wie das alles so gekommen und welcher großen Ge-
fahr sie entgangen war.
Der Jäger, der nun wußte, was die Stiefmutter für
ein böses Weib war, ließ sich nichts merken, sondern
sann, wie er sich am besten an ihr rächen könnte. Auf
den andern Abend lud er eine große Gesellschaft;
doch mußte seine Frau noch zurückbleiben. Wie sie
nun alle zu Tische saßen, stand der Jäger auf und
fragte, was sie wohl meinten, daß der Mutter geschehen
müßte,
die ihre Tochter in ein unvernünftiges Thier verwünscht
hätte. Da sprang die Stiefmutter auf von
ihrem Stuhle und war ganz verblendet und schrie:
»Die verdient, daß sie in ein durchnageltes Faß gesteckt
und darin so lange gewälzt wird, bis sie todt
ist.« »Du hast dir selbst dein Urtheil gesprochen, du
Hexe!« rief der Jäger und ließ seine Frau herein in die
Stube treten. Wie das die Hexe sah, daß sie verrathen
war, ward sie kreideweiß vor Schreck und stürzte der
Länge nach auf den Boden hin. Da wurde sie in ein
Faß gesteckt, welches mit eisernen Nägeln durchschlagen
war; das wurde auf den höchsten Berg gebracht
und da hinabgerollt. So hat die Hexe ihren verdienten
Lohn erhalten.
11. Die Bremer Stadtmusikanten.
Märlein vom Schafbock, Kuh und Ziegenbock, welche
im Walde in ein Wolfshaus kamen. (Vgl. B r e -
m e r S t a d t m u s i k a n t e n von Grimm.)
12. Kükeweih.
Heuneken un häneken, däi breuen beer. Do säi dat häneken
täo den heuneken: »Heuneken, ga äis henut un
smecke dat beer.« Do gung heuneken henut un slog
up dat fatt un keek in dat beer un fäll'r henin. Anse nu
heuneken säo lange ute bleef un gar nich weer kamm,
do säe dat häneken täo seck sülbest: »Eck mot doch
äis täo kieken, wo min heuneken blinfft«, un gung
henut in de küeken, da lag heuneken in den beere un
was ganz matt und all half dote. Do nam häneken dat
heuneken un dräog et henut in den gaaren un henge et
up den hagen in de sünnen. Mittlerwile dat häneken
weer in dat huus egahen was, kamm de kükeweih un
hale dat heuneken weg. Anse nu häneken weer herut
kamm un wolle na sinen heuneken säien, was min leiwet
heuneken wäge. Do woord häneken ganz bedreuwet
un spann sinen wagen an un före in de wie welt,
ümme sin heuneken täo seuken. Ünnerweges begegne
öhne ne neihnateln, de säe, of sä woll mehe upsitten
könne. »Ja woll«, säe dat häneken, »sette di fär up,
dat du achter nich herdal fallst.« Danach kamm en
mühlstein un sette seck ok mehe up. Nich lange, säo
keimen se an den kükeweih sin huus, däi was nich
inne. De mühlstein lähe seck up den riegel, de
neihnateln stack seck in dat stäolkissen un dat häne-
ken flog up kükeweih sinen heunerwiben, wo sin heuneken
was. Anse kükeweih nu inkamm un wolle seck
up sinen stäol setten, do stack'n de neihnatel; do wolle
häi henut lopen, aberst de mühlstein fölle'n up'n kopp
un sleug en dot. Nu sette seck häneken mit sin heuneken
weer in sinen wagen un föhren na huus. Un wenn
se noch nich 'estörben sind, säo leiwet se van dage
noch.
13. Der Gärtner und die Kröte.
Ein Gärtner hatte einen schönen Garten, dahin kam
immer eine ganz dicke aufgeschwollene Kröte und
fraß von dem schönen frischen Salat, der da im Garten
stand. »Die alte häßliche Ütsche, die wollen wir
todtschlagen,« sagten des Gärtners Knaben, »die frißt
uns noch all den schönen grünen Salat.« »Nein!«
sprach der Gärtner ernst, »das laßt!« Er nahm seine
Schaufel, unterstach die Kröte, trug sie langsam zu
der Mauer, die rings um den Garten ging, und setzte
sie sanft und behutsam hinüber auf die andere Seite.
»Da,« sagte er, »lauf hin, wenn du ein Kind kriegst,
so will ich Gevatter stehen.« Nicht lange Zeit danach
kam ein Zwerg zu dem Gärtner und bat ihn bei seinem
Kinde zu Gevatter. Der Gärtner nahm die Einladung
an und ging mit. Bei der Kindtaufe war alles
aufs Beste eingerichtet. Als sie aber zu Tische saßen,
bemerkte der Gärtner mit einem Mal zu seinem
Schrecken, daß ein Mühlstein an einem Pferdehaar
über seinem Kopfe hing. Entsetzt von seinem Sitze
aufspringend, wollte er das Weite suchen; der Zwerg
aber hielt ihn zurück mit den Worten: »Sei unbesorgt.
Ebensowenig wie meine Frau am Leben geblieben
wäre, da sie als Kröte in deinen Garten kam, wenn du
deinen Knaben nicht gewehrt hättest, ebensowenig
würdest du lebendig von diesem Orte gehen, wenn ich
dein Leben nicht beschützte.« Der Gärtner konnte jedoch
keine rechte Fröhlichkeit wieder fassen und rüstete
sich bald zum Nachhausegehen. Beim Abschied
füllten ihm die Zwerge seine Taschen noch mit Pferdemist,
der sich zu Haus aber in Gold verwandelt
hatte.
14. Bauer Pihwitt.
Ein Bauer hieß Pihwitt (Kiebitz); der pflügte mit seinem
einzigen Ochsen auf dem Felde. Über seinem
Kopfe kreiste ein Kiebitz und schrie: »Pih – witt.« –
»So heiß ich,« sagte der Bauer. – »Pih – witt!« »So
heiß ich,« sagte der Bauer. – »Pih – witt! Pih –
witt!« – »Ich sage dir,« rief der Bauer ärgerlich,
»schrei nicht immer so meinen Namen oder ich
werfe!« – »Pih – witt! Pih – witt! Pih – witt!« – Da
nahm Pihwitt seine Pflugschaufel und schleuderte sie
nach dem Vogel hoch in die Luft. »Pih – witt! Pih –
witt!« Da flog er hin; aber die Schaufel traf beim Herabfallen
den Ochsen so heftig zwischen die Hörner,
daß er todt umfiel. »Oh, oh!« rief Pihwitt und kratzte
sich hinter den Ohren, »das ist doch ärgerlich; wenn
das meine Frau erfährt, so wirds einen schönen Lärm
abgeben. Nur rasch dem Ochsen die Haut abgezogen
und zum Gerber damit, daß ich meinem Weibe wenigstens
das Geld für die Haut bringen kann.« Wie gesagt,
so gethan. Der Gerber war aber gerade nicht zu
Haus, und da hatte der Edelmann denn seine Abwesenheit
wahrgenommen, um zu des Gerbers Frau zu
gehen, die ihm das Beste aufgetischt hatte, was sie in
ihrem Haushalte besaß; das durfte aber der Mann
nicht wissen. Als nun Pihwitt ins Haus trat, sprang
der Edelmann rasch in eine große Tonne hinter der
Hausthür. Pihwitt that, als hätte er nichts gemerkt;
ging zu der Frau sprechend: »Wie stehen denn jetzt
die Ochsenhäute im Preise? Ich habe hier eine, die
wollte ich wohl verkaufen.« »Ja,« sagte die Frau, »sie
kosten jetzt drei Thaler; aber ich kann euch die da
nicht abnehmen, denn mein Mann hat's Geld in den
Kasten geschlossen und ist nicht zu Haus.« »Na,«
sagte Pihwitt, »gebt mir die alte Tonne, die da in der
Ecke steht, so mögt ihr dafür die Haut behalten.« »Ei,
ja wohl; wenns weiter nichts ist, die mögt ihr immerhin
nehmen, ist doch zu nichts mehr zu gebrauchen.«
Die Frau hatte aber nicht gesehen, daß der Edelmann
sich darin versteckt hatte.
Nun ging Pihwitt dabei, nagelte die Deckel recht
fest zu, legte die Tonne auf die Seite und rollte sie vor
sich her zum Hause hinaus. Nicht lange dauerte es, so
rief's in der Tonne: »Wohin, wohin?« »Ins Wasser,
ins Wasser!« antwortete Pihwitt. »Ach, laß mich raus,
ich will dir auch hundert Thaler geben.« »Ins Wasser,
ins Wasser!« »Oh weh,« stöhnte es im Fasse, »ich
gebe dir fünfhundert Thaler, nur laß mich raus.«
»Nichts da, ins Wasser, ins Wasser!« »O weh, o weh;
mach doch auf und laß mich leben, ich will dir auch
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