Artur Weiß
DIE LETZTEN KINDER BESSARABIENS
Neuanfang nach Krieg, Flucht und Vertreibung in der DDR
Vier bewegende und tragische Geschwisterschicksale
Engelsdorfer Verlag
Leipzig
2014
Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.deabrufbar.
Titelbild
Die Geschwister
Artur, Irma, Helmuth und Herbert
Copyright (2014) Engelsdorfer Verlag Leipzig
Alle Rechte beim Autor
Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)
www.engelsdorfer-verlag.de
Cover
Titel Artur Weiß DIE LETZTEN KINDER BESSARABIENS Neuanfang nach Krieg, Flucht und Vertreibung in der DDR Vier bewegende und tragische Geschwisterschicksale Engelsdorfer Verlag Leipzig 2014
Impressum Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Titelbild Die Geschwister Artur, Irma, Helmuth und Herbert Copyright (2014) Engelsdorfer Verlag Leipzig Alle Rechte beim Autor Hergestellt in Leipzig, Germany (EU) www.engelsdorfer-verlag.de
Einleitender Artikel
Neuanfang und Berufsausbildung
Schulentlassung von Helmuth (Konfirmation)
Allgemeines und Familiäres
Politische Entwicklungen in der russischen Zone ab 1945
Staatlicher Eingriff: persönlich und familiär
Nachtrag zum Geschehen 1958
Unsere Entwicklungen
Meine Meisterprüfung, der Hausbau und Sonstiges
Mutter geht in Rente und Sonstiges
Beruflicher Aufstieg und Begleiterscheinungen
Mutter und ihr Glück des Lebens
Der Kampf mit den DDR-Behörden
Einzug in das neue Eigenheim
Das Ende meiner beruflichen Laufbahn
Meine Verhaftung und Erlebnisse in der U-Haft
Mein Gerichtsverfahren und Urteilsspruch
Einzug in den DDR-Strafvollzug
Zum Verbrecher gemacht und weggesperrt
Wieder zu Hause im Kreis meiner Familie
Das Ende der DDR und der Mauerfall
Zusammenfassender Artikel
Bemerkungen
Schlusswort
Auf dem Bauernhof meiner Eltern, Alfred und Anna Weiß, erblickten wir vier Geschwister in den Jahren 1931 bis 1939 das Licht der Welt. Unsere Kindheit erlebten wir in Klöstitz, (Bessarabien), deshalb haben wir noch „Bessarabische Wurzeln“. Somit sind wir mit die letzten Erlebnis- und Zeitzeugen, die in Bessarabien geboren sind und sich noch im hohen Alter ihrer Gesundheit erfreuen können. Bedingt durch den Hitler-Stalin-Pakt, sind alle Bessarabiendeutschen 1940 unter dem Motto „Kommt heim ins Reich“ umgesiedelt worden. 1941 fanden sie in dem besetzten Polen auf enteigneten polnischen Bauernhöfen eine neue Heimat. Die gesamte Thematik der bessarabiendeutschen Geschichte habe ich in meinem Buch: „Von Bessarabien nach Belzig“, das im November 2013 erschienen ist, beschrieben. Nach wiederholtem Verlust der Heimat gingen die entwurzelten Bessarabier daran, sich in Polen ein neues Zuhause zu schaffen. Weil es inzwischen zum Krieg gegen Russland gekommen war, dauerte es nur bis Januar 1945, bis es zur Flucht vor der heranrückenden Ostfront kam. Wieder verloren die Bauern alles und kamen in Deutschland mit dem, was sie auf dem Leibe trugen, mit Erfrierungen an den Gliedmaßen an. Nun waren sie mittellose Flüchtlinge, die auf engstem Raum bei Bauern in Dörfern einquartiert wurden. Als sie das Grauenhafte auf der Flucht Erlebte verarbeitet hatten und den Blick wieder nach vorn richten konnten, wagten alle erneut einen Neuanfang. Die in der russischen Zone verbliebenen Flüchtlinge hatten es viel schwerer, von Seiten des Staates unterstützt zu werden. In den anderen Teilen Deutschlands wurden die Flüchtlinge mit Ausgleichzahlungen für ihr zurückgelassenes Eigentum entschädigt. Am Lebensweg der vier Geschwister möchte ich zeigen, wie wir die Probleme meisterten, wie jeder seinen Weg ging in Abhängigkeit von der Gesellschaftsordnung und ihrer Politik. Auch wie gezielt die SED-Politik, die Stasi mit einbegriffen, sich in die familiären Dingen einmischte.
Voller Hochachtung gedenken wir Geschwister unserer Mutter, die trotz aller Entbehrungen und Ängste ihre vier Kinder zu ehrlichen, arbeitsamen Menschen erzog.
Um dieses Buch („Die letzten Kinder Bessarabiens“) richtig zu verstehen, ist es angebracht, den ersten Teil „Von Bessarabien nach Belzig“ zu lesen. Darin wird beschrieben, wer wir sind, woher wir kommen und dabei auch der Leidensweg der Kolonisten, die 1813 aus Baden-Württemberg (Freudenstadt) nach Bessarabien ausgewandert sind. Aus diesen Kolonisten sind meine Vorfahren hervorgegangen, die das Steppen- und Nomadenland kultivierten und 150 Jahre dort lebten. Während der politischen Turbulenzen 1940 entstand der Hitler-Stalin-Pakt, in dem unter anderem die Rücksiedlung der Bessarabiendeutschen „heim ins Reich“ verankert war. Nach der Umsiedlung in das „Dritte Reich“ erfolgte die Ansiedlung der bessarabischen Bauern 1941 auf enteignete polnische Bauernhöfe in das besetzte Polen. In dem so genannten Warthegau bewirtschafteten sie die ihnen anvertrauten Höfe. Januar 1945 erreichte sie der Räumungsbefehl und sie mussten erneut die neue Heimat verlassen. Seit 1941 führte Deutschland Krieg gegen Russland, 1944 stand fest, dass ihn das NS Regime verlor. Es erfolgte der Rückzug und die Front erreichte Polen. Tausende Treckwagengespanne verließen in Kolonnen das Staatsgebiet Polens in Richtung Deutschland, früher oder später von der Front eingeholt. Schließlich waren die Trecks täglich den Luftangriffen ausgesetzt und auch dabei gingen einige in Flammen auf. Am 11. Tag unserer Flucht hat es unseren Wagen erwischt, den ich als 14-Jähriger kutschierte. Ich konnte ihn nicht mehr halten und er stürzte eine hohe Böschung hinunter. Damit war unser Besitz verloren, nur einen Koffer konnten wir retten. Wir hatten Glück im Unglück, ein Wehrmachtsfahrzeug nahm uns mit. Nun hatten wir nur das, was wir am Leibe trugen.
Nach 12 Tagen der Flucht bei minus 20 Grad Frost und hohem Schnee erreichten wir Deutschland und kamen in ein Flüchtlingsaufnahmelager. Nach fast zwei Wochen in grimmiger Kälte, bei Tag und Nacht, tauten wir in dem beheizten Saal regelrecht auf. Hunderte Frauen und Kinder lagen am Boden und schliefen, manche riefen traumatisiert nach Hilfe.
Zermürbt von der 14-tägigen Flucht von Polen, mit Erfrierungen an Händen und Beinen erreichten wir am 26. Januar 1945 mit dem Zug von Dresden kommend unser vorläufiges Ziel, die Kreisstadt Belzig. Die Flüchtlinge wurden für einige Zeit in einem Kinosaal untergebracht, wurden medizinisch behandelt und eingekleidet.
Dieser Zug brachte uns nach Belzig in Sicherheit
Am frühen Morgen des 28. Januar 1945 begannen die NS-Behörden mit der Verteilung der Familien auf die umliegenden Dörfer von Belzig. Bei grimmiger Kälte von minus 20 Grad brachte uns ein Bus in das Dorf Mörz, hier stiegen drei Familien mit gleichaltrigen Kindern aus. Unserer Mutter wurde bei einem Bauern für ihre vier Kinder ein Zimmer angewiesen, in dem zwei Betten standen und das mit einem eisernen Ofen beheizbar war.
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