aber das Herz in der Brust erschrak ihr, es ward ihr
weh zu Mute, und sie dachte: Herr Gott, welch ein
Wüterich ist dieser Mann! brachte mich denn der Teufel
zu ihm! – Der Ritter aber behielt das Schwert
blank in der Hand und begann nun mit seinem Roß zu
schelten: »Was schnaubst du? Warum gehst du nicht
Paß oder Trab? Du willst wohl nur auf ebnem Plan
gehen? Du mußt sterben!« Da nun das arme Roß
nicht Paß traben konnte, welcher Gang ihm nie gelehrt
worden war, so sprach der Ritter: »Frau, steiget
ab!« Sie sprach: »Ich tue, was Ihr mich heißt.« Darauf
stieg der Ritter auch ab, und hieb dem Pferd das
Haupt vom Rumpfe, sprechend: »Wärest du nach
meinem Sinn gegangen, so wäre dir nicht der Tod geworden.
Frau, dies ist geschehen, wie Ihr seht. Mir
war das Pferd gar unlieb geworden, wie auch Windspiel
und Falke. Nun aber ist mir ein ungewohnt und
beschwerlich Ding, zu Fuße zu gehn, und ich habe
des keine Übung. Ich werde nun Euch reiten!« und
damit begann er, ihr Riemen und Bande anzulegen
und auch den Sattel wollte er ihr aufschnallen. Sie
sprach: »Herr, ich trüge schon genug an Euch, lasset
den Sattel und die Seile, viel herzlieber Herre mein,
ich trage Euch ja sanfter und besser ohne ihn.«
»Ei, Frau, wie stände mir das an, daß ich Euch ritte
ohne Sattel und Zeug?« fragte der Ritter heftig. »Ihr
habt böse Sitte, daß Ihr gegen meinen Willen zu
reden Euch erkühnet!« Und da ließ sie sich gefallen,
daß er zur Stund sie sattelte und aufzäumte, wie ein
Roß, und ihr Zaum und Gebiß in den Mund legte, und
gab ihr die Steigbügel in die Hände, die stramm zu
halten, saß dann auf, und ritt sie so eine kleine Weile,
etwa dreier Speerlängen weit, bis ihr die Ohnmacht
zuging von der schweren Last.
Da stieg der Ritter von ihr ab und sprach: »Frau,
schnappt Ihr nach Luft?« – »O nein, Herr!« antwortete
sie. Weiter sprach er: »Das ist ein schönes Feld, da
könnt Ihr nun im Zelt (Schritt) gehen.« Sie sprach,
indem sie auf Händen und Füßen weiter kroch: »Ich
will es gern tun. Auf meines Vaters Hofe laufen viele
Pferde, denen hab ich Zeltgang abgelernt.«
»So wollt Ihr alles tun, was ich will?« fragte der
Ritter, und sie gegenredete: »Und wenn ich tausend
Jahre leben sollte, so wollte ich tun, was Euch lieb
ist!« Da hieß er sie aufstehn, und nahm sie schön an
der Hand, und führte sie sittsamlich heim in sein
Schloß, wo seine Freunde versammelt waren, die
grüßten sie ehrfurchtsvoll und geleiteten sie in ihr
Zimmer. Das geschah mit großen Freuden, und die
Frau war das allerliebste Weib, ehrbar und wohlgezogen,
ohne List und Trug, treu, ruhig, mild, keine Tugend
fehlte ihr. Ihre Gäste empfing sie freundlich und
fröhlich, und ohne Haß und Unwillen erfüllte sie, wie
ein biederes Weib tun soll, die Wünsche ihres Eheherrn.
Als nun sechs Wochen vergangen waren, fuhren
der jungen Frau Vater und Mutter zu ihrer Tochter
hin, zu sehn, wie es ihr ergehe und wie sie sich gehabe.
Bald genug erfuhr die Mutter, was geschehen war,
und wie ihre Tochter ihrem Manne gehorsamte, als sie
diese zornig schalt und ihr zurief: »O über dich unseliges
Weib! Was ich sehen und hören muß, läßt mich
zweifeln, daß du mein Kind bist. Was? Du lässest
deinen Mann deinen Meister sein?« Und dabei schlug
die böse Mutter die Tochter ins Gesicht und wo sie
sonst hinkam, und fiel ihr in die Haare und raufte sie,
schlug und schalt und trieb einen schrecklichen
Unfug. Die junge Frau weinte und schrie: »Seid Ihr
hergekommen zu schelten, so wartet doch, bis Ihr des
Ursach findet! Ich habe den allerbesten Mann, und er
ist gut und bieder, wer aber seinen Willen nicht tut,
dem geht er in seinem Zorn gleich ans Leben. Darum,
Mutter, habt weisen Sinn und hütet Euch, Arges
wider ihn zu sprechen, denn er ist so zornmütig, daß
er alles, was seinem Willen entgegen ist, im Zorn
richtet und vernichtet.«
»Hoho! Morgen ist auch noch ein Tag!« höhnte die
Mutter. »Wie schlimm dein Mann sei, das macht mir
den geringsten Kummer! Nicht ein Haar stark acht ich
seiner! Du alberne Trine! Dir muß der Teufel durchs
Hirn fahren, daß du wagst, mir, deiner Mutter, mit
deinem Mann zu dräuen!«
»Mutter, ich dräue Euch ja nicht!« verteidigte die
Tochter sich. »Ich sage Euch ja nur die Wahrheit; ich
darf Euch doch wohl raten, meinen Mann baß zu grüßen,
denn wolltet Ihr ihm tun, wie meinem Vater, so
zerbläut er Euch den Rücken, und obschon Ihr nicht
viel Haares mehr habt, ist's dessen noch genug, daß
er's Euch ausreißt!«
»Das wäre ein Hauptwerk!« erwiderte böse die
Mutter. »Ich fürcht ihn nicht, und wenn er so groß wie
ein Berg wäre; nicht mehr und nicht weniger fürcht
ich ihn, wie deinen Vater! Was hat der ausgerichtet
mit mir nun die zwanzig Jahre? Noch heute geb ich
ihm um kein Haar breit nach!«
Während dieser Schalkrede der ältern Frau standen
der Schwäher und der Tochtermann an einer heimlichen
Stelle, wo sie jedes Wort hörten und der Alte
sprach leise zu seinem Schwiegersohn: »Ich bin in-
niglich froh, daß Ihr meiner Tochter starren Sinn bezwungen,
und gern hinterlasse ich Euch und ihr mein
Hab und Gut, wenn ich dahinfahre.« Der Schwiegersohn
bedankte sich für die freundliche Gesinnung des
Schwähers, der dann wieder zu ihm sprach: »Ratet
mir doch, wie ich Eurer Schwieger tue, die mir allezeit
widerstrebt und mir mein Leben so bitterlich
vergällt! Wär es nur zu machen, daß sie etwa ein Jahr
vor ihrem Tode wenigstens von ihrer Härte ließe, so
hätte ich die sonderste Freude und all mein Leid ein
Ende!«
Darauf verhieß der Schwiegersohn die Schwiegermutter
gut zu machen auf seine Weise, wenn der
Schwiegervater ihm das nicht wehren wolle. Der
sprach: »Ich will Euch nichts verwehren, siedet oder
bratet sie, so will ich noch Holz dazu tragen.«
Der Ritter nahm alsbald heimlich vier flinke starke
Knechte, vermaß sich großen Zorns, und ging nach
der Kemnate, wo noch die Alte saß, und immerfort
auf ihn und ihre Tochter schalt. Als sie ihn kommen
sah, grüßte sie ihn spöttisch: »Seid Gott willkommen,
Herr Engelhart!« »Schönsten Dank, Frau Schlechthart!
« klang sein Gegengruß, und dabei trat er fest an
sie heran und sprach: »Frau, laßt Eure Unart, das bitt
ich Euch, gegen Euern und meinen Herrn. Er sollte
Euch ungezählte Schläge auf Euern Rücken mit einer
eichenen Elle zumessen, bis Euch so weh würde, daß
Ihr ein gut Weib würdet.«
»Ei!« sprach sie: »ich höre wohl, daß Ihr viele so
erschlagen habt, lieber Herr Guguguk! Ich habe aber
doch bisher noch Haut und Haar behalten, hoff es
auch noch länger zu tragen! Was hab ich aber Euch
getan?«
»Ihr scheltet täglich meinen Herrn, Euern Mann,
und verleidet ihm sein eignes Haus!« antwortete der
junge Ritter; sie war aber gleich mit der Gegenrede
zur Hand: »In meinem Hause heiße ich Kratzmaus!
Ich kann darin sein Meister sein, wie mein eigner, und
es soll ihm Gott, so lang ich lebe, nun keinen einzigen
guten Tag mehr geben!«
»Und gibt Gott mir Glück«, sprach der Schwiegersohn,
»so acht ich, daß Ihr noch, ehe wir voneinander
gehen, Eure bösen Ränke und Schwanke laßt.«
»Daß es Euch nur nicht mißglücke!« rief sie,
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