Musik ertönt für den Leser im Hintergrund: „Black Dog“ by Led Zeppelin
Charlys Hände und die Drum Sticks wurden eine Einheit, Jesse fixierte mit mikrokosmischer Genauigkeit die steril gewordenen Tasten und Mike schlug endlich das Beginning mit dem rechten Vorderfuß an.“ A One………….a Two……………a one , two, three, four……………Es war Johnnys Part, der mit der Fender erforderlichen Zärtlichkeit das tiefe E anzuschlagen, ließ dieses lange nachklingen, so lange, bis der Ton und die LOS 5 HUEVOS eine Einheit wurden. Dann schloss Eddie seine Augen, nahm das Mikrofon samt Ständer in beide Hände, führte seinen Mund so nah an das Mikro, als wolle er es abknutschen und seine hochbegabten Stimmbänder transportierten fein säuberlich mit der Wärme eines Bluessängers die Worte Robert Plants in den rockig gefärbten Übungsraum: „Hey, hey, mama, said the way you move, gonna make you sweat, gonna make you groove.“ Und für alle anderen war es das endlich erwartete, das ersehnte, das so lange geprobte Black Dog Finale. Der Song, mit dem Led Zeppelin diese 5 Guys infizierte. Der Song, mit dem Robert Plant, Jimi Page, John Bonham und John Paul Jones Rockgeschichte geschrieben hatten. Und nun war es endlich an der Zeit, diese Geschichte auf provinziellem Cleanwood Bay Boden weiter zu schreiben. Die Wände des Proberaumes sogen begierig den Sound auf, auf den die LOS 5 HUEVOS so unermüdlich hingearbeitet haben. „Hey, stop playing“, unterbrach Johnny, „da spielt doch einer falsch, verdammt falsch.“ Da klang irgendetwas, was gar nicht in dieses Stück passte.
Johnny hörte einen fremden dunklen Ton. Dieser Ton kam nicht aus der Hammond und bestimmt nicht aus der Bass Box. Auch nicht vom guten alten Charly oder von Eddie. Nein, dieser Klang eskalierte nun gerade zu einem ohrenbetäubenden, dumpfen und schwarzen Ton. Alle Fenster im Raum zerbarsten plötzlich in die kleinsten mikroskopischen Teile. Aus diesen Fenstern schlichen sich unheimlich grün verfärbte Nebelschwaden in den Raum. Wie die giftigsten Giftschlangen schlängelten sie sich um Charly, Mike, Jesse und Eddie, um die Drums und die Hammond und den Bass. „Vooorrrrrssssiiiccchhhttttt!!“, wollte Johnny schreien, aber da geschah es schon, dass sich ihre Körper in feuerspeiende Monster verwandelten und ihn auslachten, so wie sie ihn auf seiner Rennbahn zur Toilette auslachten. Dann lösten sie sich in feinstes Pulver auf. Die giftig grünen Nebelschwaden schlängelten sich weiter und weiter durch den Raum. Alles, was sie umzingelten, löste sich auf. Die Drums , die Gitarre und die schöne alte Hammond. Der dumpfe, bestialisch klingende und undefinierbare geisterhafte Klang knabberte sich hoch bis zum allerfeinsten, musikalisch getunten Trommelfell von Johnny. Johnny wollte nur noch schreien. Aber er kam nicht mehr dazu, die Worte „Hi-Hi-Hilfe“ `rauszubrüllen. Diese fremde Kraft drückte ihm seine Gurgel zu. Um seine Augen wurde es bitterböse dunkel. Die Zeit und Raumschleife hatte ihn wieder ergriffen und John bebte und zitterte und wurde so von einer Dimension zur anderen geschleudert. Aus den farbenfrohen fluoreszierenden Gesichtern wurden grässlich schreiende Monster-Gesichter. Diese teuflischen Masken schrien Young John kreischend an, der wieder und wieder von der dunklen Kraft um seine eigene Achse geworfen wurde. Er erkannte herumfliegende Figuren, alle einen langen fluoreszierenden Schweif hinter sich herziehend. Es waren die geisterhaften Gebilde von seiner Mom und seinem Dad. Ihre Finger erhoben sich zu Droh- und Mahngebärden. Das hatte Mom immer drauf, wenn sie mächtig sauer auf ihn war. Und hier mischte auf einmal sein Dad mit. Sein Dad, der doch viel zu früh gestorben war. Der aber mit Hilfe dieser dunklen Kraft Mom unterstützte. John fühlte nur noch Angst. Er hatte nur noch fragende Gedanken. Erlebte er gerade einen Horrortrip? Oder war das alles wirklich wahr? Ja John, das war verdammt wahr. Johnny erlebte gerade die Hölle der Angst und die Hölle seines unguten Lebens. Er fluchte „ For fuck sake!! Scheiß Drogen. Scheiß Silencer. Scheiß Wachmacher!!“ „Bitte LIEBER GOTT“ flehte er, „ich will weg von hier. Nie wieder werde ich je etwas schlucken, rauchen oder trinken. Nie wieder! Never ever! Ich will nach Hause!! Bitteeeeeeee!!!!! “
8. DIE STIMME
"For my own part, I have never had a thought which I could not set down
in words with even more distinctness than that with which I conceived it.
There is, however, a class of fancies of exquisite delicacy which are not
thoughts, and to which as yet I have found it absolutely impossible to
adapt to language. These fancies arise in the soul, alas how rarely.
Only at epochs of most intense tranquility, when the bodily and mental
health are in perfection. And at those weird points of time, where the
confines of the waking world blend with the world of dreams. And so I
captured this fancy, where all that we see, or seem, is but a dream within
a dream."
Mit diesen Worten von den Alan Parsons Projekt beginnt der Traum in einem Traum. Ist er wahrhaftig? Der Song “A dream within a dream” startet diese Episode
Plötzlich verwandelte sich der tosende, menschenverachtende Lärm in eine unheimliche Stille. Er war ganz allein in einer Dunkelheit. „Ok“, dachte John „jetzt ist alles vorbei. Ich bin Geschichte. Ich gehe, nein ich steige nun ab in den Hades, in die Unterwelt, wo sich diabolische Götter gegenseitig die Hände schütteln, wo sich wandelnde Skelette gegenseitig zublinzeln, wenn ein neuer Kunde kommt. Ich hab`s ja auch verdient.“ In dieser unguten Stille sah er aus weiter Ferne etwas auf ihn zukommen. Seine Augen hatten gerade noch die Kraft, dieses immer größer werdende Etwas zu verfolgen, das aus dieser Entfernung wie eine bizarre gleißende Wolke ausschaute. Kurz, bevor es John erreichte, formte es sich nun blau lila verfärbt zu einem gesichtsähnlichen Etwas. Johns Pupillen wurden klar und klarer. “Was ist denn das schon wieder? Was passiert hier mit mir?“, dachte er. Das Sprechen war ihm in dieser dunklen Zone nicht gewährt. Naja, John dachte auch nicht daran zu sprechen. Er konnte es eh nicht. Und mit wem sollte er denn auch sprechen? Zu Selbstgesprächen wäre er sowieso nicht fähig gewesen, denn ihm fehlte dazu jeder Gesprächsstoff. Dieses Gesicht bekam schleichend so etwas Ähnliches wie Augen, Nase und Mund und dieser Mund bewegte sich langsam, als wenn er sprechen wollte. Tatsächlich, er fing tatsächlich an: „John, John Feelgood. Ich bin gekommen, um nach dir zu schauen. Ich habe dich schon in deinem ganzen Leben beobachtet. Nun ist es Zeit, dir etwas zu sagen“, sagte DIE STIMME in einem beruhigenden Ton. „Höre mir gut zu. Bevor ich dich wieder zurückschicke, will ich, dass du alles, was du gesehen und erlebt hast, für dich nutzt. Nutze es, um Entscheidungen treffen.“ John ließ es nicht mehr weiter sprechen und wollte sofort wissen „Ist jetzt alles vorbei? Was passiert hier mit mir? Wer bist du und was ist hier überhaupt los? Was geht hier mit mir ab? Bitte, sage es mir, bitte!!“, flehte er fast winselnd wie ein kleiner ängstlicher Hund. „Das, was ich dir jetzt sage, musst du dir für immer merken. Das sage ich dir nur einmal. Du hast deinen Vater sterben gesehen. Du hast gesehen, wie deine Mutter daran sehr gelitten hat. Du hast dich in deinem frühen Leben alleine gefühlt. Ja, du hast dich manchmal ausgestoßen gefühlt. Du hast dich immer, ja, du hast dich immer und immer wieder selbst bemitleidet. Wenn du dann meintest, du bist allein auf der Welt, dann fühltest du dich ausgestoßen. Dann hast du Angst bekommen und du wurdest wütend. Oh, du fingst dann an, dich zu hassen. John, John, dann hast du Tabletten und Drogen geschluckt, du hast dich aufgeputscht und dann hast du viel getrunken. Oh John, das war der falsche Weg. Es wird in deinem Leben immer wieder Situationen geben, die dich in Verzweiflung bringen, in denen du dann alle guten Vorsätze vergessen wirst. Alles, was du dir vorgenommen hast, wird so wie ein Glas in viele Scherben zerbrechen. Aber ich sage dir, dass du diese Stunden der Angst und der Verzweiflung für dich nutzen sollst.“ „Wie soll denn das bitte funktionieren??? Mir geht es dreckig und ich soll lernen??“, fragte John, der auf einmal neugierig wie ein kleiner Junge wurde. „Momente“, sagte DIE STIMME weiter, „in denen du kurz davor bist aufzugeben, weil du Schmerzen verspürst. Heftige seelische und körperliche Schmerzen. Gerade diese Momente sind es, die dich herausfordern werden, daraus das Beste für dich zu machen. Merke dir, nie wird es zu spät für dich sein zu lernen. Lerne aus all diesen vielen Momenten, in denen du am liebsten aufgeben möchtest. In denen du alles hinschmeißen möchtest. John, fange endlich an, an dich zu glauben. Ja, fang auch an, dich zu lieben. Ich habe dich wie alle Lebewesen auf der Erde mit Intelligenz ausgestattet. Benutze sie. Es ist noch nicht zu spät. Ich gebe dir hier und jetzt noch eine zweite Chance. Jeder hier von der Erde erhält eine zweite Chance. Nutze sie! Ich werde nicht wieder erscheinen. Wenn du mal nicht weiter weißt, fang an zu fragen. Auf der Erde heißt es doch bei euch Menschen, fragen kostet nichts. Also, wo sollte das Problem denn liegen, nicht zu fragen? Hey Johnnyji, du sollst wissen, dass du immer, wenn dir danach ist, du mit mir reden kannst. Nutze deine Vorstellungskraft. Nutze deine Phantasie. Wenn du mich nicht sehen kannst, dann fange endlich an, an mich zu glauben. Erst dann kannst du mich sehen und du wirst mich in dir fühlen. Bitte mich um Kraft, Stärke und Geist. All das wirst du brauchen, wenn du vor unlösbaren Wegen stehst. Wenn du Kraft, Stärke und den Geist in dir fühlst, dann ist die Lösung nah. All das wird dir immer helfen, wenn du verzweifelt bist. Jetzt aber schicke ich dich nochmal in deine Vergangenheit zurück. Vergesse aber nie: Alles, was du dort und in Zukunft erleben wirst, wird dir von Nutzen sein. Nutze alle Momente, um zu lernen. Seien sie schrecklich, schmerzhaft oder schön. Fang endlich an, dir zu vertrauen. Denn wenn du zu dir selbst Vertrauen hast, dann kannst du auch das Leben lieben. Du kannst alles und ich meine das auch so, du kannst alles um dich herum lieben. Deswegen höre nie auf zu lernen, höre nie auf zu lieben und höre nie auf zu leben. Den Rest überlasse mir. Die drei L sind wichtig. Fang an zu lernen, zu lieben und zu leben! Ach ja, noch etwas, zu lieben verlangt zu respektieren. Behandele jedes Lebewesen mit Respekt. Sei es ein Freund oder ein Feind. Du selbst wirst es zu schätzen wissen. Denke immer an meine Worte. Lebe wohl, John Feelgood.“ Die Erscheinung verschwand so schnell, wie sie gekommen war. John wollte gerade darüber nachdenken, wer sie war, was sie war: „War sie so etwas wie der LIEBE GOTT? War er es persönlich? Nein, bestimmt nicht. Warum auch? Warum gerade zu mir? Was oder wer war dann diese STIMME?“ Weiter konnte er nicht mehr denken.
Читать дальше