Gudrun Elisabeth Bartels
Mathildas Buch
Ein Stück Familienheimat
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Inhaltsverzeichnis
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Der wahre Roman einer Familie Der wahre Roman einer Familie Der Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg war bei Bauarbeiten entdeckt worden. Die kontrollierte Sprengung der 5-Zentner-Bombe erfolgte am späten Abend und ließ den Himmel über der Stadt feuerhell erleuchten. Die Detonation war noch mehrere hundert Metern spürbar und hinterließ erheblichen Schaden. Ein Gebäude in unmittelbarer Nähe brannte völlig aus. Etliche Fenster von Wohnungen und Geschäften gingen zu Bruch. Das ganze Ausmaß der Sprengung wurde erst am nächsten Morgen sichtbar und noch Tage, Wochen und Monate danach spürten die betroffenen Menschen den Nachhall der Explosion.
Marissa
Emilia
Marissa
Mathilda
Emilia
Juliane
Sandrina
Mathilda
Emilia
Emilia
Nikolas
Mathildas Kleid
Mathildas Buch
Lia und Nick
Klostermansfeld
Konrad
Josef
Mathilda
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Ein Stück Familienheimat
Das Schmuckkästchen
Anmerkung:
Impressum neobooks
Gudrun Elisabeth Bartels
Der wahre Roman einer Familie
Der Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg war bei Bauarbeiten entdeckt worden. Die kontrollierte Sprengung der 5-Zentner-Bombe erfolgte am späten Abend und ließ den Himmel über der Stadt feuerhell erleuchten.
Die Detonation war noch mehrere hundert Metern spürbar und hinterließ erheblichen Schaden. Ein Gebäude in unmittelbarer Nähe brannte völlig aus. Etliche Fenster von Wohnungen und Geschäften gingen zu Bruch.
Das ganze Ausmaß der Sprengung wurde erst am nächsten Morgen sichtbar und noch Tage, Wochen und Monate danach spürten die betroffenen Menschen den Nachhall der Explosion.
Das reetgedeckte niedrige Haus duckte sich hinter den Dünen vor dem Wind der See zusammen. Im Laufe der langen Jahre, die es hier schon kauerte, war es alt und grau geworden, hatte Falten und Furchen. Die Fenster waren blind geworden von der salzigen Gischt, die immer wieder bei kräftigem Wind und Sturm dagegen peitschte.
Der Hauseingang wurde von einem Vordach geschützt. Ein kleiner, schmaler grob gepflasterter Weg führte den Ankömmling zur Türe, an der die Jahre ebenfalls nicht spurlos vorüber gegangen waren. Das Holz war grau und porös, die Angeln rostig. Aber die massive Konstruktion hielt bisher allen Wettereinbrüchen stand.
Neben der Tür blickten rechts und links die beiden kleinen Fenster jedem Besucher freundlich entgegen. So freundlich wie jeder empfangen wurde, der den schweren, goldenen Türklopfer betätigte. Diesen hatte ein Vorfahr des letzten Eigentümers von einer seiner abenteuerlichen Reisen mitgebracht. Er war höchst kunstvoll geschmiedet und hielt jeden, der ihn berührte, erst einmal zum staunenden Betrachten an.
In der Tat war es eher ein Schmuckstück denn ein Gebrauchsgegenstand, den man da in der Hand hielt. Ein goldener Reif, kunstvoll geschmiedeter ineinander verflochtener Stränge, die sich wie ein Gitter verwoben. Geschmückt mit bunten, großen, gläsernen Steinen, die – wenn die Sonne darauf fiel – in großartigen Kaskaden funkelten und Lichtersträuße auf Tür und Eingang zauberten. Vielleicht waren es wertvolle Edelsteine. Vielleicht nur billiges Glas. Niemand hatte sich bisher die Mühe gemacht, das zu erforschen. Aber das war auch nicht wichtig. Wichtig waren nur die Freude, die der Anblick in Jedem auslöste und ein Gefühl von Glück.
Als Marissa durch die Dünen kam und die steinige Wegpflasterung zum Haus hinunterging, spürte sie sogleich dieses wundersame Glücksgefühl, das ihr entgegenwehte wie schon der Wind am Strand, über den sie zuvor hierher gestapft war. Sanft und leicht wie eine streichelnde Hand. Und das Licht hinter den milchigen Fenstern strahlte zu ihr wie eine Ermunterung. Das genügte um ihr den sonst schon dunklen Weg zu erhellen und sie sicher bis zur Haustüre zu führen.
Dort angekommen strich sie über die kunstvollen Verzierungen des Türklopfers, hob ihn an und ließ ihn gegen die Holztür fallen. Nur ganz leicht. Sie wartete nicht, bis ihr geöffnet wurde. Sie wusste, sie wurde erwartet.
Lange war sie nicht hier gewesen, doch sobald sie die Schwelle überschritten hatte, war alles wieder da. Die Vertrautheit, die Wärme, die Geborgenheit.
Gerade die Wärme tat ihr augenblicklich überaus wohl. Ihre Haare und Kleidungsstücke klebten ihr verschwitzt am Körper und sie schmeckte Salz auf ihren Lippen. Sie war sehr müde. Sie sehnte sich nach einem weichem Bett, einer warmen dicken Decke, in die sie sich kuscheln konnte, eintauchen in tiefe Traumwelten weit ab von der Wirklichkeit.
Sobald sich ihre Augen an die dämmrige Helle des Raumes gewöhnt hatten, nahm sie immer mehr die altvertrauten Gegenstände war. Den Kamin, in dem an Winterabenden ein wohliges Feuer brannte, jetzt aber dunkel vor sich hin schlief, der alte Lehnstuhl davor, auf dem noch immer die alte bunte Flickendecke lag, die die Großmutter vor langer Zeit in liebevoller Handarbeit selber hergestellt hatte und dem Großvater viele Jahre die alten, müden Beine wärmte.
Auf dem kleinen, runden Holztisch lagen Stapel von Büchern, gelesenen und ungelesenen. Daneben standen Becher und Teekanne für den sofortigen Gebrauch. Auf dem Kaminsims lehnten Schwarz-Weiß-Fotos alter Verwandter und - wie ein Fremdkörper - eine Fotografie aufgenommen in modernster Digitaltechnik. Marissa musste nicht näher gehen um zu sehen, wer darauf abgebildet war. Vielmehr ließ sie ihren Blick rasch darüber hinweggleiten, hin zu dem Schrank mit den Glastüren, hinter denen sich Schätze aus aller Welt befanden. Krüge, Gläser, Steine, Becher aus Gold, verzierte Teller und Gefäße. Errungenschaften von den weiten Reisen des alten Seefahrers, dem das Haus einst gehörte und mit dem Inventar von seinen Erben an die neuen Eigentümer verkauft worden war. Marissa fand sie wunderschön. Sie öffnete eine der Türen des Schrankes und nahm zielgerichtet ein kleines, wundersam filigranes hölzernes Schmuckkästchen heraus, welches es ihr schon als Kind angetan hatte und das sich auf besondere Weise von den anderen Sätzen unterschied, so als ob es nicht dazugehörte. Der Deckel war geschmückt mit einer kunstvoll geschnitzten Rose, die sich von oben herab um das ganze Kästchen rankte. Vorsichtig strich Marissa über die Blütenblätter, die Stile, spürte sacht die kleinen Stacheln und meinte den feinen Duft der Rose zu riechen als sie ihre Nase daranhielt. Immer wenn sie früher das Kästchen in der Hand gehalten hatte, war die Neugierde groß gewesen zu erforschen, was es wohl enthielt, aber der Deckel war verschlossen. Einen Schlüssel gab es nicht und sie hatte sich nie getraut, den versteckten Verschlussmechanismus zu erforschen. Auch niemand sonst hatte bisher scheinbar das Bedürfnis gehabt, an das Innere zu gelangen. Irgendwie gehörte dieses Geheimnis zu dem Kunstwerk und machte es wohlmöglich noch bedeutsamer.
Sie lächelte leicht als sie es zurück an seinen Platz stellte und die Schranktür schloss.
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