auf sie, und sagte: »Ei ihr braven Jungen! Das lob
ich, daß ihr mir so eine junge hübsche Braut mitgebracht
habt!« – »Nein!« sagten die Brüder, »die ist
nicht für dich, die ist für unsern Bruder zu Hause, den
haben wir sie versprochen!« –
»So?« sagte der Alte: »versprochen? Ei daß dich!
ich will euch auch versprechen!« und nahm ein weißes
Stäbchen und murmelte ein paar Zauberworte,
und rührte die Brüder und die Bräute mit dem Stäbchen
an – bis auf die jüngste – da wurden sie alle in
graue Steine verwandelt. Die jüngste aber von den
Schwestern führte der Mann in das Haus, und das
mußte sie nun beschicken und in Ordnung halten, tat
das auch gern, aber sie hatte immer Angst, der Alte
könne bald sterben, und dann werde sie in dem einsamen
Häuschen im wilden öden Walde auch so mutterseelensternallein
sein, wie der Alte zuvor gewesen
war. Das sagte sie ihm und er antwortete: »Hab kein
Bangen, fürchte nicht und hoffe nicht, daß ich sterbe.
Sieh, ich habe kein Herz in der Brust! stürbe ich aber
dennoch, so findest du über der Türe mein weißes
Zauberstäbchen, und rührst damit an die grauen Steine,
so sind deine Schwestern und ihre Freier befreit
und du hast Gesellschaft genug.«
»Wo aber in aller Welt hast du denn dein Herz,
wenn du es nicht in der Brust hast?« fragte die junge
Braut. »Mußt du alles wissen?« fragte der Alte. »Nun
wenn du es denn wissen mußt, in der Bettdecke steckt
mein Herz.«
Da nähte und stickte die junge Braut, wenn der
Alte fort und seinen Geschäften nachging, in ihrer
Einsamkeit gar schöne Blumen auf seine Bettdecke,
damit sein Herz eine Freude haben sollte. Der Alte
aber lächelte darüber und sagte: »Du gutes Kind, es
war ja nur mein Scherz;mein Herz das steckt – das
steckt –« »Nun wo steckt es denn lieber Vater?« –
»Das steckt in der – Stubentür!« –
Da hat die junge Frau am andern Tage, als der Alte
fort war, die Stubentüre gar schön geschmückt mit
bunten Federn und frischen Blumen und hat Kränze
daran gehangen. Fragte der Alte, als er heimkam, was
das bedeuten solle? sagte sie: »Das tat ich, deinem
Herzen was zu Liebe zu tun.« Da lächelte wieder der
Alte, und sagte: »Gutes Kind, ganz wo anders, als in
der Stubentüre, ist mein Herz.« Da wurde die junge
Braut sehr betrübt, und sprach: »Ach Vater, so hast
du doch ein Herz, und kannst sterben und ich werde
dann so allein sein.« Da wiederholte der Alte alles,
was er ihr schon zweimal gesagt, und sie drang aufs
neue in ihn, ihr zu sagen, wo doch eigentlich sein
Herz sei? Da sprach der Alte: »Weit weit von hier
liegt in tiefer Einsamkeit eine große uralte Kirche, die
ist fest verwahrt mit eisernen Türen, um sie ist ein tiefer
Wallgraben gezogen, über den führt keine Brücke,
und in der Kirche da fliegt ein Vogel wohl ab und auf,
der ißt nicht und trinkt nicht und stirbt nicht, und niemand
vermag ihn zu fangen und so lange der Vogel
lebt, so lange lebe auch ich, denn in dem Vogel ist
mein Herz.«
Da wurde die Braut traurig, daß sie dem Herzen
ihres Alten nichts zu Liebe tun konnte, und die Zeit
wurde ihr lang, wenn sie so allein saß, denn der Alte
war fast den ganzen Tag auswärts.
Da kam einmal ein junger Wandergesell am Häuschen
vorüber, der grüßte sie und sie grüßte ihn und
sie gefiel ihm, und er kam näher und sie fragte ihn,
wohin er reise, woher er komme? – »Ach!« seufzte
der junge Gesell: »Ich bin gar traurig. Ich hatte noch
sechs Brüder, die sind von dannen gezogen sich Bräute
zu holen und mir, dem Jüngsten, wollten sie auch
eine mitbringen, sind aber nimmer wieder gekommen,
und da bin ich nun auch fort vom Hause, und will
meine Brüder suchen.«
»Ach lieber Gesell!« rief die Braut: »da brauchst
du nicht weiter zu gehen! Erst setze dich und iß und
trinke etwas, und dann laß dir erzählen!« Und gab
ihm zu essen und zu trinken, und erzählte ihm, wie
seine Brüder in die Stadt gekommen, und wie sie ihre
Schwestern und sie selbst als Bräute mit sich nach
Hause hätten führen wollen, und daß sie für ihn, ihren
Gast, bestimmt gewesen, und wie der Alte sie bei sich
behalten, und die andern in graue Steine verwandelt
habe. Das alles erzählte sie ihm aufrichtig und weinte
dazu, und auch daß der Alte kein Herz in der Brust
habe und daß es weit weit weg sei in einer festen Kirche
und in einem unsterblichen Vogel. Da sagte der
Bräutigam: »Ich will fort, ich will den Vogel suchen,
vielleicht hilft mir Gott, daß ich ihn fange.« – »Ja das
tue, daran wirst du wohl tun, dann werden deine Brüder
und meine Schwestern wieder Menschen werden!«
und versteckte den Bräutigam, denn es wurde schon
Abend, und als am andern Morgen der Alte wieder
fort war, da packte sie dem Wandergesellen viel zu
essen und zu trinken ein, und gab es ihm mit, und
wünschte ihm alles Glück und Gottes Segen auf seine
Fahrt.
Als nun der Gesell eine tüchtige Strecke gegangen
war, deuchte ihm, es sei wohl Zeit zu frühstücken,
packte seine Reisetasche aus, freute sich der vielen
Gaben und rief: »Holla! nun wollen wir schmausen!
herbei, wer mein Gast sein will!«
Da rief es hinter dem Gesellen: »Muh!« und wie er
sich umsah, stand ein großer roter Ochse da und
sprach: »Du hast eingeladen, ich möchte wohl dein
Gast sein!« – »Sei willkommen und lange zu, so gut
ich's habe!« Da legte sich der Ochse gemächlich an
den Boden, und ließ sich's schmecken, und leckte sich
dann mit der Zunge sein Maul recht schön ab, und als
er satt war, sagte er: »Habe du großen Dank und
wenn du einmal jemand brauchst, dir in Not und Gefahr
zu helfen, so rufe nur in Gedanken nach mir, deinem
Gast.« Und erhob sich und verschwand im Gebüsch.
Der Gesell packte seine Tafelreste zusammen
und pilgerte weiter; wieder eine tüchtige Strecke, da
deuchte ihm nach dem kurzen Schatten den er warf, es
müsse Mittag sein, und seinem Magen deuchte das
nämliche. Da setzte er sich an den Boden hin, breitete
sein Tafeltuch aus, setzte seine Speisen und Getränke
darauf, und rief: »Wohlan! Mittagmahlzeit! Jetzt
melde sich, was mittafeln will!« Da rauschte es ganz
stark in den Büschen, und es brach ein wildes
Schwein heraus, das grunzte: »Qui oui oui«, und
sagte: »Es hat hier jemand zum Essen gerufen! Ich
weiß nicht ob du es warst, und ob ich gemeint bin?«
»Immerhin, lange nur zu, was da ist!« sprach der
Wandersmann und da aßen sie beide wohlgemut miteinander
und schmeckte beiden gut. Darauf erhob sich
das wilde Schwein und sagte: »Habe Dank, bedarfst
du mein so rufe dem Schwein!« und damit trollte es in
die Büsche. Nun wanderte der Gesell gar eine lange
Strecke, und war schon gar weit gewandert, da wurde
es gegen Abend, und er fühlte wieder Hunger und
hatte auch noch Vorrat, und da dachte er: wie wär es
mit dem Vespern? Zeit wär es dächt ich; und breitete
wieder sein Tuch aus und legte seine Speisen darauf,
hatte auch noch etwas zu trinken, und rief: »Wer Lust
hat mit zu essen, der soll eingeladen sein. Es ist nicht,
als wenn nichts da wäre!« Da rauschte über ihm ein
schwerer Flügelschlag und wurde dunkel auf dem
Boden, wie vom Schatten einer Wolke, und es ließ
sich ein großer Vogel Greif sehen, der rief: »Ich hörte
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