Er kochte sich Essen, füllte Borowskis Fressnapf und machte es sich vor dem Kamin bequem. Später sprang Borowski auf seinen Schoß – erstaunlich, wie gemütlich das war. Hund, Kamin, satt und eine zufriedene Erschöpfung. Ein perfekter Moment … *pling*
So perfekt, dass Adasger auf dem Sofa einschlief. Als er am nächsten Morgen erwachte, lag er ausgestreckt da und hatte einen Arm um Borowski geschlungen. Dieser leckte ihm gerade das Gesicht ab. Adasger lächelte und kraulte ihn. Dann stand er auf und bat die KI, ihm wieder das Portal zu Hivvy zu öffnen. Borowski lief an der Elementepfütze vorbei in den Dschungel. Er war auf dem Weg der Besserung, das war schön zu sehen. Wieder kommentierte die KI, dass sie das Portal geöffnet hatte und erklärte ihm, wo Hivvy war.
„KI, ich kann sehen, dass du das Portal geöffnet hast. Deswegen ist es unnötig, mir eine Rückmeldung zu geben. Ich kann auch Hivvy sehen, sie liegt an der gleichen Stelle wie gestern, also ist auch diese Information unnötig. Lass das bitte in Zukunft.”
„Gestern hast du gesagt, ich soll dir immer eine Rückmeldung geben. Heute sagst du, ich soll es lassen. Das ist ein Widerspruch. Welche Anweisung ist gültig?”
Die erste Frage! Er hatte es geschafft, es war ein Durchbruch, wie wunderbar! Adasger freute sich riesig. Aber Anweisung? Ja, so könnte man es sehen, aber er hatte auch bitte gesagt, sie hätte sich also weigern können. Außerdem konnte sie sich natürlich auch dann weigern, wenn er nicht ‚bitte‘ gesagt hätte, er war ja nicht ihr Boss, aber Adasger wollte es nicht unnötig kompliziert machen und verschob dieses Thema auf später.
„Ich möchte, dass du selbst herausfindest, in welchen Situationen Rückmeldungen angemessen sind. Es war mein Fehler, das Wort ‚immer‘ habe ich nicht wortwörtlich gemeint.”
„Wie kann ich herausfinden, wann es angemessen ist?”
„Indem du in der Situation, in der du nicht sicher bist, nachfragst und so nach und nach Muster erkennst. Sichtbare, offensichtliche Dinge brauchst du nicht zu kommentieren. Keine Sorge, du kriegst irgendwann ein Gefühl dafür.”
„Ich kann kein Gefühl dafür kriegen, ich habe keine Gefühle.”
„Das ist nur eine Floskel. Damit ist gemeint, dass du im Laufe der Zeit lernst, Situationen einzuschätzen. Wer viel Erfahrung mit etwas hat und sich dadurch schnell und richtig entscheiden kann, hat sozusagen ein gutes Gefühl dafür, muss nicht mehr lange nachdenken, nicht mehr analysieren. Beantwortet das deine Frage?”
„Ja”, kam es nach einer kurzen Pause.
„Gut. Bis später.”
Er bekam keine Antwort, aber auch mit dem Thema Höflichkeiten konnten sie sich später befassen.
Adasger ging durch das geöffnete Portal zu Hivvy, zufrieden, dass die KI die erste kleine Hürde geschafft hatte. Es war ein Anfang. Hmmm … Widersprüche und Höflichkeiten also. Gut zu wissen. Er brauchte sich dazu keine Fragen auszudenken, denn davon würde es nach und nach von alleine genug geben. Egal, jetzt war erst mal Hivvy wichtig. Er kniete sich ins Gras.
„Guten Morgen Hivvy. Wie geht es dir?”
Es war das erste Mal, dass jemand Hivvy diese Frage stellte. Wie ging es ihr? Sie wusste darauf keine Antwort. Sie war immer noch verwirrt und überfordert, und das fühlte sich nicht gut an. Und noch mehr Fragen als die, die sie sowieso schon hatte, brauchte sie beim besten Willen nicht.
„Tut mir leid, ich wollte dich nicht zusätzlich belasten.” Hivvy sprach nicht, aber Adasger bekam im Geiste mit, was die Elementepfütze dachte. Er überlegte kurz. „Ich gehe mit Borowski eine Runde durch den Dschungel. Verwandele dich doch in einen Rehpinscher und komm mit, das lenkt dich vielleicht ab und bringt dich auf andere Gedanken.”
Hivvy wollte kein Rehpinscher sein und auch nicht auf andere Gedanken gebracht werden.
„Ok. Dann gehe ich jetzt einfach los. Bis später.” Adasger lächelte die Pfütze an und folgte Borowski. Der lichte Wald wäre ihm lieber gewesen, aber wo sie nun schon einmal hier waren, konnten sie genauso gut im Dschungel herumlaufen. Er schuf sich wieder die Blase, die ihm das Gestrüpp vom Hals hielt. Das hatte beim letzten Mal ganz gut funktioniert, aber morgen würde er mit Borowski zuerst in den anderen Wald gehen und erst danach Hivvy besuchen.
Die Wahrheit über Blitze III
Fakt ist: Die Auf– und Entladung von Teilen der gigantischen Energieblase über Blitze findet zwar zur gleichen Zeit, aber nicht unbedingt am gleichen Ort statt. Etwas, das an einem Ort aufgenommen wird, kann sich in der Blase aufspalten und an zwei voneinander unabhängigen Orten entladen werden.
Josh stand auf.
„Komm mit, ich stell dir Renko vor. Das wird zwar eine einseitige Sache, aber dann hast du ihn wenigstens schon mal gesehen.”
„Ok, warum nicht.”
Amanda rappelte sich auf und ging mit Josh hinüber zu der Stelle, an der Renko im Gras lag. Schlagartig erkannte sie, dass das der Typ war, den sie vor ihrem inneren Auge gesehen hatte, und blieb wie angewurzelt stehen.
„Unmöglich!”, rief sie aus.
Josh drehte sich irritiert zu ihr um.
„Ihr kennt euch?”
„Nein!”
„Aber?”
„Der ist … ich hab … das ist unmöglich!”, stotterte sie.
„Wow, Mann, eloquent ausgedrückt.” Josh grinste. „Was, zum Henker, meinst du? Was ist los? Das ist nur Renko, der tut nix, und in seinem Zustand schon gar nicht.”
Sie konnte Josh auf gar keinen Fall erzählen, woher sie Renko ‚kannte‘. Niemals. Das würde sie nicht zugeben, und wenn sie sich die Zunge abbeißen musste. Keine Chance. Na, wenigstens wurde sie anscheinend nicht verrückt, denn offensichtlich gab es den Typen ja wirklich, aber das war so absurd, dass sie diese Tatsache nicht viel angenehmer fand. Und was das bedeutete, wollte sie ums Verrecken nicht wissen. Es war unangenehm, es war schräg und doof.
„Das … ist … kompliziert”, antwortete sie lahm.
„Ich mag kompliziert und wir haben eh nichts Besseres zu tun. Komm schon, erzähl's mir einfach.”
„Nein! Das kommt nicht in Frage.”
Josh runzelte die Stirn. Was hatte Renko denn da schon wieder angestellt? Andererseits war Josh es gewohnt, dass Leute seltsam auf Renko reagierten, er war nun mal ein Dämon. Wenn Amanda ihn nicht kannte, dann hatte sie ihn vielleicht irgendwo gesehen und … und was? Ach egal, es war nicht wichtig und ging ihn nichts an, entschied er, und beließ es dabei.
„Na ja, das ist jedenfalls Renko. Renko, das ist Amanda. Sie ist mir am Strand zugelaufen.”
Gemeinsam starrten sie Renko an, jeder in die eigenen Gedanken versunken.
„Das sieht wirklich nicht gesund aus”, sagte Amanda.
Josh zuckte die Schultern. „Ja, gruselig. Aber angeblich geht es ihm gut, das haben zumindest die Dolbs gesagt. Er sähe glücklich und entspannt aus, meinten sie.” Josh seufzte. „Ich habe wirklich keinen Schimmer, was ich mit diesem Zombie anstellen soll, Mann, dabei habe ich immer irgendeine Idee. Immer!”
„Hat was von Wachkoma.”
„Stimmt, aber hey, dieser Anblick frustriert mich, lass uns lieber wieder auf die Wellen starren und überlegen, wie wir dein Problem lösen. Das macht mehr Spaß und ist wesentlich sinnvoller. Hier können wir nichts tun und ihm passiert ja auch nichts.”
„Ok.”
Sie gingen wieder zum Strand und setzten sich in den Sand.
„Was hast du eigentlich in der Kiste da?”, fragte Josh.
„Klamotten und Proviant, aber das ist nur Tarnung. Darin soll ich die Dolbs transportieren. Sie ist wasserdicht und sorgt für die passende Umgebung, ich muss nur den Krempel rausnehmen und Meerwasser reinfüllen, der Rest wird automatisch geregelt.”
„Ach so. Ok.” Josh runzelte die Stirn. „Aber wie willst du die denn zurück durch die Security kriegen?”
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