dass ihr
Treueprämie bekommen habt und ich habe meine Auslöse von Juni noch. Aber am 15. oder 16. geht ja schon wieder Gehalt auf mein Konto. Aber mit Geld befasse ich mich erst wieder nächste Woche. Welche Zeitungen wir bestellen wollen können wir ja bereden, wenn Du da bist. Das ,Neue Leben´ lasse ich von Mutti umbestellen. Konni fährt morgen wieder nach Berlin. Sie hat sich dort bei dem neuen Kaufhaus beworben und sie wollen ja eh nach Berlin ziehen, wenn Frank von der Armee kommt. So lange wohnt sie bei ihren Eltern, wenn das mit der Arbeit klappt. Wie mag das wohl in einem Jahr um die Zeit sein? Dann haben wir es fast geschafft, mein Fratz!“
Meine Briefe vom Juli sehen übrigens sehr mitgenommen aus, die Umschläge besonders, aber auch die einzelnen Blätter. Man kann erkennen, dass Hannes sie im Feldlager gelesen hat. So auch mein letzter Brief aus der Wohnunterkunft, den ich am Abend des 10. 7. beginne:
„ M
ein geliebter Fratz!
Dies wird der letzte Brief aus der Unterkunft. Hinter unserem Haus haben sie heute den Müll zusammen geschoben. Ich war nach der Arbeit gleich da. Ella und Olaf bringen heute noch den Sessel von Mutti hin und morgen bohrt Olaf noch Einiges und Ella bringt uns zweimal Bettwäsche. Becker hat mir heute gesagt, dass wir am Freitag doch schon um 8:00 Uhr anfangen können. Das mit dem Zement hat sich erledigt. Da sind wir dann auch früh fertig. Fratz, ich bin so gespannt, was Du sagen wirst! Hoffentlich bist Du mit Allem zufrieden! Vielleicht bist Du ja schon in zwei Wochen da. Wenn schönes Wetter ist können wir baden gehen und tanzen. Ich weiß gar nicht, ob ich noch tanzen kann, Du? Nicht dass du nachher auf der Tanzfläche marschierst!“
Am nächsten Morgen, der vorletzte in der Unterkunft, berichte ich dann von einem Traum:
„ Ich habe geträumt, Du kommst auf Urlaub. Du hattest eine Feldjacke an und Jeans. Dann bin ich leider wach geworden.“, und:
„ Heute gehe ich das letzte Mal von hier aus zur Arbeit. Sei nicht böse, wenn ich erst wieder Freitagabend oder Samstag schreibe. Ich liebe Dich ganz doll! Dein Fratz Helena.“
Am Umzugstag hatte ich endlich Post von Hannes:
„
Mein lieber Fratz! Es grüßt Dich erst einmal ganz lieb
Dein Hannes!
Heute ist Samstag (6. 7.). Es ist 20:15 Uhr und ich habe mal Ruhe. Eine Woche Feldlager ist also fast rum und das bei herrlichem Wetter. Na ja, vlt. besser, als wenn es regnen würde und kalt wäre. Wir schlafen mit 14 Mann in einem Zelt und Gerüche sind hier viele vertreten. Wenn Du diesen Brief bekommst, sind es noch 14 Tage und ich bin zu hause (hoffentlich!). Wie ich Deinem Brief entnehme, bist Du also sehr fleißig. Ich glaube schon, dass mir gefällt, wie Du es einrichtest. Dass ich nur noch 60 Stunden bei der AWG machen muss. Ist natürlich sehr positiv für mich. Den Fahnenhalter werde ich wohl gleich als erstes abbauen, aber erst nach dem ,hökern´. Du kommst ja ganz schön spitz, wegen der fünf Schlüssel meine ich. Hört sich ja so an, als ob ich schon jemals einen verloren hätte. Morgen ist Sonntag, aber trotzdem ist hier bis 17:00 Ausbildung, in der Woche von 8:00 bis 17:00 Uhr. Wie geht es Deinem Handgelenk, hoffentlich besser. Bis zum SU sei ganz lieb gegrüßt von Deinem Hannes. Ich liebe Dich natürlich immer noch ganz doll.“
Welche Freude, dass ich diesen Brief noch am Umzugstag bekommen habe. Bloß nicht verlegen, dass ich ihn noch mal lesen kann, in Ruhe nach dem Umzug. Ich erinnere mich, dass ich Hannes Briefe öfter gelesen habe, auch in Ermangelung von Nachschub.
N
ach dem Umzug gleich die nächsten Berichte
„ Ich schätze, ich werde heute Abend so lange möhlen, bis alles da ist, wo ich es hinhaben will.“
Am nächsten Tag schreibe ich Hannes alles ausführlicher:
„ Ich sitze jetzt im Wohnzimmer und höre Radio nur von der Litze. Der Antennenanschluss wurde gestern doch nicht verlegt. Verzeih mir bitte, wenn ich alles ein wenig durcheinander schreibe, ich habe Dir ja so viel zu erzählen. Als ich Deinem Brief bekommen habe, hattest Du auch Post. Ich habe den Brief mit in meinen gelegt. Du brauchst aber keine Angst haben, ich habe diesmal nicht geantwortet. Ist Trixi die Schwester von den Nicoleis? Der Brief klingt ganz anders, als der von Yvonne.
Ella hatte am Donnerstag das Bettzeug vergessen und so habe ich unter Wolldecken geschlafen. Das hat vielleicht gekrabbelt. Als sie heute das Bettzeug brachte, hat sie gestaunt, wie toll das Wohnzimmer aussieht. Auch Konni gefällt es. Sie war natürlich gestern Abend schon mal da zum Gucken und wir haben gemütlich Abendbrot gegessen.
Heute habe ich Deine ganzen Sachen gewaschen und gleich auf dem Balkon aufgehängt, das ist echt prima. Montag kommt der Kleiderschrank, dann sind die Sachen, die jetzt noch im Schlafzimmer auf Deiner Liege liegen auch weg.
Ich habe die Litze vom Fernseher heute über die Lampe gehängt, so kann ich ohne schnurren fernsehen. Heute kommt eine Westernkomödie, die werde ich mir mal ansehen. Ich bekomme aber nur das 2. Programm. Das erste geht über Litze nicht. Aber mit Fernseher an oder Radio fühle ich mich nicht so allein. So nun gehe ich aber ins Bett. Heute mit bezogenen Betten. Gute Nacht mein liebster Fratz!“
Am nächsten Morgen berichtete ich, dass es nun nicht mehr von der Wolldecke gekrabbelt hat, aber eine Heerschar Mücken im Zimmer waren:
„ Dieses Ostseeviertel ist ein Mückenviertel! Wenn die nicht bald den Müll wegbringen und Mülltonnen aufstellen, haben wir hier bald ein Fliegen- und Mückenparadies, wie in einem Moor. Dann kam Marianne und wollte mit mir an den Strand nach Lubmin fahren. Sie wollte da ihren Uwe nach der Schicht treffen. Ich habe abgelehnt. Erstens habe ich noch genug zu tun hier und zweitens, was soll ich da zwischen den beiden?
Ich muss morgen unbedingt was gegen Mücken und Fliegen kaufen, das ist ja furchtbar!
Fratz, ich liebe Dich so! Nicht mal mehr zwei Wochen und dann bist Du hier! Ich hoffe sehr, dass es klappt. Es muss einfach klappen und dann so lange, wie möglich, hörst Du?! Ich habe solche Sehnsucht nach Dir! Ich könnte jetzt glattweg heulen! Die Musik im Radio muntert mich gerade auch nicht auf. Aber ich werde gleich noch Wäsche waschen, dann komme ich wieder auf andere Gedanken.
Saugen muss man hier jeden Tag, ist ja rundum nur Baustelle. Sie bauen uns noch in G-Form zu. Also bis später mein Fratz!
Ich habe noch an Oma und Hans geschrieben, sie freuen sich bestimmt.“
Dann schrieb ich weiter mit Berichten, was ich an einigen Möbeln noch machen, bzw. verändern will und was ich dazu noch brauchte. Wenn nicht gerade Sonntag gewesen wäre, wäre ich wohl noch in die Stadt gefahren und hätte Allerlei gekauft. Aber so plante ich den Einkauf für den nächsten Tag.
„ Ich habe eben unseren Namen an den Briefkasten gemacht. Hoffentlich habe ich darin bald Post von Dir! Ich glaube, ich schreibe Trixi doch. Sie tut mir nämlich leid, mit ihrer Flucht in die Vergangenheit. Du brauchst keine Angst haben, dass wird ein ganz vernünftiger Brief!“
Es ist ja doch interessant aus heutiger Sicht, wie unterschiedlich ich die Post von Yvonne und Trixi damals bewertet habe. Als ich diese Briefe jetzt gelesen habe, fand ich sie beide nicht schlimm.
An diesem Wochenende habe ich einen 14 Seiten langen Brief an Hannes geschrieben. Wann er das wohl alles lesen konnte. Na, beschwert hatte sich Hannes ja nie darüber, dass er zu viel Post oder zu lange Briefe von mir bekam.
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