1 ...6 7 8 10 11 12 ...27 Die Studienergebnisse lassen darauf schließen, dass die ‚chronischen Entzündungs-Prozesse’ infolge der übermäßigen/gesteigerten Produktion von Stickoxid bei der MS eine wichtige Rolle spielen und dass die normale Auflösung dieser entzündlichen Prozesse durch die Aktivierung des Transkriptionsfaktors NF-kB (nuclear factor kappa B ()) und die Induktion des Zelltods gestört ist.
[Anmerkung:
Wissenschaftler der Abteilung Neuropathologie des Bereichs Humanmedizin der Georg-August-Universität Göttingen sowie der Mouse Biology Unit des Europäischen Laboratoriums für Molekularbiologie (EMBL) im italienischen Monterotondo haben herausgefunden, dass die entzündlichen Prozesse durch ein zelluläres Signal-Molekül () namens NF-kB [nuclear factor 'kappa-light-chain-enhancer' of activated B-cells] verstärkt werden.
Durch Blockierung der NF-kB-aktivierenden Proteine IKK-beta (= Blockierer/ Hemmer der Kappa-B-Kinase-Untereinheit des Kernfaktors beta; d.i. ein Protein, welches beim Menschen vom IKBKB-Gen codiert wird) und NEMO (NF-kB Essential Modulator) kann die krankheits-fördernde Aktivität des Signal-Moleküls allerdings unterbunden werden.
Die Ergebnisse wurden in der Online-Ausgabe der Fachzeitschrift Nature Immunology veröffentlicht.
„NF-kB ist ein zentrales Regulations-Protein, das an fast allen Entzündungs-prozessen beteiligt ist", erklärt Dr. Hauke Schmidt , wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Göttingen und Co-Autor der Studie, auf Nachfrage.
„Wir wussten jedoch nicht, ob NF-kB die Gehirn- und Rückenmark-Zellen vor den Auswirkungen einer Krankheit schützt oder die Situation verschlimmert“, so Manolis Pasparakis, ehemaliger Gruppenleiter an der EMBL Mouse Biology Unit und derzeitiger Professor am Institut für Genetik an der Universität Köln.
NF-kB ist ein entscheidender Vermittler von Signalen in der Zelle und an der Modulation von vielen Zellfunktionen beteiligt].
Diese Ergebnisse würden – so die Forscher – neue Wege für die Suche nach therapeutischen Interventionen aufzeigen.
Übrigens:
Dies deckt sich mit den Ausführungen von Martin Pall (Prof. für Biochemie und Grundlagenwissenschaften in der Medizin, Washington State University) in seinem Buch „Explaining ‚unexplained’ illnesses“.
Hoch interessant ist in diesem Zusammenhang auch ein aktuelles Forschungsergebnis des Teams um Prof. Dr. Martin Kerschensteiner (Neuroimmunologe – LMU [= Ludwig-Maximilian-Universität] München), und Prof. Dr. Thomas Misgeld (Neurowissenschaftler der TU [= Technische Universität] München) publiziert Anfang 2011 („Nature Medicine“).
Aus der Publikation „Weitere Ursache der Multiplen Sklerose aufgespürt“ zitiere ich auszugsweise:
Sauerstoff- und Stickstoff-Radikale attackieren Nervenzellen
… „Bislang ging man davon aus, dass die Nervenschäden bei der MS durch den Verlust der Schutzschicht um die Nervenfasern (Myelinschicht) entstehen.
Aufgrund der Untersuchungsergebnisse postulieren die Forscher, dass dies nicht die einzige Ursache ist.
Sauerstoff- und Stickstoff-Radikale, die von Immunzellen produziert werden, greifen die Energie-erzeugenden Teile der Nervenzellen an und führen so zum Nerven-Schaden. … Und das auch an Axonen, die noch von einer intakten Myelin-Schicht umhüllt sind!
Das war der Beleg, dass die Zerstörung der Myelin-Schicht nicht die einzige Ursache für die Nervenschädigung sein kann .
… Im Verlaufe der Forschungsarbeiten (an Mäusen, dia an MS erkrankt waren) konnte das Forscherteam nachweisen, dass bei dieser Form der Axon-Degeneration Sauerstoff- und Stickstoff-Radikale eine entscheidende Rolle spielen.
… Eine weitere Entdeckung des Teams war die Tatsache, dass dieser neu entdeckte Nerven-Degenerationsprozess im Tiermodell durch eine medikamentöse Therapie nicht nur aufgehalten, sondern sogar rückgängig gemacht werden konnte!
Die Hoffnung der Forscher, dass sich aus diesen Erkenntnissen ein Therapie-Ansatz für die Behandlung von MS beim Menschen entwickeln lässt.“ …
Chemokine spielen eine wichtige Rolle bei der MS
Chemokine () sind Stoffe, die die Wanderung von Immun-Zellen () regulieren.
Eine Gruppe von Wissenschaftlern aus München untersuchte deren Rolle bei Multipler Sklerose in einem durch die DMSG (Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft e.V.] geförderten Forschungsprojekt.
Chemokine können die Wanderung von Immunzellen unter anderem zu entzündlichen Läsionen regulieren.
Daraus ergibt sich die Möglichkeit neuer therapeutischer Perspektiven auch für die Multiple Sklerose.
Im Forschungsprojekt der Gruppe um Prof. Reinhard Hohlfeld und Prof. Edgar Meinl (Institut für Neuroimmunologie der LMU München) sollte herausgefunden werden, wie viel von einem dieser Chemokine, genannt CXCL 13, bei MS gebildet wird.
Aus dem Abschlußbericht zitiere ich nachfolgend auszugsweise:
…„Multiple Sklerose:
Die Rolle des Chemokins CXCL13
(CXC motif chemokine 13; d.i. ein Oberflächen-Protein aus der Gruppe der Chemokine. Es ist beteiligt an der Immunantwort (); es dient als „zelluläres Warnsignal“ . An CXC13 binden Immunzellen mit passendem Chemokin-Rezeptor an, wodurch sich Immun-Zellen am Ort einer Entzündung ansammeln und so die Immunantwort lokal verstärkt wird)
für die Migration von T-Zellen (T-Lymphozyten) und B-Zellen (B-Lymphozyten) in das Nervensystem"
... „Die entzündlichen Läsionen im ZNS (Zentralen Nervensystem) von MS-Erkrankten entstehen durch Einwanderung von Immunzellen in das Gehirn und Rückenmark. Die Wanderung von Immunzellen wiederum wird durch Botenstoffe reguliert, die man Chemokine nennt. Ziel dieses Projektes war es, genauere Kenntnisse über einen dieser Botenstoffe, genannt CXCL13, zu gewinnen. Dieser Botenstoff ist bekannt dafür, dass er die Wanderung einer Untergruppe von Immunzellen, genannt B-Zellen, in lymphatische Organe wie Milz, und Lymphknoten steuert. Die Forscher fanden heraus, dass CXCL13 in MS-Läsionen mit aktiver Entzündung verstärkt vorkommt.
Diese Befunde wurden mit molekularbiologischen Methoden (quantitative PCR ()) und durch mikroskopische Untersuchungen (Immunhistochemie) erhoben.
Als Quelle von CXCL13 in MS-Läsionen wurden Makrophagen (Fresszellen ()) identifiziert. Dieser Befund wurde durch Zellkultur-Untersuchungen herausgearbeitet, in denen entzündliche Mediatoren identifiziert wurden, die die Produktion von CXCL13 durch Makrophagen regulieren.
Eine entzündliche Läsion im Gehirn eines MS-Patienten ist im Mikroskop untersucht und fotografiert worden. [Krumbholz et al., Brain 2006].
Die Untersuchungen des Liquors zeigten, dass CXCL13 im Liquor von MS-Erkrankten erhöht war. Interessanterweise bestand eine enge Korrelation zwischen der Zahl von Immunzellen (T-Zellen, B-Zellen) im Liquor und der Konzentration dieses Chemokins. Ebenso bestand ein sehr enger Zusammenhang zwischen der Produktion von Antikörpern im ZNS der Patienten und der Konzentration von CXCL13 im Liquor. Im Liquor von MS-Patienten wurden die Konzentration des Chemokins CXCL13 sowie die Zahl von Entzündungszellen (T-Zellen) gemessen.
Eine höhere Konzentration von CXCL 13 ging einher mit einer erhöhten Anzahl von T-Zellen. Diese Korrelation war statistisch hochsignifikant.
Zusammenfassung und Ausblick:
Die Untersuchungen sprechen dafür, dass der Botenstoff CXCL13 das Einwandern von Immunzellen in akute entzündliche MS-Läsionen beeinflusst und steuert.
Interessanterweise hat unabhängig von diesen Untersuchungen eine amerikanische Gruppe in einem Tiermodell der MS den gleichen Botenstoff ausgeschaltet und dadurch den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen können (J. Immunol. 2006, 176).
Die Hemmung von CXCL13 könnte also eine interessante therapeutische Perspektive bieten.
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