Cordula Hamann
Der Traumapfel
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Cordula Hamann Der Traumapfel Dieses ebook wurde erstellt bei
Der Traumapfel Der Traumapfel Cordula Hamann Der Traumapfel Roman Cover eBook: Copyright CASANDRA KRAMMER DESIGN www.casandrakrammer.com Titel und Text: Copy right Cordula Hamann www.cordulahamann.de © 2013 Vollständig überarbeitete Fassung der Printausgabe »Der Traumapfel« ISBN: 978-3-85022-040-8, September 2007, novum Verlag
Kapitel 1 (Dienstag, 14. Juni 1988)
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7 (Mittwoch, 15. Juni 1988)
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10 (Donnerstag, 16. Juni 1988)
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22 (Freitag, 17. Juni 1988)
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Wenige Tage später
Juli 2004
Impressum neobooks
Cordula Hamann
Der Traumapfel
Roman
Cover eBook: Copyright CASANDRA KRAMMER DESIGN
www.casandrakrammer.com
Titel und Text: Copy
right Cordula Hamann
www.cordulahamann.de
© 2013
Vollständig überarbeitete Fassung
der Printausgabe »Der Traumapfel«
ISBN: 978-3-85022-040-8, September 2007, novum Verlag
Kapitel 1 (Dienstag, 14. Juni 1988)
Beatrice sitzt auf der Wartebank im Abfertigungsraum der American Trans Air. Sie sieht auf die Uhr: 11.3o. Noch eine halbe Stunde bis zum Abflug. Sie starrt aus dem Fenster, durch das sie einen Teil des Flugfeldes sehen kann. Hoffentlich wird der Anschlussflug in New York klappen, denn wegen der Ferienzeit konnte sie keinen Direktflug nach Caracas mehr buchen. Aber das Reisebüro hatte sie beruhigt. 45 Minuten Zeit zwischen den Flügen seien zum Umsteigen absolut ausreichend.
Beatrice greift in ihre Manteltasche und fühlt die Pillendose, die sie nun schon seit einigen Monaten begleitet. Sie wird sie vielleicht nicht mehr lange brauchen, aber bis dahin müssen die Tabletten immer greifbar sein.
Bei der Erinnerung an den Mitarbeiter der American Trans Air, der sich beim Durchchecken des Gepäcks über ihre kleine Reisetasche gewundert hat, muss sie lächeln. Doch mehr benötigt sie nicht für diese letzte Reise.
Draußen ziehen Wolken auf, noch scheint die Sonne durch. Ein wunderschöner Vormittag. Beatrice beobachtet die Wolkengebilde und allmählich verliert sich ihr Blick in den weißen Formen. Wie Bleigießen an Silvester regen sie die Fantasie an. Blumen, ein Kind mit einer Schultüte, ein pausbäckiges Gesicht. Doch plötzlich erschrickt sie. Eine der Wolken sieht wie ein liegender Mensch aus, den Kopf verkrampft nach hinten gestreckt. Er ähnelte Tom, als er im Garten gelegen hat. Sein Körper lang hingeschlagen, mit dem Genick über der Beetkante aus Naturstein, die er selbst Jahre zuvor in mühseliger Arbeit verlegt hatte, der Hinterkopf sanft gebettet in der dunklen Erde, die sein Blut aufsog. Es war nur eine Frage der Zeit und des Zufalls, dass irgendjemand der Zeitunterschied zwischen ihrem Schrei und ihrem Notruf auffallen würde. Aber ein Zufall kommt immer, auch nach vier Jahren noch, und sie will nicht darauf warten. Sie kann es auch nicht. Wenn Dr. Harrison recht hat, würde ihr Herz nicht mehr lange mitmachen.
Sie muss an die herzliche Aufnahme ihrer Kinder denken, als sie vor vier Jahren von ihnen aus Asheville geholt wurde, um den lästigen Nachforschungen der Polizei zu entgehen. Die ersten Tage nach ihrer Ankunft hatte sie sich durch die Fürsorglichkeit der Familie regelrecht schlecht gefühlt. Nach dem, was sie ihrem Sohn angetan hat, ist ein harmonischer Lebensabend bei ihm nicht gerade etwas, das sie verdient. Und den einzigen Schutz, den sie aufbauen konnte, war die Vergänglichkeit ihrer Anwesenheit. Steven und Ellen dagegen sahen ihre Ankunft als etwas Endgültiges und haben ihr sogar das eigene Schlafzimmer abgetreten. Und dann, nach nur wenigen Wochen, hat ihr Simon einen Strich durch die Rechnung gemacht. Mit der Neugierde und Offenheit eines Sechsjährigen nahm er die Oma als selbstverständliches neues Mitglied der Familie auf und ihre Abwehr schmolz in überraschend kurzer Zeit dahin. Er ist das Abbild seines Großvaters, wie sie ihn sich als kleinen Jungen vorstellt; hat seine Augen und seinen wachen Verstand. Und mit beidem hielt er sie gefangen und das schon ganze vier Jahre. Das letzte bisschen an Kraft hat sie gebraucht, um nun endlich zu gehen und das zu tun, was sie ein halbes Leben lang versäumt hat.
Als Ellen den Parkplatz vom Wal-Mart erreicht, ist sie bereits genervt, denn wie jeden Freitag ist er proppenvoll. Sie ranchiert ihren Buick ein zweites Mal langsam durch die engen Reihen.
“Mum, da guck, der braune Chevi, der Typ fährt weg.” Ellen beeilt sich, vor irgendeinem anderen Fahrzeug in die Lücke einzuparken und lächelt ihren Sohn dankbar an. “Los, ihr beiden. Wir müssen wegen Omas Geburtstag heute besonders viel einkaufen.”
Simon springt aus dem Auto. “Ich hol schon einen Wagen, Mum.” Sandra braucht wie immer etwas länger, um mit der einen Hand den Teddy und den neuen Minirucksack zu greifen, den Oma ihr geschenkt hat, und mit der anderen den Sicherheitsgurt ihres Kindersitzes zu lösen. Ellen darf das seit einigen Wochen nicht mehr tun. Sie liebt ihre beiden Kinder heiß und innig, aber bei Sandras Anblick wird ihr jedes Mal warm ums Herz. Mit ihren hellblonden Locken und ihrem runden Gesicht sieht sie aus, als wäre das ganze Jahr Weihnachten und sie das Christkind. “Allein die beiden sind schon Grund genug, alles mit Steven zu versuchen“, denkt Ellen und schlägt ihrer Tochter vor: “Lass doch den Rucksack im Auto, Spatz.”
“Nein, den brauche ich”, entgegnet Sandra bestimmt. “Ich muss Omas Geschenk da reinpacken.”
“Aber hier im Supermarkt kaufen wir jetzt nur Lebensmittel für Omas Geburtstagsparty. Ein Geschenk können wir uns nachher zu Hause überlegen.” Doch Sandra ist bereits draußen, mit samt ihrem Teddy und dem Rucksack. Nie würde Ellen ihrer Tochter vorschlagen, das Kuscheltier im Auto zu lassen. Auch dieses hat ihr Oma geschenkt, letztes Jahr zu Weihnachten.
Ellen und Sandra beeilen sich, Simon einzuholen, der ungeduldig mit dem großen Einkaufswagen vorm Eingang auf sie wartet. Ellen holt ihren Einkaufzettel aus der Jackentasche, während Simon Sandra in den Kindersitz des Einkaufswagens hebt. Normalerweise braucht Ellen keine schriftliche Gedankenstütze. Aber am Freitag sollen fünfzehn Gäste kommen und sie will für Stevens Mutter den runden Geburtstag auch kulinarisch angemessen gestalten. 70 ist schließlich schon etwas und außerdem liebt sie ihre Schwiegermutter Beatrice. Von Anfang an nennt sie sie mit dem Vornamen. Zum einen hat es Beatrice selbst vorgeschlagen und zum anderen passt die Anrede viel besser als Mum oder etwas Ähnliches. Nicht, dass man sie nicht für eine Schwiegermutter und Großmutter halten könnte, aber sie hat eine Art natürlicher Jugendlichkeit. Nicht so mondän oder krampfhaft jünger aussehend wie viele Frauen gleichen Alters. So kann sich Ellen nicht daran erinnern, dass Beatrice jemals einen Schönheitssalon besucht hat. Zum Frisör geht sie nur, wenn ihre dunkelbraunen, noch immer dichten Locken eine Zähmung benötigen. Ihre Kleidung ist zeitlos modern und gibt ihrer schlanken Gestalt eine gewisse Eleganz, und ihre persönliche Ausstrahlung wirkt stets warmherzig. Seit sie vor vier Jahren zu ihnen gezogen ist, empfindet Ellen die Anwesenheit ihrer Schwiegermutter immer wieder als Bereicherung und hofft, dass Beatrice trotz ihres Herzleidens noch lange bleiben wird.
Читать дальше