Von einer Migralepsie (= Wortkombination von Migräne + Epilepsie) spricht man in der Medizin, wenn es zum Auslösen von epileptischen Anfällen durch eine Migräne kommt.
Insbesondere Vorkommen bei der Klassischen Migräne (= M. mit Aura). [Hinweis: hier werden die komplexen Vernetzungen zwischen Epilepsie & Migräne besonders deutlich]
Fakt ist, dass ein solcher epileptischer Anfall ausgelöst wird während der Aura-Phase bzw. binnen 60 min. nach den Prodromi.
Bevor ich auf die beiden weiteren Komplikationen eingehe, zuerst noch wichtige Anmerkungen zum Thema „Schmerzmittel-Gebrauch“.
Die aktuelle IHS-Klassifikation (Kopfschmerzklassifikationskomitee der International Headache Society, 2003) unterscheidet unter dem Oberbegriff „Kopfschmerz bei Medikamenten-Übergebrauch“ folgende Untergruppen.
Kopfschmerz verursacht durch Langzeit- und/oder Übergebrauch von:
Ergotaminen (Mutterkornalkaloiden)
Triptanen
Analgetika (als Monowirkstoffe)
Opioiden
Schmerzmittel-Mischpräparaten
Tranquilizern (v.a. Benzodiazepine)
Nitroglycerin-Präparate
Antibiotika (z.B. Aminoglycoside wie Gentamycin, Neomycin, Streptomycin)
Dies macht deutlich, dass grundsätzlich alle Analgetika und auch andere in der Therapie der Migräne & Co. eingesetzten Arznei-Wirkstoffe und aber auch spezifische Migräne-Medikamente bei Übergebrauch zu einem medikamenten-induzierten Kopfschmerz führen können.
Folge eines Übergebrauchs spezifischer Migräne-Therapeutika und/oder Analgetika:
Entscheidend ist, dass die Einnahme sowohl häufig als auch regelmäßig, also an mehreren Tagen pro Woche erfolgt. Folgen auf eine Häufung von Einnahmetagen längere Perioden ohne Medikation, ist das Entstehen eines Kopfschmerzes durch Medikamenten-Übergebrauch weniger wahrscheinlich.
Nunmehr zu den beiden ‚Komplikationen’:
Zuerst zu nennen der „Rebound-(Migräne-)Kopfschmerz“.
Das sind chronische Kopfschmerzen mit (fast) täglichen dumpfen Spannungskopfschmerzen. Hinzu kommen z.T. „Migräne-ähnliche“ Attacken, welche die Migräne-Anfälle, die der Patient evtl. vorher hatte, an Intensität und Häufigkeit übertreffen.
Rebound-Kopfschmerzen lassen sich oftmals durch Minderung bzw. Absetzen der bisher eingenommenen Analgetika (Schmerzmittel) erfolgreich behandeln!
Zu diesen Kopfschmerzen kommt es, wenn die Einnahme von diversen Schmerzmitteln zu einem ‚Automatismus’ geworden ist, wenn also schon zu Schmerzmitteln gegriffen wird, wenn sich Kopfschmerzen vage ankündigen (vgl. auch Medikamenten-induzierter Kopfschmerz, s.u.).
Fakt ist, dass es durch diesen Über-Konsum zu einem ‚JoJo-Effekt’ kommt nämlich den Rebound-Kopfschmerzen!
Übrigens:
Der einzige Weg, dem Rebound-Kopfschmerz zu entkommen, besteht – unter ärztlicher Aufsicht – im Absetzen des/der Schmerzmittels/n. Obwohl das zu kurzfristigem Unwohlsein führt und auch zu „Entzugs-Beschwerden“, da sich der Körper erst wieder vom Schmerzmittel entwöhnen muss und das Schmerzgedfächtnis gelöscht werden muss, kann die Lebensqualität des Betroffenen langfristig deutlich verbessert werden. Anzumerken ist, dass in etlichen Fällen der Betrroffene um eine stationäre Behandlung in einer entsprechenden Facheinrichtung (Schmerz-Klinik, Psychosomatische Klinik) nicht herumkommt!
Immer häufiger aber kommt es bei Migränekranken zur gefürchteten, weil nur sehr schwer und mit immensem Zeitaufwand und insbesondere auch mit nur teilweisem Erfolg (s. später) zu behandelnden „Medikamenten-bedingten Dauer-Migräne“.
Trauriger Fakt ist:
Bei zwischen 10 bis 20% der Migräne-Kranken handelt es sich um diese gravierende Komplikation!
Zahlreiche Untersuchungen zu diesem ernsten Problem liegen vor – so u.a. auch Arbeiten der angesehenen Neurologen und Migräne-Kopfschmerz-Spezialisten, Prof. HansCarl Diener (Uni Essen), Prof. Hans W. Gerber (Schmerzklinikum Kiel), Prof. D. Soyka (Uni Kiel) und Dr. Volker Pfaffenrath (München, Präsident der DMKG) und besonders auch von Prof. Hartmut Goebel (Schmerzklinik Kiel) –.
Immer ist der „Vorgang und Ablauf“ – gleich von welchen chemisch-synthetischen Präparaten ausgegangen wird – „derselbe“:
Die Medikamente, welche ursprünglich zur Beherrschung des Migräne-Anfalls (sicherlich mit ärztlicher Begründung und abgestellt auf Notwendigkeiten) eingenommen wurden, wurden im Laufe der Zeit immer – sowohl in der Dosierung als auch in der Zahl verschiedener Wirkstoffe – weiter gesteigert und hinzugekommen sind dann auch noch die diversen Misch-Präparate. Bei nicht wenigen Kranken wurden und werden die einmal berechtigt verordneten Medikamente dann im Laufe der Zeit zu „Dauer-Medikamenten“.
Vielfach mit dem Scheinargument, dass man damit Vorsorge gegenüber der nächsten Migräne-Attacke treffen wolle und mehrheitlich dann letztlich unkontrolliert.
Mit der – oftmals fatalen – Folge:
Diese Dauereinnahme führt zu nicht unerheblichen körperlichen und psychischen Gesundheitsstörungen! Insbesondere jedoch zu dem sogen. „Medikamenten-Bedingten Migräne-Dauerkopfschmerz“!
Es ist gekommen zum zu gefürchteten und zu fürchtenden
„Migräne-Teufelskreis“
Heißt:
„Migräne Medikamenten-Einnahme Migräne“
ist zum schweren Problem für den Betroffenen geworden!
Von der „Medikamenten-Abhängigkeit“ ganz zu schweigen.
Ganz besonders häufig kommt es bei der Einnahme von Migräne-Mitteln vom „Ergotamin-Typ“ (Mutterkornalkaloide) als Mono-Präparate und ebenso bei Kombinationsmitteln (z.B. mit Paracetamol, Propyphenazon, Codein, Coffein) mit Ergotaminen zu diesen Schädigungen.
An dieser Stelle meine
Eindringliche Warnung !
Migräne-Präparate sind keine Dauermedikamente!
Daher:
Nur einzunehmen eng begrenzt für die Zeit der Migräne-Prodromi und der Migräne-Attacke und nur in der verordneten Dosierung!
Was die Behandlung dieser speziellen „Migräne“ angeht, habe ich bereits (s. Therapie) gesprochen.
Soviel soll hier nur gesagt sein, dass die Betroffenen vielmals nicht um eine stationäre Behandlung herumkommen!
Von den möglichen Migräne-Komplikationen nun zu potenziellen Migräne-Folgen, d.h. Auswirkungen/Schädigungen/Risiken für die Gesundheit neben und zur Migräne. Bis vor kurzer Zeit – auch zurzeit immer noch vielmals – wurde Migräne als zwar belastende Krankheit angesehen, allerdings eine ohne gravierende Folgen und gesamt-gesundheitlichen Risiken.
In einer Studie aus der Schweiz (die Neurologen Franz Riederer + Peter Sandor , Uni Zürich – publiziert „Psychiatrie & Neurologie“ 1+2/2010) konnte eindeutig ein vasculäres Risiko bzgl. ischämischem Schlaganfall und Herzinfarkt nachgewiesen werden.
Dies lässt sich u.a. durch die ‚vasculäre Komponente’ in der Patho-Physiologie der Migräne erklären.
Für die vasculäre Komponente spricht auch, dass Migränekranke deutlich häufiger an Diabetes sowie erhöhten Cholesterin- und Blutdruckwerten leiden, was dann in der Summation zu einer „Funktionsstörung der Gefäßinnenwand“ (Endothel) führt, die ihrerseits die Migräne-Attacke auslöst.
Am stärksten betroffen für das erhöhte Schlaganfall-Risiko sind Frauen und die Altersgruppe zwischen 40-45 Jahren. Insgesamt erleiden Migränepatienten mehr als doppelt so häufig einen Hirnschlag wie Nicht-Migräniker. Am häufigsten betroffen sind Menschen mit der ‚klassischen Migräne’ (= Migräne mit Aura)
Aber auch das Risiko für einen Herzinfarkt (Myokardinfarkt) ist deutlich erhöht. Dies ist das Ergebnis der Untersuchungen von Ärzten des Albert-Einstein-College of Medicine (New York – publiziert „Neurology“ Bd. 74/2010). Abweichend vom Ergebnis früherer Studien konnte hier nachgewiesen werden, dass alle erwachsenen Migränepatienten im Alter zwischen 18 und 80 Jahren der erhöhten Herzinfarkt-Gefahr ausgesetzt sind und ganz gleich, an welcher Migräneform sie leiden! Insgesamt war das Herzinfarkt-Risiko für Migränekranke erhöht um 22% (Migräne ohne Aura) bzw. 30% (Migräne mit Aura). Ganz generell wurde noch festgestellt (in beiden Studien), dass das „Kardiovaskuläre Risiko“ direkt proportional steigt mit der Häufigkeit der Migräne-Attacken.
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