Frankreichs Königskrone?
Ich würde sie mit gleich geneigtem Herzen
Auf diesem schönen Haupt befestigen.
Ihre Hand bedeutend fassend.
Und – zählt auf mich, wenn Ihr dereinst des Freundes
Bedürfen solltet!
Agnes Sorel in Tränen ausbrechend tritt auf die Seite, auch der König bekämpft eine große Bewegung, alle Umstehende blicken gerührt auf
beide Fürsten.
BURGUND nachdem er alle der Reihe nach angesehen, wirft er sich in die Arme des Königs.
O mein König!
In demselben Augenblick eilen die drei burgundischen Ritter auf Dunois, La Hire und den Erzbischof zu und umarmen einander. Beide Fürsten liegen eine Zeitlang einander sprachlos in den Armen.
Euch konnt ich hassen! Euch konnt ich entsagen!
KARL.
Still! Still! Nicht weiter!
BURGUND.
Diesen Engelländer
Konnt ich krönen! Diesem Fremdling Treue schwören!
Euch meinen König ins Verderben stürzen!
KARL.
Vergeßt es! Alles ist verziehen. Alles
Tilgt dieser einzge Augenblick. Es war
Ein Schicksal, ein unglückliches Gestirn!
BURGUND faßt seine Hand.
Ich will gutmachen! Glaubet mir, ich wills.
Alle Leiden sollen Euch erstattet werden,
Euer ganzes Königreich sollt Ihr zurück
Empfangen – nicht ein Dorf soll daran fehlen!
KARL.
Wir sind vereint. Ich fürchte keinen Feind mehr.
BURGUND.
Glaubt mir, ich führte nicht mit frohem Herzen
Die Waffen wider Euch. O wüßtet Ihr –
Warum habt Ihr mir diese nicht geschickt?
Auf die Sorel zeigend.
Nicht widerstanden hätt ich ihren Tränen!
– Nun soll uns keine Macht der Hölle mehr
Entzweien, da wir Brust an Brust geschlossen!
Jetzt hab ich meinen wahren Ort gefunden,
An diesem Herzen endet meine Irrfahrt.
ERZBISCHOF tritt zwischen beide.
Ihr seid vereinigt, Fürsten! Frankreich steigt
Ein neu verjüngter Phönix aus der Asche,
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