Er nickte: „Heute Abend haben Sie die restlichen Unterlagen des kontaktierten Umfeldes auf dem Tisch. Ich werde veranlassen, dass Sie Montag und Dienstag in München vor Ort in die Ermittlungen Einsicht bekommen und notfalls noch mal Gespräche mit den Angehörigen des dortigen Opfers führen können. Allerdings nur, wenn unbedingt erforderlich. Seien Sie einfach um zehn Uhr auf der Dienststelle. Dort melden Sie sich bei Hauptkommissar Klaus Maier. Ich werde ihn informieren, dass Samantha Bauer zu meinem erweiterten Team gehört, damit erst gar keine Kompetenzfragen aufkommen. Was die Übernachtung betrifft ……..“, „Schon gut“, unterbrach sie ihn. „Darum kümmere ich mich lieber selber.“
Er nickte und sie gab ihm ungefragt ihren Schlussgedanken mit auf den Weg: „Wir sollten klären, warum alle, außer einem, den Single im Status hatten. Einfach ein Bauchgefühl!“
Er stand auf und verließ, ohne den Kaffee auch nur angerührt zu haben, das Büro. An der Türe drehte er sich noch einmal kurz um: „In München könnte sich ihre Vermutung schon konkretisieren.“
Katrin blickte Samantha irritiert und zugleich fragend an, erntete aber nur ein Schulterzucken.
„Okay! Er mag ein komischer Kauz sein. Doch ich glaube nicht, dass man ihn unterschätzen darf. Er wirkt auf mich immer ein wenig wie ein zerstreuter Professor. Ich glaube, dass dieser Mann ganz genau weiß, was zu tun ist, um den bösen Jungs auf die Schliche zu kommen. Ich bin mir aber gerade nicht sicher, was sich in München bestätigt bekommen soll? Er weiß mehr als in den Unterlagen steht, soviel ist jedenfalls schon mal sicher!“
Die jüngere Kollegin stimmte dieser Beobachtung nickend zu. Danach entsorgte sie den Kaffee in einer Pflanze am Fenster.
Sam bestellte sich in der Zwischenzeit ein Zimmer im Hotel am Viktualienmarkt. Sie kannte das Garni aus ihrer Vergangenheit und wusste, dass von dort aus, das Polizeirevier über den Marienplatz schnell zu erreichen war. Seit sie das Studium abgebrochen und die Stadt verlassen hatte, war sie nie mehr dorthin zurückgekehrt. Irgendwie freute Sam sich schon auf den Besuch in der alten Heimat. Nach der Mittagspause checkte sie die Mails. Und siehe da: Er hatte sich wieder gemeldet.
< Du solltest ein bisschen tiefer in der Vergangenheit der Opfer bohren! Glaub mir, sie hatten eine Abreibung verdient. Ich wähle leider nicht aus, wer als nächstes drankommt. Das erledigen die Opfer selbst. Was die Zweier bedeuten? Gratulation! Gut recherchiert. Das wird dir helfen den Fall zu lösen. Sehe ich dich heute wieder in der Seebach-Klause?>
Jetzt sprang sie von ihrem Stuhl auf und rannte ans Fenster. Beide Hände am Kopf als müsste sie diesen vor dem Auseinanderbrechen schützen, kam ihr beim Blick ins Grüne kein klarer Gedanke. Plötzlich lagen unerwartet zwei Hände auf ihrer Schulter. Vor Schreck schnellte sie herum und sah Katrin in die Augen, die ebenso erschrak.
„Alles Okay bei dir?“
Sam nickte. „Schon gut. Mir geht gerade nur zu viel durch den Kopf. Ich bin mir einfach nicht sicher, ob ich dieses Spiel mit dem Wahnsinnigen eingehen darf.“
„Hat er sich noch mal gemeldet?“ Samantha überlegte kurz und meinte dann, noch immer in Gedanken versunken:
„Frag bitte nicht! Sobald es etwas Wissenswertes gibt, informiere ich dich. Ist nur zu deinem Schutz! Glaub mir.“
Sie machte eine kurze Pause und überlegte wie sie weiteren Fragen aus dem Weg gehen konnte.
„Wenn ich übrigens Montag und Dienstag in München bin, kannst du hier mal den Laden schmeißen und Chef spielen.“
Sie lächelte beim letzten Satz, doch erkannte Katrin auch das Ablenkungsmanöver und dass es keinen Sinn machte, weiter nachzuhaken. Natürlich war ihr aufgefallen, dass die Chefin heute, kaum redend, mit etwas haderte.
Sie wusste somit aber auch, dass eine weitere Mail eingegangen war. Allerdings ohne zu wissen, was drinstand. Sie hoffte darauf, vielleicht am Abend etwas aus Samantha herauszubekommen, wenn der Alkohol die Zunge wieder lösen würde. Sie wusste jetzt allerdings auch nicht, was sie in der nächsten SMS schreiben sollte.
Sie saßen in Robins kleiner Wohnung in Köln und überlegten wie es weitergehen sollte. „Okay, unsere Seite ist gehackt. Oder hat er ihm Informationen verkauft? Wem würdest du diese heimtückischen Morde zutrauen? Er könnte ja auch jemand engagiert haben, oder ein anderer Verrückter hat sich an unsere Fersen geheftet. Es wundert mich auch, dass wir solange nichts von Klaus gehört haben. Er hätte uns informieren müssen, wenn er den Hack festgestellt hätte?!? Meinst du, dass er mit ihm zusammenarbeitet? Hat er noch mal Geld bekommen und blockiert deshalb unsere Kontaktversuche?“
Robin überlegte noch während Batman seine Gedanken präsentierte.
Sie hatten sich die beiden Namen gegeben, um beim Mailverkehr und den Telefonaten nicht gleich aufzufallen, falls doch mal jemand an ihren Kontakt kommen sollte.
Anfangs war es wichtig, mittlerweile machten sie sich eher einen Spaß aus den Künstlernamen.
Robin stieg jetzt in die Unterhaltung ein: „Annabelle wird es rausfinden. Wir brauchen hier das Gesetzt auf unserer Seite. Es geht darum einem Dreckskerl sein Handwerk zu legen. Wie kaltblütig die sind, sieht man jetzt an dieser Mordserie?“
Batman nickte. Mal schauen, was ich über Kat noch in Erfahrung bringen kann. Ihren Verdacht sollten wir nicht ganz außer Acht lassen. Es wird eh langsam Zeit, die beiden langsam mit mehr Wahrheit zu bestücken. Wenn es zu lange dauert, dann stirbt vielleicht noch mal jemand.“
Er überlegte kurz und fügte dann hinzu: „Wir müssen auch dringend herausfinden, wer diese Mails verschickt. Natürlich steckt er dahinter, doch bin ich mir nicht sicher, ob es ein direkter Kontaktversuch war oder ob er jemand auf sie angesetzt hat.“
11. Ein geheimnisvoller Typ
Der Dienstschluss ließ nicht mehr lange auf sich warten. Katrin tauchte kurz nach zwanzig Uhr bei Sam auf. Sie bog in die kleine dunkle Seitengasse ab und klingelte an der Haustüre. Durch das Treppenhaus kam man über eine Steintreppe hinauf in das zweite Obergeschoss.
Die Wohnung erstreckte sich über einen Großteil des darunter liegenden Ladengeschäfts. Gleich wenn man durch die Eingangstüre links eintrat, stand man in einem riesigen Raum, der das Esszimmer und das dahinterliegende Wohnzimmer präsentierte. Eine offene Küche, die man erst nach ein paar Schritten erblickte, lag etwas versteckt rechts in einer Nische. Eine kleine Bar mit zwei davorstehenden Hockern trennte den weiß glänzenden Kochbereich vom offenen Ess-/Wohnzimmer.
„Darf ich?“ fragte Katrin und ging bereits weiter in den hinteren Bereich. „Tu dir keinen Zwang an. Das Schlafzimmer ist hinten links, wenn dich das interessiert.“
Tatsächlich fand sie auch noch diese Türe und trat ungeniert ein. Hier breitete sich ein riesiges Bett aus, welches nur Zentimeter vor dem, durch eine Glaswand getrennten, Bad stand.
„Geil“, sagte sie spontan, während Sam hinter ihr auftauchte.
„Kaffee, Whisky oder lieber Portwein?“ Katrin überlegte kurz: „Einen kleinen Portwein bitte. Vielleicht aber nur so viel, dass wir nicht schon das Taxi auf dem Hinweg benötigen.“
Sie nahmen an der Bar Platz, um sich auf den Abend einzustimmen: „Was für eine Erleuchtung hattest du denn gestern, welche dich so umgebogen hat?“
„Hängt alles mit meiner Vergangenheit zusammen. Ich habe früher ein paar Dinge getan, die ich nicht hätte tun sollen. Jedenfalls musste ich im letzten Jahr ein ziemliches Tief durchlaufen und hab zu nichts mehr richtig Lust gehabt. Sport, Männer, der Job, alles hat mich irgendwie angekotzt. Nun machte sich gerade in den letzten zwölf Monaten auch noch dieses Gefühl breit, als hätte ich einen von mir angezettelten Krieg gegen meinen Vater verloren. Ja, und aus diesem Loch krabble ich nun langsam wieder raus.“
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