Sie hatte diesen Gedanken noch nicht ganz beendet, da sprang wie aus dem nichts ein Puma auf den Hals ihres Pferdes und biss dem Tier in den Nacken. Wild vor Schmerz bäumte sich das Tier auf, schüttelte krampfhaft mit dem Hals und versuchte das Tier abzuschütteln. Isabella hatte entsetzt aufgeschrien, als der Puma vor ihr auf das Pferd gesprungen war. Die Schrecksekunde, die es gedauert hatte, bis sie die Situation erkannt hatte, hatte der Puma genutzt um sich am Pferdehals fest zubeißen. Schießen konnte sie nicht, dafür war der Puma zu nah, doch sie versuchte ihn, mit dem Gewehrkolben vom Pferd zu schlagen. Mit aller Kraft schlug sie auf das Tier ein, der Puma ließ vom Hals des Pferdes ab und krallte nun seine eine Tatze tief in Ihren Oberschenkel, während er mit seinen spitzen Zähnen ihrem Körper näher kam. Schmerzlich schrie sie auf und panisch hieb sie weiter und weiter mit dem Gewehr auf den Puma ein.
In diesem Moment setzte sich Tipsy in Bewegung, um dem Puma zu entkommen. Doch dieser hatte sich wieder in ihrem Hals festgebissen. Mit großer Mühe konnte sie sich auf dem Pferd halten und versuchte gleichzeitig die Bestie abzuschütteln. Tipsy wurde schneller und schneller. Isabella hielt in der einen Hand die Zügel und zugleich das Sattelhorn um sich Halt zugeben, während die andere Hand versuchte mit dem Gewehrkolben den Puma zu treffen, der immer noch am Hals hing. Geduckt, um nicht von den Ästen der Bäume aus dem Sattel gehoben zu werden, sah sie vor sich das Ende des Waldes kommen.
Bis zur offenen Prärie musste sie es schaffen, dann würde sie sich besser bewegen können, doch bis dahin schien endlose Zeit zu vergehen. Endlich hatte Tipsy die Böschung erreicht und galoppierte in wildem Tempo hinunter. Isabella drohte Gefahr den Halt zu verlieren. Sie war eine gute Reiterin und saß seit Kindesbeinen an im Sattel, doch auf diese Extremsituation war sie nie vorbereitet worden. Sie krallte sich mit den Oberschenkeln am Pferd fest und war froh, als sie auf ebenem Boden angekommen waren. Doch anstelle, das Tipsy in Richtung Ranch ritt, fegte sie die Prärie in der entgegengesetzten Richtung entlang. Nun konnte sie sich aufrichten. Sie band die Zügel um den Sattelknauf, damit sie sie nicht verlor und nahm das Gewehr in beide Hände. Mit der restlichen Kraft, die sie noch hatte, holte sie mit dem Gewehr aus und schlug dem Puma mit voller Wucht den Kolben auf den Kopf. Dieser ließ endlich fauchend von dem Tier ab und mit einem gleich darauf folgenden zweiten Hieb flog der Puma in hohem Bogen vom Pferd. Innerlich atmete Isabella auf.
Sie hatte es geschafft, die gefährliche Bestie abzuschütteln. Schnell verstaute sie das Gewehr wieder in dem Schaft unter ihrem Oberschenkel und nahm die Zügel wieder auf. Nun musste sie nur noch Tipsy beruhigen und in Richtung Ranch lenken, doch das Tier war so in Panik, das es weder auf die beruhigenden Worte von ihr noch auf die Zügelhilfen reagierte. Im Gegenteil jetzt auf dem offenen Gelände legte das Tier noch an Tempo zu. Sie entfernten sich im mörderischem Tempo Meile um Meile mehr von der Ranch und die Umgebung wurde immer fremder für sie.
Auf der Anhöhe zügelte er sein Pferd. Der Wald lag endlich hinter ihm und gab ihm nun einen freien Blick auf die atemberaubende Landschaft unter ihm. Lange war er unterwegs gewesen und seine Mission betreffend war er in der Zwischenzeit keinen Schritt vorangekommen.
Etwas unentschlossen, wohin er sich nun wenden sollte, stand er auf dieser Anhöhe und ließ den Zauber der Natur auf sich wirken. Zwischen dem kleinen Bergrücken, auf dem er jetzt stand und der tiefen Schlucht, die sich ein paar hundert Meter entfernt von ihm auftat, lag grüne Prärie. Sein Blick schweifte nach links, wo er sah, dass die Schlucht dort breiter wurde und die Prärie endete. Dort käme man nur weiter, wenn man einen Weg hinunter finden würde und die Schlucht es zuließe, dass man in ihr reiten könnte.
Nach rechts sah das Gelände eher aus, als könnte man dort hin seinen Weg fortsetzen. Gerade als er sein Pferd in diese Richtung den Hügel hinab lenken wollte, zog eine Staubwolke am Horizont seine Aufmerksamkeit auf sich. Was konnte es sein, was in scheinbar schnellem Tempo auf ihn zu kam. Eine Büffelherde? Nein, dazu war die Staubwolke nicht groß genug.
Er hatte schon viele Büffelherden gesehen, und wenn sie kamen, dann bebte der Boden und die Staubwolken waren riesig. Sein geübter scharfer Blick erkannte plötzlich einen einzelnen Reiter, doch was trieb diesen Reiter in diese Gegend mit solcher Geschwindigkeit. Langsam gab er seinem Pferd das Kommando den Hügel hinab zu steigen. Er wollte sich nicht zu früh dem entgegenkommenden Reiter zu erkennen geben. Unten angelangt suchte er hinter einem Busch Deckung und konnte von hier aus beobachten, dass der Reiter sein Tempo nicht verringert hatte und aus seiner Sicht extrem gefährlich am Abgrund entlang preschte. Der Reiter musste wahnsinnig sein. Er konnte jeden Augenblick mit einem Fehltritt des Pferdes in den Abgrund stürzen.
Nun war das Pferd auf seiner Augenhöhe und er erkannte, dass der Reiter eine Frau war, die scheinbar die Kontrolle über Ihr Tier verloren hatte. Ohne lange zu fackeln, hieb er seinem Pferd die Fersen in die Flanken und preschte in wildem Galopp der Reiterin hinterher.
Das Pferd war schnell, doch gegen seinen Mustang kam es nicht an und so machte er Meter für Meter an Boden gut. Die Reiterin schien weder ihn schon bemerkt zu haben, noch war sie sich der Gefahr bewusst, in der sie schwebte. Jeden Augenblick konnte sie das Gleichgewicht verlieren, oder ihr Pferd konnte mit ihr, in die Schlucht stürzen. Mit einem Blick nach vorne sah er, dass sie sich dem Ende näherten, an dem die Schlucht sich mit dem Bergrücken vereinte und das Gras endete.
Das Tier der Reiterin preschte ohne Halt
weiter darauf zu. Er erkannte den panischen Blick in den Augen des Pferdes und wusste, dass er die Frau vom Pferd holen musste. Mit den indianischen Worten, die er seinem Pferd ins Ohr flüsterte, verschärfte das Tier sofort noch einmal sein Tempo. Langsam schob er sich links neben das panische Tier und ritt nun fast gleichauf mit ihm. In diesem Moment erhaschte die Frau einen Blick auf ihn und riss angstvoll die Augen auf. Gerade als sie mit ihrer rechten Hand das Gewehr ziehen wollte, lenkte er sein Pferd direkt neben das ihre, beugte sich zu ihr hinüber, schlang seinen rechten Arm um ihre zierliche Taille und hob sie mit einem gekonnten Griff aus ihrem Sattel. Er warf sie sich direkt über den Hals seines Tieres. Schnell riss er die Zügel herum und ließ seinen Mustang noch ein paar Meter auslaufen, bevor er das Tier zum Stehen brachte. Dann ließ er sich elegant vom Pferd gleiten und zog die vor sich her strampelnde Frau vom Pferd.
Dadurch, dass sie wild um sich schlug und er in dem Moment von ihr abließ, verlor sie das Gleichgewicht und landete auf ihrem Hinterteil. Mit einem Aufschrei versuchte sie sich aufzurappeln, doch ihre Beine versagten ihr den Gehorsam und so landete sie wieder auf dem Fußboden. Verzweifelt und von Angst getrieben, robbte sie langsam von dem Angst einflößenden Indianer weg, der jetzt ganz ruhig neben seinem schwarzen Hengst stand und sie genau beobachtete.
Oh Gott, sie war verloren! Der Puma allein war schon schlimm gewesen, aber nun hatte sie es mit Indianern zu tun und sie wusste aus den Erzählungen ihres Großvaters, das diese Kreaturen mit Frauen kein Mitleid hatten. Sie wusste das die Krieger, Frauen vergewaltigten, ihnen den Skalp nahmen und sie dann oft töteten oder sie mit den schweren Verletzungen einfach liegen ließen, bis die Natur ihr Werk beendete. Was immer ihr jetzt bevorstand, würde grausig werden und ihren Tod hervorrufen. Sie sah sich panisch um. Im Moment sah sie nur ihn. Wo waren die Anderen?
Ein Indianer kam meistens nie allein. Doch bisher konnte sie nur ihn sehen und er stand ganz ruhig neben seinem großen, schwarzen Pferd und beobachtete sie. Er machte keine Anstalten, dass er sich ihr nähern wollte. Was führte er im Schilde? Worauf wartete er? Sollte es so eine Art Spiel werden? Ihre Ängste weiter schüren, war das der Anreiz, den er brauchte, um sein grausiges Werk an Ihr zu vollbringen? Isabella versuchte sich zu beruhigen. Es half ihr nichts, wenn sie weiterhin in Panik verfiel.
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