schnell selber in den Sarg hinein. Nun suchte die
Prinzessin die ganze Kirche durch; als sie aber zuletzt
auch an den Sarg kam, da schlug die Glocke Eins. In
demselben Augenblick fing die Prinzessin an zu sprechen
und sagte: »Jakob, ich danke dir viel tausend
Mal; du hast mich nun erlöst.« Von Stund an begann
sie auch allmählich weiß zu werden, und Morgens
Glock sechs stand sie da in voller Schönheit und weiß
wie zuvor. Da kamen auch der König und die Königin
mit ihrem ganzen Hofstaate und vielem Volk, mit
Pauken und Trompeten und voller Musik; und als nun
Jakob mit der Prinzessin an der Hand aus der Kirche
trat, da rief alles Volk: »Vivat, unser König Jakob!«
und wollte des Jubilierens kein Ende werden.
3. Das Öl der Zwerge.
Es ist einmal eine Hebamme gewesen, zu der kam in
der Nacht ein kleines Männlein mit einer Laterne und
forderte sie auf, eilig mit ihm zu gehen. Sie nahm
ihren Mantel über und folgte dem Zwerge, welcher
über Feld und Wiesen voranschritt bis zu einem Wasser,
unter welchem er seine Wohnung hatte. Hierinnen
lag die Frau des Zwerges in Kindesnöten. Nachdem
die Hebamme ihr Beistand geleistet und das Kindlein
geboren und gewaschen war, reichte ihr das Männlein
ein Glas mit wohlriechendem Öle und forderte sie auf,
das Kindlein damit einzureiben. Nun hatte die Hebamme
trübe, thränende Augen und darum die Gewohnheit,
von Zeit zu Zeit mit der Hand darüber zu
streichen. Als sie nun so mit dem Einreiben des Kindes
beschäftigt war, juckte und flirrte es ihr auch wieder
in dem einen Auge, so daß sie mit dem Finger herüberfuhr
und es auswischte.
Nachdem sie nun das Kind angezogen hatte und
sich zum Weggehen anschickte, gab ihr der Zwerg einiges
Geld. Sie ging darauf an das Bett der Wöchnerin,
um ihr gute Besserung zu wünschen und Adieu zu
sagen. Die Wöchnerin zog sie aber nahe zu sich und
sagte ihr heimlich ins Ohr: sie sollte das Geld, welches
ihr der Mann gegeben, nur wegwerfen, aber statt
dessen den Kehricht aufraffen, der da vor der Stubentür
an der Schwelle läge. Das that sie, behielt aber
doch auch das Geld. Während dem hatte der Zwerg
seine Laterne wieder angezündet, begleitete die Hebamme
nach Hause und verabschiedete sich von ihr,
nachdem er sich noch vielmals für die gute Hilfe bedankt
hatte.
Als jetzt die Frau nach ihrem Gelde sehen wollte,
war es Pferdemist, der Kehricht aber war eitel rothes
Gold.
Einige Zeit darnach ging die Hebamme zum Jahrmarkt
in die nächste Stadt und gedachte da tüchtig
einzukaufen, denn sie hatte nun Geld in Menge. Sie
mußte sich ordentlich drängen lassen, so voll war's da
auf dem Markte. Da sah sie auf einmal denselben
Zwerg, der sie in der Nacht zu seiner Frau geholt
hatte; er ging von einer Krambude zur andern und
packte in seinen Schnappsack, was ihm gefiel, schöne
Honigkuchen und gute, braune Pfeffernüsse, Bänder
und Tücher, ohne daß die Eigentümer das Geringste
zu merken schienen. Die Frau drängte sich zu ihm
hin, tupfte ihm mit dem Finger auf die Schulter und
redete ihn an: »Sieh da! Guten Tag, guten Tag, Herr
Zwerg! Auch hier?« Der Zwerg drehte sich rasch um
und sah die Frau so recht verwundert an. »J! Frau!« –
sagte er – »kann Sie mich denn sehen?« »O ja, recht
gut! Warum das nicht?« »Und mit beiden Augen?«
fragte der Zwerg. Die Frau hielt das rechte Auge zu.
»Nein, nun sehe ich ihn nicht.« Darauf drückte sie das
linke Auge zu. »Ja, nun sehe ich ihn wieder.« »J!« –
sagte der Zwerg – »das ist doch sonderbar! Zeige Sie
mal her! Puh!« Da pustete er ihr ins rechte Auge, daß
es sogleich blind wurde und sie nicht wieder damit
sehen konnte ihr Lebelang.
4. Ilsabein.
Es war einmal ein Mädchen, hieß Ilsabein, das hatte
rothe Augen und konnte auch nicht zum Besten damit
gucken; darum so wurde es alt und wartete lange vergeblich
auf einen Freier, der es möchte unter die
Haube bringen. Endlich ließ sich einer melden auf den
Nachmittag, denkend: »es wird so schlimm nicht sein,
wie's die Leute machen, du sollst dich selbst erst
überzeugen, ob das Mädchen wirklich nicht gut sehen
kann.« Da stellte Ilsabein beizeiten eine Leiter an die
Hausthüre, nahm eine Nähnadel von der feinsten
Sorte und steckte sie hoch oben in den Thürriegel.
Nach Mittag kam der Bräutigam richtig an, und Ilsabein,
die ihn schon erwartet hatte, sprang ihm munter
auf dem Hof entgegen und faßte ihn bei der Hand, daß
sie ihn ins Haus brächte. »Sieh doch einmal, mein
Schatz!« sprach sie da, »dort oben im Thürriegel
steckt wahrhaftig eine Nähnadel.« »Ei wirklich!«
sagte der Freier, der seine Augen ordentlich anstrengen
mußte, um die Nadel in der Höhe zu bemerken,
»das ist wirklich eine Nähnadel!« und dachte bei sich:
»Das Mädchen sieht doch schärfer, als die Leute wohl
denken mögen; die nimm nur!« So gingen sie denn
ganz einmüthig zusammen in die Stube und setzten
sich an den Tisch. Mit dem so brachte die Muhme das
Vesperbrod herein, hatte auch eine schöne große Butterbemme
beigelegt und stellte das alles vor die
Brautleute auf den Tisch. Wie nun Ilsabein die große
Butterwälze da so auf dem Tische stehen sah, meinte
sie nicht anders, als ihre weiße Katze wär's, welche
von dem Vesperbrode naschen wollte. »Schuh!« rief
sie, »Katzut!« und klappte mit der Hand in die weiche
Butter. Da merkte der Freier, daß das Mädchen doch
nicht gut sehen konnte, stand auf, sah nach der Uhr
und that, als ob er noch etwas Eiliges zu bestellen
hätte. »Ich muß jetzt fort,« sagte er, »Adieu, mein
Schatz, bis Morgen!« Damit ging er zur Thüre hinaus,
kam aber niemals wieder, so daß die arme Ilsabein
wieder warten und warten mußte; und wenn sie
noch nicht gestorben ist, dann wartet sie heute noch.
5. Gerdmann un Alheid.
Dar was äis en gante un en goos, un de gante häit
Gerdmann un de goos häit Alheid, de beiden güngen
in der harwesttit te hope henut up dat stoppelfeeld un
föngen dar täo fräten an. Gerdmann, ans de kläukeste,
bleef jümmer up den hogen rüggen van'n stücke, wo
häi säen könne, wat rund ümme her passiren döe, de
goos Alheid fratt awerst in der däipen fore hendal, dar
stünnen de besten greunen spiere, denn dat wäit'n
woll, dat et dar jümmer natt is, un wenn emeihet
werd, säo kann'n ok mit der seessen nich orntliken
heninraken. Et dure nich lange, säo maoke Gerdmann
up äis sinen hals säo lang un keek sick ümme. Do
sach häi, dat de voss ganz liseken langs in der fore
herdal sleek un der goos jümmer nöger kam. Do wolle
häi der goos beschäid seggen un räip:
»Alheid!
Sühst du nich, wat dar in der fore geit?«
De goos bleef awerst jümmer mit fräten värtüge un
antwore nix ans:
»Tatterattatt, tatterattatt!
Ette wat, ette wat!«
un meene, Gerdmann schölle fräten un dat kören
laten.
De voss, de sick mitterwile dal eduked harre, kam
nu weer nöger un nöger. Do räip Gerdmann täon
twäiten male:
»Alheid!
Sühst du nich, wat dar in der fore geit?«
Awerst Alheid keek sick nich ümme un antwore nix
ans:
»Tatterattatt, tatterattatt!
Ette wat, ette wat!«
Dat schölle säo viäl häiten ans: kör hen, kör her! ek
säie nix! Mit dessen was de voss ganz dichte herbi
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