Joachim Stahl - Parsifal

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Als der Sohn eines moranischen Großunternehmers im All entführt wird, erhält Admiral Hoffmann den Auftrag, den jungen Mann aus der Gewalt der Raumpiraten zu befreien. Niemand ahnt, welche Gefahren damit verbunden sind.
Auch die Besatzung des Kreuzers GIRODANO BRUNO – 1 unter dem Kommando von Major Taunsend wird bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit geprüft.

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Joachim Stahl

Sternenlicht 5

Parsifal

Saphir im Stahl

Bereits erschienen:

Horst Hoffmann - Insel im Nichts

Johannes Anders - Rücksturz nach Tyros

Johannes Anders - Storm

Peter R. Krüger - Der Fehler im System

Joachim Stahl - Parsifal

In Vorbereitung:

Erik Schreiber - Wanderer

Sternenlicht 5

e-book 094

Erste Auflage 01.06.2021

© Saphir im Stahl

Verlag Erik Schreiber

An der Laut 14

64404 Bickenbach

www.saphir-im-stahl.de

Titelbild: Thomas Budach

Lektorat: Joachim Stahl

Vertrieb: neobooks

Inhaltsverzeichnis

Overtüre

1. Akt - Einsatz auf Torr

2. Akt - Vaterliebe

3. Akt - Virenwahn

4. Akt - Wertvolle Kisten

Coda

Hauptpersonen

Besatzung des moranischen Kreuzers GB-I/

DIANA:

Petrus Taunsend – Kommandant

Jon Entwissel – Astrogation

Ronja Darlfrey – Ortung

Kio Mun – Bordingenieur

Toni Walker – Armierung

Amadeus Buffon – Kommunikation

Weitere Moraner:

Omar Hoffmann – Kommandant des Expeditionsschiffes GIORDANO BRUNO

Pamina Neyd – Leiterin der Obersten Raumbehörde

Zaltan Rimski – Kommandant des Kreuzers GB-II/MARS

Ben Nabuko – Großunternehmer

Parsifal Nabuko – Bens Sohn

Raumpiraten:

Jago – Bandenanführer

Carmen – Jagos Nichte

Otello – ein junger Pirat

Ouvertüre

Sauerstoff-Restanzeige: 5 %.

Rot leuchtete die Zahl auf dem digitalen Armband. Vor einigen Minuten war die Anzeige orange gewesen, aber da war die Zahl auch noch höher. Sauerstoff entsteht im Vakuum des Alls eben nicht, er wird von Lungenatmern wie dem Menschen nur verbraucht. Mit jedem Atemzug verschwand ein kleiner Vorrat des lebenswichtigen Gases aus dem Rückentornister ihres Raumanzugs. Jeder Atemzug, der zum Sauerstofftransport des Blutes und damit zum Funktionieren der Organe notwendig war, brachte den Tod ein Stückchen näher. Wir leben, um zu sterben.

Doch war sie nicht viel zu jung zum Sterben? Gerade einmal 19 Jahre. Es kam ihr vor, als wäre sie neulich erst noch ein Mädchen gewesen, keine Frau. Ihre Brust noch flach, verspielte Gedanken im Kopf unter den dichten, dunklen Haaren, die sie damals schulterlang trug.

Ihre Mutter war nicht viel älter als 19 gewesen, als sie ihre erste und einzige Tochter auf die Welt gebracht hatte. Die Welt war ein Wüstenplanet namens Kharak, von Menschen erst seit wenigen Jahrhunderten besiedelt. Etwas kleiner als Terra, die Stammheimat der Menschheit, die inzwischen vom Krieg erschöpft und kaum noch bewohnbar war. Und sehr viel wärmer, weil der Blaue Riese des Systems den zweiten Planeten mit seinen Strahlen flutete.

Erinnerungen an ihre Kindheit entstanden in ihrem Kopf und sie klammerte sich daran wie eine Ertrinkende an einen Rettungsring. Das schöne Gesicht ihrer Mutter, die stets liebevoll für sie gesorgt hatte. Grünbraune Augen, die das quirlige Treiben ihrer Tochter beobachteten. Wie sorglos und leicht das Leben erschienen war, als sie ein kleines Mädchen gewesen war.

Sauerstoff-Restanzeige: 4 %.

Schwarz und kalt war das Weltall. Darin verstreut standen zahllose winzige Lichter, jedes eine Sonne, die Planeten wie Kharak Leben spenden mochten oder aber ihre Energie sinnlos ins Nichts des Alls streuten. Andererseits, gab es überhaupt einen Sinn? Als ihre Mutter sie unter qualvollen Schmerzen geboren hatte, war sie sicherlich voller Hoffnung gewesen, ihrer Tochter wäre ein langes und erfülltes Leben beschieden. Denn das Leben trägt seinen Sinn in sich, und es weiterzugeben ist daher sinngebend. Weshalb sonst ist der Liebesakt das befriedigendste aller Gefühle? Und der ursprüngliche Zweck dieses Aktes ist die Zeugung neuen Lebens. Unsere Natur selbst verrät uns also, warum wir leben: um das Leben weiterzutragen.

Das Gesicht Ollos tauchte vor ihrem inneren Auge auf. Seit sie mit ihm zusammenarbeiten musste, fixierten seine dunklen Augen sie bei jeder Gelegenheit, und wann immer sich die Gelegenheit bot, berührte er sie scheinbar beiläufig. Auch eine sexuell kaum erfahrene junge Frau wie sie konnte deutlich erkennen, dass sie ihm gefiel. Warum auch nicht? Sie war nicht eitel oder gar selbstverliebt, aber wenn sie in einen Spiegel blickte, gefiel ihr, was sie sah. Ihr Körper war schlank, ihr samtbraunes Gesicht ebenmäßig. Aber gefiel ihr Ollo?

Der Gedanke daran, mit ihm erneut arbeiten zu müssen, ein Schlaflager zu teilen oder seine ebenholzfarbige Haut an ihrer zu spüren, entfachte in ihr keinerlei Vorfreude. Otello, wie sein Name eigentlich lautete, war weder hässlich noch gemein, nie hatte er sie im Gegensatz zu vielen anderen schlecht behandelt, aber er war langweilig. Sprach er mit ihr, ahnte sie meist schon, welchen Satz er als nächsten formulieren würde. Häufig versuchte er zu scherzen, doch es fehlte dabei das Überraschende, welches das Lachen erst hervorlockt. Die Rolle, die Ollo in ihrer Gemeinschaft einnahm, befriedigte ihn offenbar, nie wäre ihm der Gedanke in den Sinn gekommen, dass es auch etwas anderes und womöglich viel Schöneres geben könnte.

Sauerstoff-Restanzeige: 3 %.

Näher rückte das Ende, Atemzug um Atemzug, unausweichlich wie das Vergehen eines Planetoiden in der Nähe eines Schwarzen Loches. In ihrem Geist entstand nun das Bild ihrer Mutter, die in der Küche ihrer Wohnung am Rand der kharakischen Hauptstadt nach Atem gerungen hatte und dann jäh auf den Fliesenboden gefallen war. Ein Virus war es, das sie die Gesundheit gekostet hatte, vermutlich eingeschleppt von Besuchern aus dem All, die auf dem Raumhafen östlich der Stadt gelandet waren. Zwar mussten sich Einreisende medizinisch untersuchen lassen, aber die Sicherheitskräfte Kharaks waren einer mildtätigen Spende gegenüber niemals abgeneigt und nahmen dann ihre Kontrollen etwas weniger genau als behördlich vorgeschrieben.

Ihre Mutter hatte in einer Kneipe nahe des Raumhafens Getränke ausgeschenkt. Eine der Arbeiten, die Roboter den Menschen wohl niemals abnehmen würden, auch wenn sie viel schneller und ermüdungsfrei bedienen könnten. Doch welcher Raumfahrer will das Geld für seine den Geist und Körper erfrischenden oder auch betäubenden Getränke lieber von einem digitalen Bezahlsystem abbuchen lassen, wenn er es auch einer schönen Frau in die Hand drücken kann, die ihm zu seinem gefüllten Glas ein Lächeln schenkt und sich dazu seine mehr oder minder wahren Geschichten aus dem Weltall anhört?

Carmen war beim Tod ihrer Mutter dreizehn Jahre alt gewesen. Ein viel zu früher Tod, dachte sie damals. Doch in Wahrheit würde sie wohl in noch jüngerem Alter als ihre Mutter sterben müssen.

Sauerstoff-Restanzeige: 2 %.

Carmen hatte nach dem Zusammenbruch ihrer Mutter um Hilfe geschrien. Nachbarn hatten daraufhin den medizinischen Notdienst gerufen, der nach qualvoller Wartezeit endlich das schäbige Stadtviertel erreicht hatte und die ohnmächtige und schweratmende Frau ins Krankenhaus fuhr. Die Tochter durfte mit in den Medogleiter steigen. Sie erinnerte sich an das Betreten des Krankenhauses, das sie an jenem Tag zum ersten Mal in ihrem Leben sah, an die Vielzahl von Menschen dort, die meisten hilfebedürftig, die anderen in ihren himmelblauen Kleidern hilfegebend. Eine Ärztin hatte sich der Mutter angenommen, eine schlanke Frau mit mandelförmigen Augen, die von ersten Falten umkränzt wurden, und am Hinterkopf zusammengebundenen schwarzen Kraushaaren.

Verzweifelt hatte die Tochter die Ärztin angeblickt und gefragt, ob sie ihrer Mutter helfen könne, ob diese wieder gesund werde und wie lange das dauere. Die Ärztin hatte sie unverbindlich angelächelt und dabei gemustert. Ob sie wisse, ob ihre Mutter Geld habe, hatte sie statt einer Antwort erwidert. Das Mädchen hatte die Ärztin daraufhin angeblickt, als wäre es soeben von ihr geohrfeigt worden. Nein, hatte es geflüstert.

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