»Die Bedingungen, mit denen wir hier konfrontiert sind, sind für uns alle neu«, sagte Gridley. »Nichts, was einer von uns vorschlagen oder befehlen mag, kann auf persönlichen Erfahrungen oder Kenntnissen beruhen, die der Rest nicht besitzt. In solchen Fällen denke ich, dass wir unsere Entscheidung besser nach einer ausführlichen Diskussion treffen sollten, anstatt uns blind auf irgendwelche Autoritäten zu verlassen.«
»Das ist bisher auch die Politik von Greystoke gewesen«, sagte Zuppner, «und sie hat es uns allen sehr leicht und angenehm gemacht. Ich bin ganz Ihrer Meinung, aber ich kann mir keinen praktikableren Plan vorstellen als den, den Sie vorhin vorgeschlagen haben.«
»Alles klar«, sagte Gridley. »Werden Sie mich begleiten, Leutnant?«, fragte er und wandte sich an von Horst.
Der Offizier grinste. »Ob ich will?«, fragte er lachend. «Ich hätte es Ihnen nie verziehen, wenn Sie mich außen vor gelassen hätten.«
»Gut«, sagte Gridley. »Ich denke, wir sollten uns nun vorbereiten und morgen so früh wie möglich aufbrechen. Sehen Sie zu, dass die Waziri gegessen haben, Leutnant, und sagen Sie Muviro, dass ich sie mit Gewehren bewaffnet haben will. Diese Burschen können zwar gut damit umgehen, aber sie schauen abschätzig auf alles, was moderner ist als ihre Kriegsspeere und Pfeile.«
»Ja, das habe ich bemerkt«, sagte Hines. »Muviro hat mir vor ein paar Tagen erzählt, dass seine Leute Feuerwaffen als eine Art Eingeständnis von Feigheit betrachten. Er erzählte mir, dass sie sie für Zielübungen benutzen, aber wenn sie auf die Jagd nach Löwen oder Nashörnern gehen, lassen sie die Gewehre zurück und nehmen lieber ihre Speere und Pfeile mit.«
»Nachdem sie gesehen haben, was ich sah, werden sie mehr Respekt vor einem Schnellfeuergewehr haben«, sagte Dorf.
»Sehen Sie zu, dass sie genug Munition mitnehmen, von Horst«, sagte Gridley, »denn nach dem, was ich in diesem Land gesehen habe, werden wir wohl keinen Proviant mitnehmen müssen.«
»Ein Mann, der von diesem Land nicht leben könnte, würde wohl auch auf einem Fleischmarkt verhungern«, sagte Zuppner.
von Horst ging, um Gridleys Befehle auszuführen, während dieser in seine Kabine zurückkehrte, um sich auf die Expedition vorzubereiten.
Die auf der O-220 verbliebenen Offiziere und Besatzungsmitglieder waren alle anwesend, um sich von der Expedition zu verabschieden, die sich auf die Suche nach Tarzan von den Affen machte, und als die zehn strammen Waziri-Krieger hinter Gridley und von Horst davonmarschierten, sagte Robert Jones, der von der Tür der Kombüse aus zusah, voller Stolz: «Die ganz’n fliegend’n Schlangen sollten jetzt besser aus’m Land flattern.« Zusammen mit den anderen beobachtete Robert die kleine Gruppe über die Ebene queren, bis sie in den dunklen Wäldern auf der gegenüberliegenden Seite verschwunden war. Dann blickte er zur Mittagssonne hinauf, schüttelte den Kopf, hob resigniert die Handflächen und kehrte in seine Kombüse zurück.
Fast unmittelbar nachdem die Gruppe das Schiff verlassen hatte, wies Gridley Muviro an, die Führung zu übernehmen und nach Tarzans Spur Ausschau zu halten, da er von der ganzen Gruppe der erfahrenste Spurenleser war. Der Waziri-Häuptling hatte keine Schwierigkeiten, der Spur des Affenmenschen über die Ebene und in den Wald hinein zu folgen, aber hier, unter einem großen Baum, verschwand sie.
»Der Große Bwana hat sich hier in die Bäume geflüchtet«, sagte Muviro, »und kein Mensch, ob lebendig oder tot, könnte seiner Spur durch die Baumwipfel folgen.«
»Was schlägst du vor, Muviro?«, fragte Gridley.
»Wenn das sein eigener Dschungel wäre, würde er sich über durch das Geäst in einer direkten Linie auf den Ort zubewegen, den er aufsuchen will«, antwortete der Krieger. »Es sei denn, er wäre auf der Jagd, in diesem Fall würde seine Richtung durch die Spuren und den Geruch des Wildes beeinflusst werden.«
»Er hat zweifellos hier gejagt«, sagte von Horst.
»Dann bewegt er sich in einer geraden Linie weiter, bis er die Duftspur des Wildes wahrgenommen oder eine gut ausgetretene Wildfährte gefunden hat«, sagte Muviro.
»Und was würde er dann tun?«, fragte Gridley.
»Er könnte über der Fährte warten oder ihr folgen«, antwortete Muviro. »In einem neuen Land wie diesem würde er ihr wohl nachgehen, denn er war schon immer daran ganz besessen davon, jedes neue Land zu erforschen, in das es ihn verschlägt.«
»Dann lasst uns in der gleichen Richtung in den Wald gehen, bis wir auf eine Wildfährte stoßen«, sagte Gridley.
Muviro und drei seiner Krieger gingen voraus, schnitten Gestrüpp, wo es nötig war, und markierten die Bäume in regelmäßigen Abständen, damit sie ihren Weg zum Schiff leichter zurückverfolgen konnten. Mit Hilfe eines kleinen Taschenkompasses richtete Gridley die Marschrichtung aus, die sonst unter der ewigen Mittagssonne, deren warme Strahlen durch das Laub des Waldes fielen, schwer zu halten gewesen wäre.
»Gott! Was für ein Wald!«, rief von Horst aus. »Hier nach einem Mann zu suchen, ist wie die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen.«
»Außer«, sagte Gridley, »dass man bei der Nadel eine kleine Chance hat, sie zu finden.«
»Vielleicht sollten wir ab und zu einen Schuss abgeben«, schlug von Horst vor.
»Ausgezeichnete Idee«, sagte Gridley. »Die Gewehre haben ein stärkeres Kaliber und machen einen lauteren Knall als unsere Revolver.«
Nachdem er die anderen vor seiner Absicht gewarnt hatte, wies er einen der Schwarzen an, drei Schüsse im Abstand von einigen Sekunden abzugeben, denn weder Gridley noch von Horst waren mit Gewehren bewaffnet, jeder der Offiziere trug zwei Colts vom Kaliber 45. Danach wurde in Abständen von etwa einer halben Stunde ein einzelner Schuss abgefeuert. Aber je weiter der Suchtrupp in den Wald vordrang, desto bewusster wurde jedem Mitglied dass ihre Suche vergeblich sein könnte.
Bald änderte sich die Beschaffenheit des Waldes. Die Bäume standen nicht mehr so dicht beieinander, bildeten mit dem Unterholz aber immer noch ein fast undurchdringliches Dach. Dann stießen sie auf einen breiten Wildpfad, der von unzähligen Hufen und Tatzen bis zu einer Tiefe von zwei Fuß oder mehr unter der Oberfläche des umgebenden Bodens gedrückt wurde. Hier beging Jason Gridley einen Fehler.
»Wir müssen uns nicht mehr die Mühe machen, die Bäume zu markieren, solange wir dieser Fährte folgen«, sagte er zu Muviro, »außer an den Stellen, an denen sie sich gabelt oder von anderen Pfaden gekreuzt wird.«
Es war ein ganz natürlicher Fehler, denn ein paar vereinzelte markierte Bäume entlang des Pfades würden wenig Zweck haben, wenn sie ihm zurück folgen wollten.
Sie kamen hier besser voran, die Waziri-Krieger eilten schnellen Schrittes voraus und so, legten sie Meile für Meile zurück. Mittlerweile hatten sie sich an die Mittagssonne gewöhnt, so dass die Zeit für sie keine Bedeutung mehr hatte. Um sie herum wimmelte das Leben und zog die Aufmerksamkeit von Schwarzen und Weißen gleichermaßen auf sich.
Seltsame Affen, einige von ihnen von erstaunlich menschenähnlichem Aussehen und von beträchtlicher Größe, beobachteten sie. Vögel mit buntem und düsterem Gefieder stoben protestierend vor ihnen davon, und immer wieder tauchten düstere Schemen im Unterholz auf, begleitet vom Geräusch patschender Tatzen.
Manchmal durchquerten sie einen Waldabschnitt, der so still war wie ein Grab, und dann wieder schienen sie von einem Tumult aus abscheulichem Knurren, Brüllen und Schreien umgeben zu sein.
»Ich würde gerne ein paar von diesen Viechern sehen«, sagte von Horst nach einem besonders wilden Ausbruch von Lärm.
»Ich bin überrascht, dass wir bisher noch keine gesehen haben«, erwiderte Gridley. »Aber ich kann mir vorstellen, dass sie uns gegenüber noch ein wenig misstrauisch sind. Nicht nur wegen unserer Anzahl, sondern auch wegen der für sie fremden und ungewohnten Gerüche, die uns umgeben müssen. Die haben ihr Misstrauen noch verstärkt, das durch den Klang unserer Schüsse geweckt worden sein muss.«
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